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Branchen | Vietnam | Textilien, Bekleidung

Vietnam investiert in Textilrecycling

Vietnam weitet Produktion und Recycling von Textilien aus, um Importabhängigkeiten zu senken. Projekte sollen auch die Nachhaltigkeit der Bekleidungsindustrie fördern.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Die vietnamesische Bekleidungsindustrie ist mit rund 7.000 Unternehmen und über 3 Millionen Beschäftigten ein zentraler Pfeiler der Wirtschaft. Die Branche gehört auch international zu den wichtigsten Akteuren. Nach Einschätzung der Vietnam National Textile and Garment Group, dem größten Bekleidungshersteller des Landes, wird Vietnam 2025 Bangladesch überholen und zum zweitgrößten Bekleidungsexporteur nach China aufsteigen. 

Die Branche will nun auch die lokale Wertschöpfung erhöhen und Abhängigkeiten von importierten Vorprodukten reduzieren. Derzeit stammen rund drei Viertel dieser Materialien aus dem Ausland. Betroffen sind Baumwolle, PET-Pellets für Polyesterfasern, Stoffe und Garne sowie Knöpfe, Reißverschlüsse und andere Accessoires. Allein etwa 50 Prozent der Stoffe kommen aus China.

Globale Kunden fordern weniger China-Risiko

US-Abnehmer drängen nun darauf, weniger Materialen aus China einzusetzen. Die Abnehmer wollen unter anderem vermeiden, dass Baumwolle aus der chinesischen Provinz Xinjiang zum Einsatz kommt. Dort werden bei der Baumwollernte Zwangsarbeiter eingesetzt, heißt es. Die USA verbieten seit Juni 2022 die Einfuhr von Bekleidung aus Baumwolle, die aus dieser Provinz stammt. Selbst recycelte Baumwolle aus China gilt als problematisch, da es schwer sicherzustellen ist, dass keine Baumwolle aus Xinjiang darunter zu finden ist.

Für Lieferungen in die Europäische Union ist ebenfalls die Nutzung lokaler Stoffe entscheidend, um die Ursprungsregeln des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam zu erfüllen. Die Ursprungsregeln verlangen, dass die verwendeten Stoffe aus Vietnam, der EU oder einem anderen Land stammen, mit dem die EU ein Freihandelsabkommen hat. Derzeit erfüllen nur etwa 30  Prozent der vietnamesischen Bekleidungsexporte in die EU diese Bedingung. 

Ausbau der Textilproduktion

Vietnam muss also mehr Zwischenprodukte wie Stoffe, Garne und Zubehör selbst erzeugen und mehrere Vorhaben zeigen in diese Richtung. Das Staatsunternehmen Vinatex baut seit 2024 zusammen mit dem britischen Unternehmen Coats eine Produktion von Fasern für flammhemmende Sicherheitskleidung auf. Xielong aus China hat im März 2025 mit dem Bau einer Fabrik für maschenartige Gewebe (Mesh-Stoffe) für Bekleidung und Schuhe begonnen und will 40 Millionen US-Dollar (US$) investieren. 

Auch der auf Textilien spezialisierte Aurora Textile Industrial Park in der nordvietnamesischen Provinz Nam Dinh konnte in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Textilfabriken anziehen. Das Unternehmen Top Textile aus Hongkong nahm hier 2024 eine Färberei in Betrieb. Das deutsche Unternehmen Südwolle, ein globaler Hersteller von gekämmten Garnen, eröffnete im April 2025 in der südvietnamesischen Provinz Ninh Thuan eine Färberei. Die Ausweitung von Färbereien bleibt jedoch schwierig, da einige Provinzen sie aus ökologischen Gründen ablehnen.

Projekte für mehr Nachhaltigkeit

Der Einsatz von recycelten Materialien kann zu mehr Nachhaltigkeit beitragen, denn bisher spielt das Recycling eine geringe Rolle. Wenn Fabrikverschnitt recycelt wird, dann mechanisch. Chemisches Recycling wird noch nicht praktiziert. Einige Betriebe verarbeiten zudem PET-Flaschen zu Kunststofffasern.

Textilabfälle könnten also stärker genutzt werden. Es fallen jährlich rund 250.000 Tonnen davon an, überwiegend sind es Schnittreste und Ausschussware. Etwa 60 Prozent werden wiederverwendet. Unternehmen nutzen Endrollen und Verschnitt für die Produktion von Prototypen und Mustern. Abfälle werden auch zu Dämmstoffen, Putzlappen, Vliesstoffen verarbeitet oder als Füllmaterial für Matratzen und Polstermöbel eingesetzt. Reststoffe werden auch in Kesseln der Fabriken verbrannt, um Dampf für verschiedene Anwendungen zu erzeugen, zum Beispiel für die Wäsche der Kleidung.

Alternative Materialien aus nachwachsenden biologischen Ressourcen bieten sich ebenfalls für mehr Nachhaltigkeit an. Bio-Elastan erzeugt deutlich weniger CO2 als herkömmliches Elastan, daher wollen internationale Modemarken damit ihre CO2-Emmissionen senken. Der koreanische Chemiekonzern Hyosung errichtet in der südvietnamesischen Provinz Ba-Ria Vung-Tau eine Fabrik im Wert von 730 Millionen US$ mit einer Jahreskapazität von 50.000 Tonnen Bio-Elastan auf Basis von Zucker. Daraus sollen in einer Fabrik in der Provinz Dong Ngai Garne gesponnen werden. Hyosung hat den Start der Bio-Elastan-Produktion für Ende 2026 angekündigt. 

Vietnam könnte regionaler Recyclinghub werden

Viele Marken zielen auf einen geschlossenen Kreislauf, wobei Textilien zu Textilien wiederverwertet werden und nicht zu minderwertigen Produkten im sogenannten Downcycling. Eine Reihe von EU-Vorschriften dürfte in den kommenden Jahren zudem schärfere Ziele für das Recycling von Bekleidung vorgeben, die in der EU verkauft werden. Syre, ein Tochterunternehmen des H&M-Konzerns, möchte deshalb in der Provinz Binh Dinh für 1 Milliarde US$ eine Recyclinganlage von Textilien zu Textilien bauen. Der Polyester-Recycling-Komplex soll eine Kapazität von 250.000 Tonnen jährlich aufweisen. Das spanische Unternehmen Recover hat bereits im Dezember 2024 eine Anlage in Dong Nai eröffnet, die jährlich bis zu 10.000 Tonnen Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester recyceln kann. 

Größtes Hindernis für den Ausbau des Recyclings ist die Sicherstellung ausreichender Abfallmengen. Die wenigen Sammelsysteme sind intransparent und kaum rückverfolgbar. Daher drängen Vertreter der Firma Syre darauf, dass die Regierung in Hanoi wieder die Einfuhr von Textilabfällen erlaubt, die 2023 verboten worden war. Dann will das Unternehmen Vietnam zu einem regionalen Recyclingzentrum für Polyester ausbauen. Auch Deutschland unterstützt über das Globalvorhaben „Go Circular“ das Recycling von Textilien zu Textilien. Die Entwicklungsorganisation GIZ setzt das Programm in Vietnam um und hat unter anderem eine Studie sowie ein Verzeichnis von Abfallverwertern im Textilbereich erstellt.  

 

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