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Marktentwicklungen und -trends
Der Arzneimittelmarkt Usbekistans wächst seit Jahren zweistellig. Sein Volumen ist aber noch sehr bescheiden. Der Staat fördert den Ausbau der Produktion mit vielen Instrumenten.
07.02.2023
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Der usbekische Markt für Arzneimittel entwickelt sich dynamisch. Das Marktvolumen, bemessen in Endverbraucherpreisen, stieg 2021 auf rund 1,7 Milliarden US-Dollar (US$), gegenüber circa 1,3 Milliarden US$ im Jahr 2019. Erste Hochrechnungen für 2022 ergeben einen Betrag von etwa 1,8 Milliarden US$. Marktkenner prognostizieren für 2023 und die Folgejahre weitere Zuwächse.
Das Marktvolumen basiert auf offiziellen Import-, Produktions- und Exportangaben. Es fällt unter Einschluss von Grauimporten und Arzneimittelfälschungen höher aus. Mit der Einführung obligatorischer digitaler DataMatrix-Codes für alle Medikamentenpackungen Ende 2022/Anfang 2023 hat Usbekistan dem illegalen Pharmageschäft den Kampf angesagt. Die Codes ermöglichen eine elektronische Nachverfolgung der Lieferkette und erstmals auch eine detaillierte Erfassung der Menge und Struktur des Arzneimittelabsatzes nach Indikationsgruppen.
Importe dominieren das Arzneimittelgeschäft
Importe stehen nach offiziellen Angaben für etwa 70 bis 75 Prozent des wertmäßigen Markvolumens (2021). Wichtigste ausländische Beschaffungsmärkte sind die EU-Länder und Indien mit jährlichen Lieferungen von jeweils um die 350 Millionen US$ (2021). Es folgen Russland, China und die Ukraine (jeweils um die 100 Millionen US$). Bei den Angaben handelt es sich um Näherungswerte. Schätzungen internationaler Analyseinstitute über die Marktanteile weichen stark voneinander ab.
Unter den Lieferanten außerhalb der GUS dominieren die Unternehmen krka d.d. (Slowenien), Menarini Group/Tochter Berlin Chemie (Italien/Deutschland), Sanofi (Frankreich) und World Medicine (Türkei). Das Gros der Lieferungen der GUS-Republiken und ehemaligen GUS-Republiken kommt aus Russland (Nizhfarm und Farm-Sintez), der Ukraine (Farmak, YURia-Pharm, Galychpharm) und Georgien (GM Pharmaceuticals/PSP Group).
Das Gewicht der ausländischen Lieferanten am mengenmäßigen Verbrauch gibt die staatliche Agentur für die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie (Uzpharmagency) seit mehreren Jahren mit stabilen 55 Prozent an. Besonders hoch sind die Importquoten (90 Prozent und mehr) bei Medikamenten für solche Fachbereiche wie Geburtshilfe und Gynäkologie, Immunologie, Gastroenterologie, Kardiologie, Onkologie und Endokrinologie.
Größerer Nachfrageschub nach Medikamenten zu erwarten
Das absolute Volumen des Arzneimittelmarktes ist in der mit 36 Millionen Einwohnern (1. Januar 2023) bevölkerungsreichsten zentralasiatischen Republik immer noch sehr gering. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch beträgt gegenwärtig kaum mehr als 50 US$ (2021). Im benachbarten Kasachstan ist er etwa doppelt so hoch.
Ein spürbar wachsender Verbrauch wird jedoch in den nächsten Jahren erwartet. Hierfür sprechen:
- umfassende Reformen im Gesundheitswesen (unter anderem mehr unternehmerische Freiheiten und Förderung des privaten Gesundheitssektors),
- eine Neuordnung der Arzneimittelversorgung in Krankenhäusern ab 2023 (darunter auch Verbesserung des Zugangs zu sogenannten Orphan Drugs),
- steigende öffentliche Ausgaben für das Gesundheitswesen,
- ein hohes jährliches Bevölkerungswachstum (2020 bis 2022: im Schnitt rund 700.000 Menschen pro Jahr),
- wachsende Einkommen der Bevölkerung und nicht zuletzt
- zahlreiche Ausbauprojekte in der pharmazeutischen Industrie.
Pharmaindustrie hegt Ausbaupläne für mehr als 1 Milliarde US-Dollar
Ein im Jahr 2022 verabschiedetes Branchenprogramm für die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie soll der Branche Schwung verleihen. Es sieht in den Jahren bis 2026/2027 den Ausbau bestehender und die Errichtung neuer Arzneimittelfabriken vor. Projekte mit einem Gesamtwert von 450 Millionen US$ haben schon Eingang in die Investitionspläne der Regierung für die Jahre 2023 bis 2025 gefunden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Vorhaben, die sich noch in einem frühen Projektstadium oder ersten Abstimmungsrunden mit potenziellen Investoren befinden.
Basisjahr 2021 | Zieljahr 2026 | |
---|---|---|
Produktion (in Mio. US$) *) | 290 | 740 |
Exporte (in Mio. US$) | 60 | 130 |
Fertigungssortiment (Anzahl der Produkte) | 3.350 | 5.100 |
Anteil der einheimischen Produktion am mengenmäßigen Inlandsabsatz von Arzneimitteln (in %) | 45 | 80 |
Das unter dem Dach des Ministeriums für Investitionen, Industrie und Handel MIPT tätige Zentrum für die Erarbeitung von Investitionsprojekten hat für die Branche insgesamt Investitionsvorschläge mit einem Projektwert von rund 1,2 Milliarden US$ vorbereitet. Ausländische Partner werden vor allem für die Produktion von Antibiotika, Medikamenten zur Behandlung von Hormon-, Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf-, Magen-Darmtrakt- und onkologische Erkrankungen sowie Entzündungshemmern gesucht.
Weitere Reformen und Förderinstrumente sollen die Umsetzung des Programms flankieren. Genannt sind beispielsweise die Befreiung von Zöllen für den Import von im Land nicht hergestellten Ausrüstungen, Komplettierungs- und Ersatzteilen für den Bedarf der Arzneimittelindustrie (zunächst bis Ende 2025), die Aufhebung von Beschränkungen für klinische Studien zur Erprobung neuer Medikamente und die mögliche Verarbeitung von gespendetem Blut durch private Unternehmen für Arzneimittel und andere medizinische Zwecke (bisher galt hier ein staatliches Monopol). Der Staat trägt auch bis zu 75 Prozent der Kosten für die Registrierung von Arzneimitteln und medizinischen Verbrauchsartikeln im Ausland.
Pharmazie-Agentur öffnet Investoren Tür und Tore
Der Hauptansprechpartner für ausländische Unternehmen, die sich in der pharmazeutischen Industrie Usbekistans engagieren wollen, ist die Ende 2017 unter dem Dach des Gesundheitsministeriums gegründete Agentur für die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie (Uzpharmagency). Sie koordiniert praktisch alle Ausbauprojekte im Land und begleitet in Kooperation mit anderen Behörden und wirtschaftsfördernden Einrichtungen ausländische Investoren bei ihrem Markteinstieg. Auch die Nationale Kammer für innovatives Gesundheitswesen (Uzhealth) engagiert sich im Auftrag des Gesundheitsministeriums bei der Gewinnung ausländischer Investoren in der Pharmabranche.