Wirtschaftsumfeld | Ungarn | Personal
Personalsuche und Personalmanagement
Der Kampf um Fachkräfte verschärft sich. Arbeitgeber setzen verstärkt auf Mitarbeiterbindung. Für Schlüsselpositionen empfiehlt sich der Einsatz von Headhuntern.
31.07.2025
Von Kirsten Grieß | Budapest
Viele Firmen suchen in Ungarn qualifizierte Fachkräfte. Besonders schwierig ist es, geeignete Kandidaten für spezialisierte Aufgaben oder Führungspositionen zu gewinnen. Um diese Lücken zu schließen, greifen deutsche und internationale Unternehmen zunehmend auf Personalvermittler, Zeitarbeitsfirmen und Headhunter zurück. Trotz der Hürden in der Personalgewinnung zeigen sich gerade deutsche Unternehmen mit ihren ungarischen Belegschaften zufrieden. Umgekehrt genießen deutsche Arbeitgeber im Land einen besonders guten Ruf.
Rekrutierung läuft in Ungarn oft anders ab
Deutsche Personaler sollten sich im Rekrutierungsprozess auf einige landesspezifische Besonderheiten einstellen. Das beginnt schon mit der Stellenausschreibung. Die fällt deutlich kürzer aus als in Deutschland und beschränkt sich meist auf wenige Stichpunkte zur Stellenanforderung und den Unternehmensleistungen. Auch die Bewerbungsunterlagen unterscheiden sich, selbst bei anspruchsvolleren Positionen: Lebensläufe enthalten in der Regel kein Foto, Angaben wie Alter oder Wohnsitz fehlen häufig. Motivationsschreiben sind unüblich und meist wenig aussagekräftig. Zertifikate und Referenzen werden Bewerbungen nicht automatisch beigelegt.
LinkedIn & Co. helfen bei der Personalsuche
Stellenanzeigen auf Jobportalen und Unternehmenswebseiten bleiben in Ungarn wichtige Rekrutierungskanäle, werden heute jedoch oft nur noch flankierend zur direkten Ansprache potenzieller Kandidaten eingesetzt. Unangefochtene Nummer eins unter den Jobportalen ist Profession, dicht gefolgt von CVonline.hu. Auch LinkedIn spielt in Ungarn eine zentrale Rolle. Besonders wirkungsvoll ist laut András Sághy, Country Manager der ungarischen Niederlassung von Kienbaum, das Schalten von Stellenanzeigen über ein Recruiter-Konto auf der Plattform.
Da klassische Anzeigen meist nur aktiv suchende Bewerber erreichen, rückt angesichts des Fachkräftemangels die gezielte Ansprache passiver Kandidaten immer stärker in den Fokus. Soziale Netzwerke wie LinkedIn und Facebook bieten dafür gute Möglichkeiten. Auch Recruiting-Events und Karrieremessen können sich für Unternehmen lohnen. Die aktive Personalsuche ist allerdings zeitintensiv, viele Personalabteilungen stoßen hier an Kapazitätsgrenzen.
Headhunting für Schlüsselpositionen
Personalabteilungen stehen in Ungarn zahlreiche professionelle Vermittlungsagenturen zur Verfügung, oft kombiniert mit Angeboten zur Zeitarbeitsüberlassung. Große internationale Agenturen bieten in der Regel Full-Service-Pakete an. Sie setzen allerdings vor allem auf klassische Methoden wie Anzeigen, Datenbanken und Jobportale, um möglichst viele Bewerber zu erreichen. Diese Form der Vermittlung eignet sich eher für Positionen im mittleren Management oder für Facharbeiter. Neben der österreichischen Personalagentur Trenkwalder zählt die ungarische WHC Group zu den führenden Anbietern. WHC erbringt auch für viele deutsche Kunden Personaldienstleistungen.
Für die Besetzung von Führungsebenen und strategisch wichtigen Schlüsselpositionen empfiehlt sich der frühzeitige Einsatz spezialisierter Headhunter. Ungarn ist in diesem Segment bestens aufgestellt und bietet auch eine breite Auswahl internationaler Agenturen. Zu den etablierten Anbietern zählen die deutsch geführten Unternehmen PSP International und Kienbaum.
Angesichts des knappen Fachkräfteangebots greifen inzwischen auch große Vermittlungsagenturen auf Headhunting-Methoden zurück. Fachleuten zufolge unterscheiden sich die Leistungen jedoch deutlich von denen reiner Headhunter. Letztere sind meist seit Jahren in spezifischen Branchen vernetzt und bieten zusätzliche Services wie Eignungstests oder die Prüfung von Unterlagen. Die Kosten für Vermittlung und Direktansprache orientieren sich in der Regel am Jahresgehalt der zu besetzenden Position. Je nach Anbieter fällt der Prozentsatz unterschiedlich aus, daher lohnt ein Preisvergleich.
Employer Branding "Verlässlicher Arbeitgeber"
Auch die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (AHK Ungarn) unterstützt Unternehmen bei der Personalsuche. In der Regel wenden sich Unternehmen an die AHK, wenn sie neu in den ungarischen Markt eintreten und Positionen im Vertrieb oder technischen Bereich besetzen möchten.
Als Instrument im Employer Branding hat sich das Prädikat "Verlässlicher Arbeitgeber" etabliert, dass die AHK Ungarn seit 2017 vergibt. Immer mehr Unternehmen stellen sich dabei jährlich einer Fachjury. Im Mai 2025 wurden so 40 Unternehmen ausgezeichnet.
Das Deutsch-Ungarische Wissenszentrum (DUWZ) der AHK Ungarn unterstützt Unternehmen darüber hinaus bei der Entwicklung und Umsetzung von betrieblichen Aus- und Weiterbildungsprogrammen. Ein Projekt des DUWZ ist die Kooperation mit Mercedes zur Ausbildung von Industriemeistern. Dabei stehen praxisnahe Qualifizierungsmaßnahmen und die Förderung von Soft Skills im Fokus.
Mehr Work-Life-Balance ist gefragt
Im verschärften Wettbewerb um Fachkräfte steigt die strategische Bedeutung, den bestehenden Pool an Mitarbeitenden ans Unternehmen zu binden. Zwar bleibt das Gehalt der zentrale Wettbewerbsfaktor, doch insbesondere bei White-Collar-Beschäftigten werden nicht-monetäre Leistungen wichtiger. Nach Angaben von Randstad-CEO Sándor Baja zählen flexible Arbeitszeiten und eine ausgewogene Work-Life-Balance inzwischen zu den entscheidenden Kriterien. Seit der Coronapandemie treten auch mitarbeiterfreundliche Homeoffice-Regelungen immer mehr in den Vordergrund.
Wie deutsche Unternehmen in Ungarn dem Fachkräftemangel begegnen, zeigt die Konjunkturumfrage der AHK vom Frühjahr 2025: Am häufigsten setzen die befragten Mitgliedsunternehmen auf innerbetriebliche Weiterbildung und Automatisierung, um Personalengpässe zu überbrücken. Überdurchschnittliche Lohnsteigerungen spielen hingegen eine geringere Rolle. Auch die Rekrutierung aus dem Ausland bleibt für viele Betriebe schwierig, nicht zuletzt wegen aufwendiger Bürokratie und verschärfter rechtlicher Vorgaben.
Drei Tipps für deutsche Unternehmen, die sich in Ungarn ansiedeln möchten:
- Wählen Sie Ihren Standort mit Bedacht.
"Ich empfehle Unternehmen, sich die Location genau auszusuchen." - Öffnen Sie sich für Fachkräfte aus dem Ausland.
"Man sollte vorbereitet sein, auch ausländische Mitarbeiter einstellen zu müssen." - Investieren Sie in Aus- und Weiterbildung.
"Erwarten Sie nicht, dass alle Kompetenzen bereits vorhanden sind. Es ist besser, gute Mitarbeitende einzustellen und gezielt in ihre Qualifizierung zu investieren."
Viktor Göltl, Geschäftsführer WHC Group