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Branchen | Vereinigten Arabischen Emirate | Chemische Industrie

Markttrends

Die Emirate wollen in der Chemieindustrie die Downstream-Produktion ausbauen.

Von Heena Nazir | Dubai

Chemische Industrie verliert an Dynamik

Die Umsatzerlöse aus emiratischen Chemieerzeugnissen stiegen zwischen 2010 und 2021 um durchschnittlich 25 bis 30 Prozent pro Jahr auf etwa 7 Milliarden US-Dollar (US$), schätzten Branchenkenner in Interviews mit Germany Trade & Invest. Verglichen mit den über 75 Milliarden US$, die saudi-arabische Produzenten 2021 erwirtschafteten, ist der Wert recht niedrig. Experten zufolge sind die Prognosen für 2022 und für das laufende Jahr 2023 für den Sektor in den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im positiven Bereich, aber die Wachstumsrate bremst im Vergleich zu den Vorjahresperioden ab. Die Nachfrage in Schlüsselmärkten könnte aufgrund der weltweiten Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums zurückgehen.

Langfristig gesehen kommen noch weitere Herausforderungen auf die chemische Industrie der Emirate zu, denn das Angebot auf dem Weltmarkt nimmt zu. China und die USA bauen ihre Kapazitäten aus. Zugleich dürfte Afrika wegen der schwachen Nachfrage in anderen Teilen der Welt als Absatzmarkt an Bedeutung gewinnen. 

Aussichten in den einzelnen Sektoren verdunkeln sich

Der Polymersektor trägt über 90 Prozent zum Gesamtumsatz der Branche bei und ist somit das größte Segment der chemischen Industrie in den VAE. Die Inlandsnachfrage wird vor allem vom Bausektor angetrieben. Der Gesamtwert der Projektvergabe in den VAE betrug 2022 circa 19,3 Milliarden US$, ein Rückgang von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Auch die Nachfrage nach Farben, Lacken und Bauchemikalien soll rückläufig sein. Offizielle Zahlen zum Wachstum der einzelnen Sparten gibt es derzeit für 2022 nicht. Branchenexperten gehen aber von einer deutlichen Verlangsamung aus.

Die Nachfrage nach Pharmaerzeugnissen entwickelt sich in dem Golfstaat dynamisch und dürfte auch in den kommenden Jahren zunehmen. Das Marktvolumen 2021 (letzte verfügbaren Zahlen) schätzen Branchenkenner auf 4,3 Milliarden US$, bis 2026 soll dieses mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 4 Prozent auf 5,3 Milliarden US$ steigen. Analysten von Fitch Solutions prognostizieren einen Zuwachs der Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel in den VAE von 380 US$ im Jahr 2021 auf 410 US$ im Jahr 2026. Die Importabhängigkeit ist groß. Nach Angaben der Datenbank UN Comtrade hat das Land 2021 schätzungsweise rund 6,6 Milliarden pharmazeutische Produkte vom Weltmarkt importiert. Deutschland gehört zu den wichtigsten Lieferländern.

Angetrieben wird das Wachstum unter anderem von steigenden Gesundheitsausgaben, wachsendem Medizintourismus und der zunehmenden Verbreitung chronischer Krankheiten. Zudem spielt der Ausbau der Gesundheitsbranche eine wesentliche Rolle in der Golfmonarchie. Dennoch könnte die für 2023 prognostizierte hohe Inflationsrate und ein schwächeres Weltwirtschaftswachstum sowie die daraus resultierenden Sparzwänge die Nachfrageentwicklung von Arzneimitteln für das laufende Jahr drosseln.

Laut einer Studie von Euromonitor International (EMI) hatte der Markt für Kosmetika und Körperpflegemittel 2021 eine Marktgröße von schätzungsweise 3 Milliarden US$. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate im Zeitraum von 2016 bis 2021 von circa 6 Prozent. Die höchsten Einzelhandelsumsätze wurden mit Düften, Make-up, Haut- und Körperpflege sowie Haarpflege erzielt. Die VAE verzeichnen laut EMI nach Saudi-Arabien eines der höchsten Pro-Kopf-Ausgaben (2021: 700 US$) der Golfregion. Die Nachfrage wird angetrieben von einer jungen, kaufkräftigen Bevölkerung, die ein hohes Bewusstsein für Mode und Schönheit hat, angekurbelt durch soziale Medien, sowie das stete Wachstum des Onlinehandels.

Deutschlands Chemieexporte steigen

Die VAE importierten im Jahr 2021 Chemieprodukte der SITC Warengruppe 5 im Wert von insgesamt 21,5 Milliarden US$, rund 35 Prozent mehr als 2020. Die wichtigsten Lieferländer waren China (3,2 Milliarden US$), Saudi-Arabien (2,8 Milliarden US$), und die USA (2,3 Milliarden US$). Die deutschen Chemieexporte in die VAE sind um 70 Prozent auf 1,7 Milliarden US$ angestiegen. 

Von großer Bedeutung für die Nachfrage ist neben dem Eigenbedarf auch die Funktion Dubais als Handelsdrehscheibe und regionales Zentrum des Reexportgeschäfts, das vor allem die arabischen Nachbarländer sowie Iran und Pakistan mit abdeckt. Selbst Russland, Ostasien und das südliche Afrika werden von Dubai aus beliefert. Eine genaue Quantifizierung der Reexporte ist aufgrund unzureichender statistischer Erhebungen kaum möglich.

Investitionsschwerpunkt ist Chemie-Cluster in Ruwais

Die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) hat ihre Pläne für die nächsten fünf Jahre im Rahmen des Adnoc-Downstream-Investment-Forums Mitte Mai 2020 bekannt gegeben. Das Ziel ist, Ruwais (250 Kilometer westlich von Abu Dhabi City) zum weltweit größten integrierten Raffinerie- und Petrochemiekomplex zu etablieren. Das Programm umfasst auch gezielte Investitionen in Übersee, um den Marktzugang zu verbessern. Der geplante Bau eines der global größten Mixed-Feed-Crackers soll die Kapazitäten von aktuell 4,5 Millionen auf 14 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2025 fast verdreifachen. Dabei sollen 15.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Weiterhin plant Adnoc in einem 60:40-Joint-Venture mit der Abu Dhabi Industrial Holding Company ADQ, einen Derivatepark (Komplex von Petrochemie-Derivaten) in der Hauptstadt für umgerechnet circa 5 Milliarden US$, das kündigt das Analyseinstitut MEED an. Mit den Bauarbeiten wurde im Jahr 2022 begonnen. Ein Joint Venture aus ADNOC und dem zum Staatsfonds Mubadala gehörenden spanischen Ölkonzern Cespa beabsichtigt in Ruwais den Bau einer Anlage zur Produktion von Normal-Paraffinen (Jahreskapazität: 225.000 Tonnen) und LAB (Linear Alkyl Benzene; 150.000 Tonnen). Das Projektvolumen liegt bei 600 Millionen US$. ADNOC hat bereits 2013 mit der Projektplanung begonnen. Ende 2018 ist der FEED-Auftrag an Tecnicas Reunidas gegangen, Informationen über den weiteren Zeitplan gibt es derzeit nicht.

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in den Vereinigten Arabischen Emiraten

Projektbezeichnung 

Investitions-Summe (Mio. US$)

Projektstand *)

Projektträger

Taziz Industrial Chemicals Zone - Phase II

5.000

ST

Taziz

Ruwais Green Hydrogen Plant

5.000

FEED

Masdar/Fertiglobe/Engie

Taziz: Chlor-Alkali, EDC and PVC Production Facility

2.000

ST

Shaheen Chem Investment LLC, Reliance Industries Ltd, Taziz

Blue Hydrogen and MCH Plant Phase 2

1.500

ST

Abu Dhabi National Oil Company(ADNOC), Mitsui & Co, ENEOS Corp

Maximizing Ethane Recovery And Monetization (MERAM)

1.500

AP

ADNOC Gas Processing

Ruwais Blue Ammonia Plant

1.496

DU

Taziz, Fertiglobe, GS Energy, Mitsui & Co

Borouge 4 Petrochemical Complex: Mixed Feed Cracker

1.264

DU

Abu Dhabi Polymers Company (Borouge)

Borouge 4 Petrochemical Complex: Utilities & Offsites Package

1.200

DU

Abu Dhabi Polymers Company (Borouge)

Borouge 4 Petrochemical Complex: Polymers Production Unit

1.080

DU

Abu Dhabi Polymers Company (Borouge)

Blue Hydrogen Production Plant in Abu Dhabi

1.000

ST

Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC)/BP/Masdar

* ST = Studie, FEED = Front End Engineering and Design, AP = Angebotsprüfung, DU = DurchführungQuelle: MEED Projects, Recherchen von Germany Trade & Invest, März 2023

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