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EU schließt mit Usbekistan Partnerschaft zu kritischen Rohstoffen

Usbekistan verfügt über viele kritische Rohstoffe. Diese sind auch für die EU interessant. Von der neuen strategischen Partnerschaft sollen beide Seiten profitieren. 

Von Uwe Strohbach, Viktor Ebel | Taschkent, Bonn

Die EU und Usbekistan haben am 5. April 2024 eine Absichtserklärung unterzeichnet, mit der eine strategische Partnerschaft im Bereich kritischer Rohstoffe begründet wurde. Sie soll Usbekistan bei der Entwicklung seiner Bergbauindustrie unterstützen und der EU den Zugang zu wichtigen kritischen Rohstoffen gewährleisten.

Kernpunkte der Partnerschaft sind: 

  • Auf- und Ausbau nachhaltiger und stabiler Produktions- und Lieferketten, 
  • Matchmaking zwischen Investoren und Projekten,
  • Kooperation in den Feldern Forschung und Entwicklung (F&E) sowie Aus- und Weiterbildung. 

Eine analoge Partnerschaft mit Kasachstan hat die EU schon im Jahr 2022 besiegelt.

Kritische Rohstoffe werden industriell kaum genutzt

Zu den im Land verfügbaren kritischen Rohstoffen zählen neben Kupfer auch Lithium, natürliches Graphit, Aluminium und Wolfram. Bei einer Reihe von seltenen Metallen gehört Usbekistan, gemessen an den Vorräten, zu den Top-10 weltweit - beispielsweise bei Rhenium, Selen, Tellur und Indium. Diese Metalle finden sich meist in ergiebigen Kupfer-Porphyr- und Polymetalllagerstätten sowie sulfiden Edelmetallvorkommen. Hier können auch Cadmium, Vanadium, Molybdän, Wolfram und Bismut gewonnen werden.

Eine industrielle Nutzung der meisten kritischen und seltenen Metalle gibt es in Usbekistan kaum. Zum einen sind die Vorräte oft noch nicht ausreichend erkundet. Zum anderen stand die Förderung der Metalle in der Vergangenheit nicht im Fokus der Industriepolitik, da es an moderner Technologie und klaren Absatzperspektiven mangelte.

Global-Gateway-Leuchtturmprojekt

Die Partnerschaft mit der EU steht im Einklang mit der europäischen Konnektivitätsinitiative Global Gateway. Für 2024 wurde ein Leuchtturmprojekt zu kritischen Rohstoffen in Zentralasien verkündet. 

Konkret geht es um technische Hilfe zur Klassifizierung und Kartierung von Rohstoffen, zur Modernisierung von Bergbau- und Veredelungsprozessen sowie zur Harmonisierung mit internationalen Standards. Außerdem soll in die Erkundung kritischer und strategischer Rohstoffe investiert werden. Vorrang haben Länder, die eine Absichtserklärung mit der EU unterzeichnet haben. 

Erkundung und Erschließung seltener Metalle nehmen zu

So wurde beispielsweise in der Vergangenheit ein mehrmals angekündigtes Lithium-Projekt auf Eis gelegt. Mit einer geplanten Produktion von 3.700 Tonnen Lithiumkarbonat pro Jahr gilt die Lithium-Lagestätte Shavazsay zwar als attraktiv, aber auch als schwer zugänglich. Jetzt soll das Projekt reaktiviert werden. Vorgesehen ist auch die Wiederinbetriebnahme der früher schon episodisch industriell genutzten Graphit-Lagerstätte Taskazgan.

Die Regierung Usbekistan kündigte an, in naher Zukunft folgende Rohstoffe mit Unterstützung privater Investoren detailliert erkunden und industriell erschließen zu wollen: Lithium, Graphit, Aluminium und Wolfram. 

Lithium wartet darauf, gehoben zu werden

Es gibt in Usbekistan einige wenige, bekannte Lithium-Festgesteinsvorkommen. Ungleich größer sind Lithium-Solevorkommen. Das sind stark mineralisierte, unter Druck stehende Wässer, die auch eine hohe Konzentration von anderen Elementen wie Brom, Bor, Jod, Strontium und Rubidium aufweisen können. Die geologisch nachgewiesenen, industriell nutzbaren Lithium-Vorkommen treten in Usbekistan in vier artesischen Becken auf: 

  1. Buchara-Chiwa-Becken (Lagerstätten: 26), 
  2. Fergana-Becken (4), 
  3. Becken des Ustjurt-Plateaus (7) und 
  4. Surchandarja-Becken (4).
Bedeutende Lithium-Lagerstätten in Usbekistan *)
Bilanzvorräte in 1.000 Tonnen
LagerstätteErkundete BilanzvorräteArt des Vorkommens 
Shavazsay, Provinz Taschkent121,8 (B+C1), 1,6 (C2)Lithiumglimmer (Lithiumoxid-Gehalt: 0,85 %)
Jarchi, Provinz Kaschkadarja55,1 (C2)Industriewasser von Ölkondensatlagerstätten (Lithiumoxid-Gehalt: 55,1 Tonnen/Jahr)
Nauka, Provinz Dschissach1,9 (Außenbilanzvorrat)Lithium-Mineral Spodumen in Pegmatiten (Lithiumoxid-Gehalt: 0,86 %)
* Vorratsklassen A und B = überwiegend sichere Vorräte; Vorratsklassen C1 und C2 = wahrscheinliche Vorräte.Quelle: Institut Gidriingeo 2024; Ministerium für Bergbauindustrie und Geologie 2024

Über die Struktur, Prognosen und Ergiebigkeit der gewinnbaren Wassermengen sowie die Gewinnbarkeit der enthaltenen Elemente liegen fundierte geologische Forschungs- und Untersuchungsergebnisse vor. Die meisten Daten stammen aus den 1970er und 1980er Jahren. Sie wurden zum Teil später wiederholt bestätigt oder aktualisiert. Die Vorräte von Lithium-Solevorkommen werden auf insgesamt 4.022 Tonnen pro Jahr geschätzt.   

Geschätzte Ressourcen industrieller Lithium-Tiefenwässer in Usbekistan
Region 

Wasserressourcen (in 1.000 in Kubikmeter/Tag)     

Lithium-Ressourcen (in 1.000 Tonnen/Jahr) 

Mittlere Lithium-Konzentration (in Milligramm/Liter) 

Regionen, insgesamt 

1.337,45

4,02

k.A.

Ustjurt

949,52

1,11

11,96

Buchara-Chiwa-Becken

280,98

2,81

26,20

Surchandarja-Becken

70,16

0,10

12,25

Fergana-Becken

11,19

0,002

15,56

Südaral-Becken

25,60

k.A.

k.A.

Quelle: Institut Gidriingeo 2024; Ministerium für Bergbauindustrie und Geologie 2024

Graphitvorkommen sollen lokale Industrie versorgen

Es gibt mehr als 30 Graphitlagerstätten, von denen einige wenige schon gut geologisch untersucht sind. Als größte und für die industrielle Nutzung besonders geeignete Lagerstätte gilt das etwa 150 Kilometer nordwestlich von Buchara gelegen Vorkommen Taskazgan. Die bilanzierten Grafitvorräte der Lagerstätte betragen insgesamt 6,2 Millionen Tonnen, die geschätzten Erzressourcen bis zu 40 Millionen Tonnen. 

Die weitere geologische Erkundung, Förderung und Verarbeitung von Grafiterzen in der Region Buchara ist Teil einer im Jahr 2022 von der Regierung verabschiedeten Initiative. Diese sieht vor, Industrie- und Baustoffcluster in der gleichnamigen Provinz zu errichten und die Rohstoffe dort zu verarbeiten. 

Neue Projekte für Aluminium- und Wolframförderung

Aluminium kann in Usbekistan aus großen Kaolinvorkommen in der Provinz Taschkent gewonnen werden. Die erkundeten und bestätigten Vorräte an Kaolinton in der dortigen Lagerstätte Angren betragen etwa 900 Millionen Tonnen, von denen circa die Hälfte als Rohstoff für die Produktion von Tonerde (Aluminiumoxid) geeignet ist.

Ebenfalls in der Provinz Taschkent gibt es eine Aluniterzlagerstätte mit Gesamtvorräten von 130 Millionen Tonnen. Aus den Erzen des Vorkommens Gushsoy kann Aluminium gewonnen werden. Ein erstes Projekt für die Förderung von Alunit und die Produktion von jährlich 50.000 Tonnen Aluminiumoxid ist geplant.   

Unter den Wolfram-Lagerstätten, oft mit dem Beiprodukt Molybdän, ragen sieben Vorkommen mit nachgewiesenen Wolframtrioxid-Vorräten in Höhe von mehr als 150.000 Tonnen hervor. Zwei Lagerstätten, Ingichka und Yaxton, verfügen über Vorräte von jeweils mehr als 40.000 Tonnen.

Für das im Jahr 2002 entdeckte Vorkommen Sautbay in der Provinz Nawoi hat das südkoreanische Unternehmen Shindong Resources eine Machbarkeitsstudie erstellt. Die dortigen Wolframerze werden mit mindestens 4 Millionen Tonnen und die Wolframtrioxid-Vorräte mit 19.900 Tonnen angegeben. Eine geplante Anreicherungsfabrik soll jährlich 1.200 Tonnen Wolframtrioxid produzieren. 

Zusammenarbeit statt Ausverkauf der Rohstoffe

Usbekistan forciert in seiner Rohstoffnutzung grundsätzlich eine hohe Wertschöpfung im Inland. Nur ein kleiner Teil der aufbereiteten Rohstoffe soll exportiert werden. Das gilt auch für kritische Rohstoffe, die in Kooperation mit ausländischen Investoren zu Zwischen- und Endprodukten verarbeitet werden sollen.

Groß ist das Interesse an der Entwicklung moderner und ökologischer Abbau- und Verarbeitungstechnologien, an Projekten in der Forschung und Entwicklung sowie an einer Kooperation in der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften.   

ESG-Standards halten Einzug im usbekischen Bergbau

Um die Kooperation mit dem Ausland zu verbessern, führt Usbekistan international übliche Normen und Regelungen im Bergbau ein. Der im August 2022 verabschiedete Plan der Regierung sieht unter anderem vor, 

  • ökologische Erfordernisse und Normen in der Bergbauindustrie an das Niveau der im Global Green Growth Index führenden Nationen anzupassen,
  • abfalllose und abfallvermindernde sowie ressourcensparende Technologien einzuführen,
  • etappenweise ein transparentes und effizientes System für das ökologisches Management zu implementieren.

 

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