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Branchen | USA | Kunststoffe

Das Interesse an modernen Recyclingverfahren wächst

Chemisches Recycling könnte eine wichtige Ergänzung auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft sein. Indessen setzen hohe Preise den US-Markt für rückgewonnene Kunststoffe unter Druck.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Laut einer Greenpeace-Studie wurden in den USA 2021 nur 5 bis 6 Prozent der 51 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle recycelt. Bei den beiden relativ gut rückgewinnbaren Kunststoffen Polyethylenterephthalat (PET) und Polyethylen (PE) hoher Dichte lag die US-Recyclingquote dem Bericht zufolge erst bei knapp 21 beziehungsweise gut 10 Prozent. Diese Zahlen wirken ernüchternd angesichts der Tatsache, dass das US-Umweltbundesamt (U.S. Environmental Protection Agency; EPA) das nationale Recyclingziel bis 2030 vor zwei Jahren auf 50 Prozent angehoben hat.

Dabei hat die lange und stetig gewachsene Nachfrage nach Recyclingkunststoffen die Branche zunächst beflügelt: So wurden laut dem Verband American Chemistry Council (ACC) von Juli 2017 bis Januar 2022 in den USA über 80 Investitionsprojekte in Sammel-, Sortier- und Verarbeitungskapazitäten im Gesamtwert von 8,8 Milliarden US-Dollar (US$) angekündigt.

Allerdings sind die Preise für Recyclingkunststoffe, insbesondere rückgewonnenes PET, inzwischen so hoch, dass immer weniger Hersteller bereit sind, sie zu zahlen. Zudem lässt sich neues PET dank der im Herbst 2022 gesunkenen Ölpreise wieder billiger herstellen. Die US-Nachfrage nach rückgewonnenem Kunststoff dürfte daher zumindest kurzfristig auch nicht weiter steigen.

US-Fachverband bescheinigt hohes Potenzial für chemisches Recycling

Mittelfristig besteht aber weiterhin großes Marktpotenzial. Da das bisher übliche mechanische Recycling nicht ausreichen wird, um die ehrgeizigen US-Ziele für eine Kreislaufwirtschaft zu erreichen, entwickeln viele Unternehmen neue Rückgewinnungsmethoden, oft in Kooperation mit Technologie-Start-ups. So kommt bei gemischten Kunststoffabfallströmen immer häufiger chemisches Recycling zum Einsatz: Dabei werden Polymere so stark reduziert, dass sich aus ihnen neue Kunststoffe herstellen lassen. Im Gegensatz dazu bleibt beim mechanischen Recycling die chemische Struktur der Kunststoffe erhalten.

Eine zentrale Technologie für chemisches Recycling ist die Pyrolyse: Dem Fachverband ACC zufolge könnten die USA mithilfe dieser Technologie ihre Recyclingquote bis 2030 verdoppeln. Zwar steckt das chemische Recycling noch in den Kinderschuhen und ist nicht unumstritten. Doch wächst beiderseits des Atlantiks das Interesse an entsprechenden fortschrittlichen Technologien und an grenzüberschreitender Kooperation.

Ein Beispiel ist der britische Spezialist für chemisches Recycling Plastic Energy, der bereits Anlagen für chemisches Recycling in Europa betreibt. Er beabsichtigt, mit mehreren multinationalen Konzernen in den nächsten Jahren weitere solche Anlagen zu bauen, darunter mit TotalEnergies in Texas.

Das US-Unternehmen Eastman Chemical ist ebenfalls in das chemische Recycling eingestiegen. Es kooperiert mit dem US-Brillenhersteller FGX, der für einige seiner Gestelle molekular recyceltes Material verwendet. Der niederländische Anlagenbauer Technip Energies arbeitet gemeinsam mit dem US-Chemieunternehmen Encina an einer kommerziellen Anlage für das chemische Recycling von Kunststoffabfällen. Und der US-Chemiekonzern Dow plant, mit dem britischen Prozessentwickler Mura Technology bis 2030 fünf Recyclinganlagen in den USA und Europa zu errichten.

Kunststoffrecycling zieht zahlreiche Start-ups an

Neben Mura arbeiten noch zahlreiche weitere Start-ups an chemischen Recyclingtechnologien. Rege US-Firmen sind unter anderem BioCellection, Blueoak Resources, Loliware und Vericool. Auch viele deutsche Jungunternehmen entwickeln neue Verfahren. Sie kooperieren bislang vor allem mit europäischen Industriepartnern, einige schielen aber auch über den großen Teich: So will carbonauten aus dem Raum Ulm, das vielseitig einsetzbare Biokohlenstoffe entwickelt hat, nach der nächsten Kapitalerhöhung fünf bis sechs neue Standorte eröffnen, darunter auch in den USA.

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