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Wirtschaftsumfeld | Vereinigtes Königreich | Entwicklungszusammenarbeit

Großbritannien will seine Entwicklungspolitik neu ausrichten

Mit neuem Branding und klaren Prioritäten will das britische Außenministerium einen neuen Impuls für die Entwicklungszusammenarbeit geben. Doch die Finanzierung reicht nicht aus.

Von Hélène Pestel | Bonn

Das Vereinigte Königreich hat einen Führungsanspruch in der internationalen Zusammenarbeit. Es gehört zu den größten Geberländern weltweit. Doch strukturelle Veränderungen sowie der Rückgang des Budgets haben die britische Entwicklungspolitik in den letzten Jahren geschwächt. Nun will das Land neue Impulse setzen. 

Britische Entwicklungszusammenarbeit bekommt neuen Namen

Ende April 2023 kündigte die britische Regierung ein neues Branding für die Entwicklungszusammenarbeit des Vereinigten Königreichs an. Alle öffentlichen Entwicklungsleistungen sollen nun unter dem Label UK International Development (UKDEV) laufen.

Dies ist ein weiterer Schritt zur Reorganisation der britischen Entwicklungszusammenarbeit. Im Jahr 2020 hatten die ehemaligen Ministerien für Entwicklungszusammenarbeit DFID (Department for International Development) und für Auswärtiges & Commonwealth FCO (Foreign and Commonwealth Office) fusioniert. Das neu entstandene Ministerium für Auswärtiges, Commonwealth & Entwicklung FCDO (Foreign, Commonwealth & Development Office) ist seitdem für die Entwicklungspolitik zuständig.

Das neue Branding soll für mehr Sichtbarkeit der britischen Entwicklungszusammenarbeit sorgen. Auch der Slogan „Partnerschaft (Partnership), Fortschritt (Progress), Wohlstand (Prosperity)“ soll eine neue Vision vermitteln.

Land aktualisiert seine Strategie

Die Veröffentlichung des neuen Branding kommt, kurz nachdem Großbritannien seine Strategie für Außenpolitik aktualisiert hatte. In dieser legt das Land seine Prioritäten für die Entwicklungszusammenarbeit fest.

Klima und Biodiversität haben Priorität

Das FCDO fokussiert sich auf Klimaschutz und den Erhalt der Biodiversität. Beide Themen sind eng miteinander verbunden. Großbritannien verpflichtet sich, seinen Beitrag für die Klimafinanzierung für die Periode 2021 bis 2026 auf 11,6 Milliarden Pfund Sterling (Pfund) gegenüber der Vorperiode zu verdoppeln. Davon sollen mindestens 3 Milliarden Pfund in Naturschutz und die Wiederherstellung von Naturräumen fließen. Die britische Regierung wird zudem die Finanzierung von Maßnahmen zur Klimaanpassung von 0,5 Milliarden Pfund im Jahr 2019 auf 1,5 Milliarden Pfund im Jahr 2025 aufstocken.

Großbritannien fördert den Privatsektor

Das Außenministerium legt einen weiteren strategischen Schwerpunkt seiner Entwicklungspolitik auf den Privatsektor. Die Privatwirtschaft sorgt für die meisten Arbeitsplätze weltweit und somit für Wachstum und Wohlstand in den Ländern. 

Großbritannien fördert den Privatsektor in seinen Partnerländern über sein Institut für Entwicklungsfinanzierung Britisch International Investment (BII). Das BII investiert jährlich zwischen 1,5 Milliarden und 2 Milliarden Pfund in Technologien und grüne Infrastruktur, zum Beispiel in erneuerbare Energien und digitale Infrastruktur. Auch hier soll der Anteil an Klimafinanzierung in den nächsten Jahren steigen.

Mädchenbildung und Ernährungssicherheit ebenfalls wichtig

Weitere wichtige Themen sind die Förderung von Frauen- und Mädchenrechten sowie die Ernährungssicherung. Das FCDO hat ein Programm ins Leben gerufen, das Mädchen den Zugang zur Bildung erleichtern soll. Um den Hunger zu bekämpfen will das Ministerium unter anderem in die Agrarforschung und die Tiermedizin investieren, etwa in Impfstoffe für die Viehzucht.

Geschäftsmöglichkeiten mit dem FCDO sind in den genannten Sektoren zu erwarten.

Mangelnde Finanzierung

Die britische Entwicklungszusammenarbeit ist in den letzten Jahren in die Kritik geraten: Seit Ausbruch der Coronapandemie hat Großbritannien sein Entwicklungsbudget stark gekürzt. Das Land gab im Jahr 2020 noch 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit aus. In den Jahren 2021 und 2022 waren es nur noch 0,5 Prozent. Die Briten weichen damit vom Ziel der Vereinten Nationen ab, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Leistungen zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung von Entwicklungsländern einzusetzen — obwohl dieses Ziel im britischen Recht fest verankert ist. 

Ziel ist aber, wieder auf das 0,7 Prozent-Niveau zu kommen. Im Zeitraum 2022/2023 wird das Außenministerium 7,8 Milliarden Pfund für die Entwicklungszusammenarbeit ausgeben. Für die Periode 2023/2024 sind 8,1 Milliarden Pfund vorgesehen. Beide Haushaltsprojektionen liegen noch unter dem Niveau von 2021 und der 0,7 Prozent-Zielmarke.

Mehr multilaterale als bilaterale Entwicklungsleistungen 

Auch das Ziel, die öffentlichen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit überwiegend über bilaterale Kanäle auszugeben, hat das Land nicht erreicht. Beiträge an multilaterale Organisationen wie die Vereinten Nationen und die Weltbank fallen aktuell höher aus als die Finanzierung bilateraler Maßnahmen. Letztere sind direkt an Partnerländer gerichtet.

Laut ihrer Strategie für internationale Entwicklung von 2022 will die britische Regierung das Entwicklungsbudget zugunsten bilateraler Programme wieder ausgleichen. Die vorliegende Haushaltsplanung bis 2024 sieht jedoch noch keine Erhöhung der bilateralen Mittel vor. Für Unternehmen bedeutet das, dass Geschäftschancen sich aktuell eher über internationale Organisationen als direkt mit dem FCDO ergeben.

Germany Trade & Invest informiert tagesaktuell über Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen des FCDO.

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