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Branchen | USA | Klimawandel

USA wollen den Energie- und Gebäudesektor dekarbonisieren

Bei der Förderung erneuerbarer Energien waren Bundesstaaten wie Kalifornien und New York der US-Regierung bisher weit voraus. Nun startet eine große Klimaoffensive auf Bundesebene.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Wohnhäuser und gewerbliche Gebäude verursachen in den USA rund 40 Prozent des Gesamtenergie- und 75 Prozent des Stromverbrauchs. Deshalb will Präsident Joe Biden 4 Millionen Gebäude und 2 Millionen Wohnungen bis 2024 energetisch sanieren sowie 1,5 Millionen nachhaltige Häuser und Wohneinheiten bauen lassen. Zudem müssen rund 300.000 Bundesgebäude ihre Emissionen in den kommenden zehn Jahren halbieren. Ab 2035 will Biden das gesamte US-Stromnetz ausschließlich mit erneuerbaren Energien betreiben, und im Jahr 2050 sollen das Land komplett klimaneutral sein.

Um den Zielen näher zu kommen, entwickelt das US-Energieministerium (DOE) verstärkt Lösungen, um Energieverbräuche in Gebäuden zu senken. Zudem untermauern zahlreiche weitere staatliche Initiativen die Bemühungen der US-Regierung um mehr Energieeffizienz, darunter die National Building Performance Standards Coalition (BPS), das Weatherization Assistance Program oder die Better Energy, Emissions, and Equity Initiative (E3 Initiative).

Größtes Klima- und Energiepaket in der US-Geschichte in Kraft

Weitreichende Auswirkungen dürfte der Inflation Reduction Act of 2022 (IRA) haben: Mitte August 2022 hat Biden dieses größte Klima- und Energiepaket in der Geschichte der USA unterzeichnet. Danach sollen 370 Milliarden US-Dollar (US$) in den Ausbau erneuerbarer Energien fließen. Zudem kann das DOE Kredite im Volumen von bis zu 250 Milliarden US$ an US-Unternehmen vergeben, die in die Umstellung auf saubere Energieträger investieren.

Das Gesetz schafft zwar in erster Linie Anreize für Unternehmen, umweltfreundlichere Maßnahmen zu ergreifen und die Produktion sauberer Energie anzukurbeln. Doch können auch Hausbesitzer Steuern sparen, wenn sie zum Beispiel Solarsysteme oder neue energieeffiziente Fenster, Türen, Warmwasserbereiter, Öfen und Klimaanlagen installieren.

Neben der Energieeffizienz sollen die Steuervergünstigungen und Subventionen auch die Elektrifizierung in den USA massiv beschleunigen. Milliarden von Dollar an neuen Bundesmitteln dürften daher auch an Gebäudeeigentümer und Bewohner fließen, die Gaskessel, Öfen und Warmwasserbereiter gegen elektrisch betriebene Technologien austauschen. Ferner können Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen beim Kauf energieeffizienter Geräte Rabatte beanspruchen.

Heimische Anbieter werden durch Local-Content-Bestimmungen bevorzugt

Gemäß der Local-Content-Bestimmungen im IRA gilt aber zum Beispiel beim Kauf von Solarenergie-Hardware mit einem heimischen Wertschöpfungsanteil von mindestens 40 Prozent eine höhere Steuergutschrift, wobei dieser Anteil in Zukunft bis auf 55 Prozent ansteigen wird.

Noch deutlich restriktiver gegenüber ausländischen Anbietern ist die Regelung bei Elektroautos: Bis 2026 müssen 80 Prozent der Batteriemineralien in den USA oder einem Freihandelspartnerland abgebaut, verarbeitet oder recycelt worden sein. Auch die Endmontage der Autos muss in den USA oder in einem Land erfolgen, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben. Mit der Europäischen Union (EU) besteht ein solches nicht.

Neben finanziellen Anreizen fungieren im Gebäudeeffizienzbereich gesetzliche Vorgaben – zum Beispiel Baunormen – als Markttreiber. Sie variieren je nach Bundesstaat. Auch ökonomische, soziale und technische Trends, wie das steigende Nachhaltigkeitsbewusstsein der Verbraucher und die Integration von IT-Lösungen, fördern das Marktwachstum.

Kalifornien verschärft die Standards für energieeffizientes Bauen

In Kalifornien übernehmen Städte wie Los Angeles hierbei eine Führungsrolle. In ihrem Green New Deal legte die Metropole bereits 2019 ambitionierte Ziele für eine nachhaltige Zukunft fest, darunter Maßnahmen im Bereich energieeffizientes Bauen. Im Jahr 2028 will sie die nachhaltigsten Olympischen Spiele in der neueren Geschichte austragen.

Vor gut einem Jahr hat Kalifornien, wie alle drei Jahre, seine Energieeffizienznormen für Gebäude aktualisiert. Dieser sogenannte Energy Code umfasst Normen für neu errichtete Gebäude, An- und Umbauten. Die aktuelle Version fördert effiziente Elektrowärmepumpen, legt Anforderungen für neue Häuser fest, erweitert die Standards für Fotovoltaik und Batteriespeicher, verschärft die Belüftungsstandards für Gasherde und vieles mehr. Gebäude, deren Genehmigungsanträge ab dem 1. Januar 2023 gestellt werden, müssen den neuen Regelungen entsprechen.

Ab dann müssen die meisten neuen Häuser und Gebäude in Kalifornien entweder mit mindestens einer hocheffizienten Wärmepumpe für die Raumheizung und Warmwasserbereitung ausgestattet sein oder höhere Anforderungen an die Energieeffizienz erfüllen. Die zunehmend kritische Haltung des Bundesstaats gegenüber fossilem Gas wird voraussichtlich viele Bauherren dazu veranlassen, bei Neubauten ganz auf Gas zu verzichten.

Mehrere Städte und Gemeinden in mindestens sieben US-Bundesstaaten, darunter Kalifornien und Washington, wollen fossile Brennstoffe in neuen Gebäuden ganz verbieten. Massachusetts hat bereits ein Klimagesetz erlassen, das es bis zu zehn Städten und Gemeinden ermöglicht, den Einsatz von Erdgas in Neubauten zu untersagen. Andere Bundesstaaten wie New York denken über noch umfassendere Verbote nach. Die Universitätsstadt Ithaca im gleichnamigen Bundesstaat will bis 2030 fossile Brennstoffe aus der Wärmeversorgung ihres gesamten Gebäudebestands verdrängen. Der Stadtrat von San Diego (Kalifornien) hat beschlossen, bis 2035 immerhin 90 Prozent des Erdgasverbrauchs in allen Gebäuden zu eliminieren.

Die USA liegen noch mehrere Jahre hinter europäischen Energieeffizienzstandards zurück, doch der Abstand verringert sich. Deutsche Anbieter können in dem Bereich von ihrem guten Ruf profitieren, zumal die USA zurzeit einen Energiemixwandel zugunsten erneuerbarer Energieträger durchleben wie seit Jahrzehnten nicht. Besonders deutlich wird dieser bei Strom: Die Energy Information Administration (EIA) veranschaulicht die Entwicklung im Zeitablauf.

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