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Wirtschaftsumfeld | USA | Energiesektor

US-Bundesstaaten übernehmen Initiative in der Energiepolitik

Deutsche Anbieter von Energieanlagen müssen sich bei der Akquise stärker auf die Bundesstaaten und Kommunen konzentrieren. Deren Einfluss auf die Projektinhalte steigt.

Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

Der US-Energiesektor ist ein schnell wachsender und kaufkräftiger Markt für deutsche Exporteure von Technologiegütern und Dienstleistungen, etwa zum Ausbau alternativer Energiequellen. Doch Vorsicht, die Geschäftsaufnahme kann sich als schwierig erweisen.

So herrscht ein intensiver Wettbewerb im Energiesektor, in dem sich sowohl weltweit führende als auch erfolgreich arbeitende lokale Firmen um Aufträge bewerben. Zudem haben Neueinsteiger für den Aufbau einer eigenen Vertriebs- und Servicestruktur hohe Startkosten zu tragen. Diese liegen in der Regel über den Vergleichswerten aus Deutschland.

Die Zwischenwahlen zum US-Kongress vom November 2022 haben zu unterschiedlichen Mehrheiten in beiden Kammern und damit zu einem politischen Patt geführt. Deshalb verlagert sich die Initiative in der Klima- und Energiepolitik auf die Bundesstaaten, fallweise auch auf große Kommunen wie New York City, San Francisco oder Los Angeles.

In den letzten beiden Jahren konnte die Biden-Regierung beachtliche Erfolge verbuchen: Die USA sind dem Pariser Klimaschutzabkommen wieder beigetreten und Regierung hat milliardenschwere Finanzpakete mit einem entsprechenden klima- und energiepolitischen Schwerpunkt durch den Kongress gebracht.

In dieser Intensität dürfte es vorerst nicht weitergehen. Denn die gewählte republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus steht für eine geringere Neuverschuldung, für ein abgebremstes Reformtempo in der Klima- und Energiepolitik und für eine Teilrenaissance fossiler Energieträger. Neue energie- und klimapolitische Gesetze kann die Biden-Regierung dadurch nur noch auf den Weg bringen, wenn sie ausreichend Unterstützung von den Republikanern erhält.

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Projektinhalte werden in den Bundesstaaten bestimmt

Die Bundesstaaten und große Kommunen sind mächtige Akteure im Energiesektor. Allein sie üben die Kontrolle über Strom- und Gasnetze, über die Energiebesteuerung und -subventionierung, über Genehmigungen und über die Festlegung von Klimazielen in ihren jeweiligen Territorien aus. Einige Bundesstaaten nutzen ihre Macht sogar, um die Wirkung von Bundesgesetzen einzuschränken.

In Bundesstaaten wie Wyoming, North Dakota oder Kansas wurden Gesetzesvorschläge eingebracht, die auf einen langsameren Ausbau der erneuerbaren Energiequellen abzielen. Die Gründe dafür liegen vorrangig in der Industrie- und Beschäftigungspolitik.

In Wyoming zum Beispiel wird mehr als 40 Prozent der amerikanischen Kohle zu Tage gefördert. Da die Kohleförderung und -verfeuerung wichtige Standortfaktoren sind, wurde in dem Bundesstaat 2021 das Gesetz HB 166 erlassen. Demnach sind Betreiber von Kohlekraftwerken gezwungen, den Behörden geplante Stilllegungen stichhaltig zu begründen.

Einige Bundesstaaten verlangsamen Ausbau grüner Energiequellen

West Virginia verabschiedete 2021 ein ähnliches Gesetz mit der Bezeichnung HB 3239, mit dem sich der Bundesstaat zum Weiterbetreiben der Kohleverstromung bekennt.

Dagegen wurden Stromerzeuger in Wyoming verpflichtet, beim Bau von Anlagen der erneuerbaren Energie die dafür anfallenden Kapitalkosten ausschließlich auf den Endverbraucher umzulegen. Entsprechend höher fällt der Stromabgabepreis aus grünen Anlagen aus.

In den zehn Bundesstaaten mit den höchsten Anteilen fossiler Brennstoffe am Energiemix hält die republikanische Partei die jeweilige Parlamentsmehrheit. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der personellen Vertretung dieser Bundesstaaten im US-Senat. Aber auch Senatoren aus der demokratischen Partei, etwa Joe Manchin aus West Virginia, stehen dem raschen Strukturwandel in der Stromwirtschaft skeptisch gegenüber.

Beim grünen Umbau herrscht viel Pragmatismus

Auf der anderen Seite nimmt das öl- und gasreiche Texas eine rein marktgetriebene Vorreiterrolle beim Ausbau von Wind-, und in letzter Zeit sogar bei Solaranlagen ein, obgleich der Staat und viele texanische Kommunen republikanisch regiert werden.

Bundesstaaten, die über große Freiflächen verfügen, stützen die Ansiedlung von Wind- und Solarparks. Der Ausbau von solaren Aufdachanlagen konzentriert sich dagegen auf gut situierte städtische und vorstädtische Regionen, in denen in der Regel die Demokraten regieren. Dort werden Förderprogramme aufgelegt, die Steuergutschriften auf die Anschaffungs- und Installationskosten ermöglichen. In Kalifornien ist die Installation von Aufdachanlagen im Fall von Neubauten sogar schon Pflicht.

Das republikanisch regierte Texas holt aber auch bei den Aufdachanlagen auf: Zurückzuführen ist das rasche Ausbautempo vor allem auf die sinkenden Anschaffungskosten für Solar- und Speichertechnologien.

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Für deutsche Unternehmen steigt die Bedeutung der Standortfrage

Deutsche Unternehmen auf Standortsuche in den USA sollten sich die unterschiedlichen umwelt- und klimapolitischen Ausrichtungen der Bundesstaaten genau anschauen, um herauszufinden, wo die besten Absatzaussichten für ihr spezielles Produkt bestehen. Praktische Hilfe leisten dabei die Regionalniederlassungen der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer, AHK USA.

Neben der Standortfrage sollten deutsche Unternehmen aber auch die protektionistischen Hürden bei der öffentlichen Auftragsvergabe im Auge behalten. Für Bewerbungen an Projekten mit einer Bundesfinanzierung sind zum Beispiel lokale Wertschöpfungsanteile nachzuweisen. Von diesem Nachweis hängt ab, ob ein deutsches Unternehmen als Generalauftragnehmer überhaupt in Frage kommt.

In der Regel können lokale Wertschöpfungsanteile nur dann erbracht werden, wenn ein deutsches Unternehmen zusammen mit einem amerikanischen Partner im Rahmen eines Joint Venture beziehungsweise als Teilnehmer in einem Bieterkonsortium auftritt. Eine Alternative ist eine eigene Produktionsniederlassung in den USA.

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