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Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen
Deutsches Engagement ist vor allem gefragt, wenn Spezialkompetenzen und komplexe Technologie benötigt werden. Auch Umwelttechnologie und Klimaschutzprojekte bieten Chancen.
05.05.2025
Von Peter Buerstedde | Hanoi
In Vietnam werden viele große Infrastrukturprojekte von internationalen Entwicklungsorganisationen finanziert. Allerdings ist die Regierung zunehmend zurückhaltend bei der Aufnahme von Entwicklungskrediten, obwohl das Land im internationalen Vergleich eine geringe Staatsverschuldung aufweist. Zuletzt hat etwa Ho-Chi-Minh-Stadt entschieden, die Metrolinie 2 ohne eine weitgehend bereits vereinbarte Finanzierung durch die deutsche Entwicklungsbank KfW, die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) umzusetzen.
Die Auftragschancen für deutsche Unternehmen bei Projekten der Weltbank und ADB sind gut. EIB und KfW finanzieren ebenfalls laufend neue Infrastrukturvorhaben, bei denen sich eine Angebotsabgabe lohnen kann. Bei von der Japan International Cooperation Agency oder auch zunehmend von Südkorea finanzierten Projekten kommen in der Regel nur Firmen aus diesen Geberländern zum Zuge. Deutsche Firmen können Unteraufträge akquirieren. Internationale Ausschreibungen können in der Datenbank von GTAI abgerufen werden.
Komplexe Technologien kommen oft aus dem Ausland
Die Teilnahme an lokalen Ausschreibungen bleibt häufig schwierig. Zwar eröffnet das EU-Vietnam-Freihandelsabkommen europäischen Anbietern verbesserte Beteiligungsmöglichkeiten. In Bereichen wie dem Straßenbau, in denen vietnamesische Anbieter bereits Erfahrung gesammelt haben, sind europäische Lösungen allerdings oft zu teuer. Gute Chancen eröffnen sich da, wo Spezialkomponenten oder technisch komplexe Lösungen gefragt sind, die im Land noch nicht oder wenig vorhanden sind.
Auch strategische Erwägungen können eine Rolle spielen, wo die Regierung Vorhaben als wichtig für die Sicherheit des Landes ansieht, zum Beispiel bei Offshore-Windparks oder Bahnstrecken. Aufgrund schwelender territorialer Konflikte könnte hier chinesische Technik etwa einen schweren Stand haben.
Chancen bei erneuerbaren Energien und Umwelttechnik
Im Bereich erneuerbarer Energien und Umweltinfrastruktur verfügt Vietnam bislang kaum über moderne Technologien, aber zum Teil über Erfahrung in der Projektumsetzung. Das Land braucht ausländische Ausstattung in weitem Umfang. Deutsche Technik hat hier Chancen, etwa bei Vorhaben durch Energieservice-Unternehmen, die Projekte extern finanzieren müssen und daher stärker auf Referenzprojekte sowie die Langlebigkeit und Verlässlichkeit der Anlagen achten. Die 2024 geschaffene Möglichkeit für Großabnehmer, Strom direkt von privaten Erzeugern zu beziehen, dürfte deutschen Unternehmen ebenfalls Chancen eröffnen.
Renommierte Industrieparks, die sich an europäische und international agierende Unternehmen richten, stellen auf Druck der Investoren immer höhere Ansprüche an die Abwasserbehandlung und -entsorgung sowie Nachhaltigkeitslösungen. Deutsche Umwelttechnik ist in Vietnam sehr anerkannt. Daher kann sie sich trotz höherer Anschaffungskosten im Markt behaupten.
Regierung will PPP-Vorhaben erleichtern
Für die Finanzierung von Projekten will die Regierung verstärkt auf Public-Private-Partnerships (PPP) setzen. Bislang halten sich ausländische Unternehmen mit einer Beteiligung an PPP-Projekten zurück, denn das regulative Umfeld ist in weiten Bereichen noch nicht ausgereift.
Die Verwirklichung größerer PPP-Vorhaben wird nicht nur durch finanzielle Engpässe behindert. Probleme bei der Enteignung und Räumung des benötigten Baugrunds spielen ebenso eine Rolle. Bei erforderlichen Grundstücksübertragungen treten lange Verzögerungen auf, auch weil Einträge in den Grundbüchern nicht immer klar sind und Bewohner um angestammte Rechte fürchten.
Enteignungen und Verhandlungen über Entschädigungszahlungen verteuern und verzögern Projekte häufig um Jahre. Mit dem neuen Landgesetz, das am 1. Januar 2025 in Kraft getreten ist, orientieren sich Entschädigungszahlungen stärker am Marktwert, was Enteignungen erleichtern könnte. Es gibt auch schon Pilotprojekte.