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Digitale Geldbörsen werden in den USA immer beliebter

Bei E-Wallets haben US-Techkonzerne zwar die Nase weit vorn. Deutsche Fintechs können aber in den USA ihre Marktnische finden. Das gilt besonders für Anbieter von Supportsystemen.

Von Heiko Steinacher, Dominik Baer | San Francisco

Digitale Zahlungsverfahren werden in den USA immer beliebter: Laut einer McKinsey-Studie von 2022 nutzen rund neun von zehn Erwachsenen inzwischen irgendeine Form des elektronischen Zahlungsverkehrs.

Dabei greifen immer mehr US-Verbraucher auf Kreditkarten zurück. Nach Angaben der Federal Reserve Bank of New York summierten sich die gesamten Kreditkartenschulden im 1. Quartal 2023 auf 986 Milliarden US-Dollar (US$) und blieben damit unverändert auf dem Rekordniveau von Ende 2022. Die Analysten von Statista erwarten, dass bis 2028 in den USA 1,13 Milliarden Kreditkarten verwendet werden. Bereits heute sind es im Schnitt mehr als drei pro Einwohner.

Um Mobile-Payment-Lösungen ist ein Konkurrenzkampf entbrannt

Statt direkt mit der Kreditkarte zu zahlen, nutzen die Verbraucher aber immer häufiger digitale Geldbörsen (E-Wallet). Diese speichern digitale Versionen von Debit- und Kreditkarten. Meist funktioniert das in Form einer App. Zahlungen für Einkäufe lassen sich damit in Sekundenschnelle abschließen. Beim Bezahlen wird dabei statt einer echten Kartennummer ein Token übertragen, das erst wieder beim Kartenanbieter entschlüsselt wird. Diese sowie weitere Sicherheitsmaßnahmen wie biometrische und Multi-Faktor-Authentifizierung machen E-Wallets sehr beliebt.

Sowohl im stationären Einzelhandel als auch im E-Commerce wird die Zahlungsart E-Wallet immer wichtiger. Neben einer ansprechenden Benutzeroberfläche, vereinfachter Kaufabwicklung und Smartphone-Freundlichkeit kann der passende Mix an Zahlungsoptionen sogar verkaufsentscheidend sein. Denn gerade auf der Checkout-Seite werden viele Onlinekäufe abgebrochen, wenn dort wichtige Details wie bevorzugte Zahlungsweisen fehlen.

Zahlungsdienste von Apple Pay, Google Pay und PayPal sind in den USA besonders beliebt. Dieser Konkurrenz der Technologiekonzerne wollen sich nun sieben US-Banken, darunter JPMorgan Chase, Bank of America und Wells Fargo, entgegenstellen: Sie wollen ein eigenes E-Wallet einrichten. Die gemeinsam mit dem US-Fintech-Unternehmen Early Warning Services entwickelte Lösung soll noch im Laufe des Jahres 2023 an den Start gehen.

Manche Einzelhändler zögern zwar noch, da sie für die Verarbeitung von E-Wallet-Transaktionen neue Geräte anschaffen müssen. Andererseits können sich durch E-Wallets, die kostengünstige Methoden zur Zahlungsverarbeitung nutzen, die Transaktionskosten für Einzelhändler reduzieren. Außerdem ermöglicht die Technologie, beim Bezahlen Zeit zu sparen, und verkürzte Warteschlangen an der Kasse bringen dem Einzelhandel weitere Vorteile.

US-Handelsriese Walmart hat eigenes E-Wallet eingeführt

Kleinere Einzelhändler, die Payment-Apps zulassen wollen, setzen auf Lösungen externer Anbieter wie Google Pay und Apple Pay. Für die US-Handelskette Walmart ist der Markt dagegen sogar so attraktiv, dass sie mit Walmart Pay ihr eigenes E-Wallet eingeführt hat. Dass der Handelsriese seither Google Pay und Samsung Pay nicht mehr akzeptiert, zeigt, wie groß die Rivalität unter den Anbietern ist.

Laut dem Beratungsunternehmen Morning Consult nutzen bereits rund zwei Drittel der erwachsenen US-Bürger E-Wallets. Und der Markt dürfte weiter wachsen: So wollen laut McKinsey immer mehr US-Verbraucher in den nächsten Jahren drei oder sogar mehr digitale Geldbörsen nutzen: Bekundeten 2021 erst 18 Prozent diese Absicht, waren es 2022 bereits 30 Prozent. Denn eine einzelne digitale Geldbörse reicht wegen des jeweils begrenzten Nutzungsumfangs oft nicht aus: So erlauben E-Wallets wie zum Beispiel Amazon Pay und Walmart Pay nur Einkäufe beim ausstellenden Händler.

Vor allem deutsche Supportsystem-Anbieter suchen in den USA ihre Chance

Der Erfolg solcher Technologien in den USA deutet auf ein riesiges Marktpotenzial. In Deutschland gibt es dagegen nur wenige Anbieter mobiler Bezahlsysteme, darunter Deutsche Bank Mobile und Paydirekt. Paydirekt ist zwar ein direkter Konkurrent zu PayPal, spielt im E-Commerce bisher aber keine größere Rolle. Auch Zahlungsdienstleister und Softwareunternehmen in dem Bereich sind bislang nur innerhalb Europas unterwegs: Die zum Sparkassenverbund gehörende Payone zum Beispiel arbeitet europaweit, der Mobile-Payment-Spezialist Valuephone hat Kunden in Deutschland und Österreich.

Im Gegensatz zu E-Wallets finden deutsche Anbieter von Supportsystemen in den USA aber eine Nische, wie das Beispiel des Berliner Fintechs Mambu zeigt: Im Oktober 2022 hat der New Yorker Finanzdienstleister Kapitus die Cloud-Banking-Plattform von Mambu als technologische Grundlage für sein Kreditvergabesystem gewählt. Mambu hat ein cloudbasiertes Kernbanksystem für Kreditinstitute entwickelt, das es Internetbanken ermöglicht, komplexe Online-Finanzprodukte anzubieten, ohne selbst die dafür notwendige IT-Infrastruktur aufbauen zu müssen.

Mehr Menschen in den USA wollen „Buy Now, Pay Later“-Dienste nutzen

Neben E-Wallets werden auch „Buy Now, Pay Later“ (BNPL)-Dienste immer beliebter: Zwar ging der Anteil der von McKinsey Befragten, die BNPL-Dienste nutzen, von 2021 (30 Prozent) auf 2022 (28 Prozent) sogar leicht zurück. Doch gaben 2022 rund 15 Prozent an, solche Services in Zukunft nutzen zu wollen; 2021 waren es erst 11 Prozent.

Nicht nur die Zahlungs-, sondern auch die Kaufgewohnheiten verändern sich in den USA: Befeuert durch die Rekordinflation 2022 kaufen US-Verbraucher zum Beispiel Lebensmittel immer öfter bei Discountern ein. Auch greifen sie stärker zu Eigenmarken.

Im Mobile Commerce verzeichnen In-App-Käufe und Peer-to-Peer-Transaktionen (P2P) laut McKinsey relativ große Zuwächse. Käufe innerhalb einer App ermöglichen zum Beispiel, Premiumfunktionen in Spielen freizuschalten. P2P bezieht sich dagegen auf E-Transaktionen innerhalb eines Netzwerks, bei dem die Teilnehmenden direkt miteinander verknüpft sind. Vor allem die Generationen Y und Z nutzen solche Dienste: Nach Analysen des Online-Kreditmarktplatzes LendingTree sind in beiden Altersgruppen jeweils über 90 Prozent auf P2P-Plattformen unterwegs, meist auf PayPal und Venmo.

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