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Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen

Deutsches Engagement ist vor allem gefragt, wenn Spezialkompetenzen und komplexe Technologie benötigt werden. Auch Umwelttechnologie und Klimaschutzprojekte bieten Chancen. 

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Die Planung, Bewertung, Auswahl und Durchführung von regionalen Infrastrukturprojekten, insbesondere im Straßenbau oder Wasser- und Abfallbereich, obliegt den 58 Provinzen sowie den fünf unabhängigen Stadtverwaltungen von Hanoi, Ho Chi Minh City, Danang, Can Tho und Haiphong. Projekte mit gesamtstaatlicher Bedeutung werden dagegen auch zentralstaatlich gesteuert. Hierzu zählen insbesondere große Energieprojekte.

Der Zentralstaat hat in den vergangenen Jahren die Verantwortung für Infrastrukturvorhaben stärker dezentralisiert. Die Provinzen stehen untereinander in einem starken Standortwettbewerb und einige, wie etwa Quang Ninh, gelten als sehr erfolgreich im Infrasturkturausbau. Die staatlichen Planungen aber hinken den aktuellen Investitionsbedürfnissen oft hinterher. Daher gelten etwa die Logistikkosten in Vietnam im regionalen Vergleich als hoch. Gerade Energieprojekte verzögern sich seit 2021, da der mittelfristige Ausbauplan mit den Klimazielen des Landes in Einklang gebracht werden muss. 

Internationale Geber finanzieren Infrastrukturvorhaben

Internationale Entwicklungsorganisationen finanzieren eine Vielzahl der großen Infrastrukturprojekte in Vietnam. Auch im Bereich von Klimaschutzprojekten sind internationale Geber aktiv. Allerdings ist die vietnamesische Regierung vielfach zurückhaltend bei der Aufnahme von Entwicklungskrediten, obwohl das Land im internationalen Vergleich eine geringe Staatsverschuldung aufweist.

Vergleichsweise gut sind die Auftragschancen für deutsche Unternehmen bei Projekten der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank. Die Weltbank hat im Januar 2022 das Vinh Long City Urban Development and Enhanced Climate Resilience Project aufgelegt, mit dem Ziel, eine grundlegende Daseinsvorsorgeinfrastruktur (Abwasser, Umwelt, Transport) aufzubauen. Das Projektvolumen beläuft sich auf 202 Millionen US$.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die KfW finanzieren ebenfalls laufend neue Infrastrukturvorhaben, bei denen sich eine Angebotsabgabe lohnen kann. Seit dem 1. Januar 2019 schreiben beide Banken Projekte über die vietnamesische E-Bidding-Seite aus.

Bei Projekten, die Japan (Japan International Cooperation Agency, JICA) oder auch zunehmend Südkorea finanzieren, kommen in der Regel allerdings nur Firmen aus diesen Geberländern zum Zuge. Deutsche Firmen können immerhin Unteraufträge akquirieren.

Internationale Ausschreibungen können in der Datenbank von Germany Trade & Invest abgerufen werden.

Komplexe Technologien kommen noch oft aus dem Ausland

Die Teilnahme an lokalen Ausschreibungen hingegen bleibt häufig schwierig. Zwar eröffnet das EU-Vietnam-Free Trade Agreement, in Kraft seit dem 1. August 2020, europäischen Anbietern verbesserte Beteiligungsmöglichkeiten. In Bereichen, in denen vietnamesische Anbieter bereits Erfahrung gesammelt haben, so im Straßenbau, sind europäische Lösungen allerdings oft zu teuer. Gute Chancen aber eröffnen sich überall da, wo Spezialkomponenten oder technisch komplexe Lösungen gefragt sind, die im Land noch nicht oder wenig vorhanden sind.  

Im Straßenbau zeichnen sich Konzentrationstendenzen ab. Die Lose bei der zweiten Phase der Nord-Süd-Autobahn sind deutlich größer als in der ersten Phase. Gleichzeitig setzt die Regierung auf erfahrene Unternehmen, die in der ersten Phase gut gearbeitet haben. Viele Teilprojekte der ersten Phase hatten sich stark verzögert oder wurden schlecht durchgeführt.

Im Bereich erneuerbare Energien, vor allem Windenergie, und Umweltinfrastruktur verfügt Vietnam bislang kaum über moderne Technologien. Damit benötigt das Land in weitem Umfang eine ausländische Ausstattung. Der Staat allerdings engagiert sich nur wenig in diesen Bereichen. Geberfinanzierte Projekte oder Privatvorhaben können hingegen interessante Möglichkeiten bieten. Renommierte Industrieparks, die sich an europäische und international agierende Unternehmen richten, stellen auf Druck der Investoren immer höhere Ansprüche an die Abwasserbehandlung und -entsorgung sowie Nachhaltigkeitslösungen. Hierfür setzen sie international anerkannte Technologien ein. Sie bilden für deutsche Firmen eine interessante Kundengruppe.

Regierung will PPP-Vorhaben erleichtern

Für die Finanzierung von Projekten will die Regierung verstärkt auf Public-Private-Partnerships (PPP) setzen. Bislang halten sich aber gerade ausländische Unternehmen mit einer Beteiligung an PPP-Projekten zurück, da das regulative Umfeld auch nach dem Erlass eines PPP-Gesetzes im Juni 2020 in weiten Bereichen noch nicht ausgereift ist. Daher sind seit 2021 nur vereinzelt Vorhaben als PPP durchgeführt worden.

Die Verwirklichung größerer Infrastrukturprojekte, vor allem als PPP-Vorhaben, wird nicht nur durch finanzielle Engpässe behindert. Eine wichtige Rolle spielen Probleme bei der Enteignung und Räumung des benötigten Baugrunds. Bei erforderlichen Grundstücksübertragungen treten lange Verzögerungen auf, auch weil Einträge in den Grundbüchern nicht immer klar sind und Bewohner um angestammte Rechte fürchten. Enteignungen und Verhandlungen über Entschädigungszahlungen verteuern und verzögern Projekte häufig um Jahre. Im Gespräch ist daher eine Trennung der Bodenbereitstellung (und Entschädigungen) und der eigentlichen Bauphasen. Ein Dekret für entsprechende Pilotprojekte könnte im Mai 2023 von der Nationalversammlung erlassen werden. 

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