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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung
Der Tiefbau in Vietnam wird 2025 durch neue Gesetze, eine volle Projektpipeline und staatliche Infrastrukturinvestitionen angetrieben.
05.05.2025
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Verbesserungen im Rechtsrahmen, eine gut gefüllt Projektpipeline und der starke staatliche Fokus auf Infrastrukturinvestitionen dürften den Tiefbau 2025 antreiben. Der Staat, der für das Gros der Infrastrukturinvestitionen verantwortlich ist, plant mit rund 33,1 Milliarden US-Dollar (US$) 22 Prozent mehr Investitionen als im Vorjahr. Anfang März 2025 wurde sogar noch eine Aufstockung der Mittel diskutiert. Die Regierung setzt so stark auf Infrastrukturinvestitionen, um ihr Ziel von mindestens 8 Prozent Wirtschaftswachstum zu erreichen, weil Anfang 2026 der nationale Parteikongress tagt. Hier wird die Staatsspitze neu gewählt.
Neue Gesetze könnten Vorhaben beschleunigen
Der Ausbau wichtiger Transportwege sowie Häfen und Flughäfen hat in den vergangenen Jahren nicht mit dem Wirtschaftswachstum und der Industrialisierung des Landes Schritt gehalten. Frühere Ausbaupläne wurden nicht nur durch die Coronakrise verzögert. Eine Antikorruptionskampagne führt seit 2021 verstärkt dazu, dass staatliche Entscheidungsträger auf allen Ebenen sehr zögerlich sind. Eine Ende 2024 begonnene administrative Reform soll die Blockade in der Verwaltung aufbrechen. Sie könnte allerdings Projekte zunächst behindern: Im Rahmen der Reform ist das für den Tiefbau maßgebliche Transportministerium mit dem Bauministerium verschmolzen worden.
Hinzu kommen Engpässe bei Baumaterialien (vor allem Sand) und Verzögerungen bei der Enteignung von Grundstücken. Das neue Landgesetz vom Januar 2025 hat eine Ausrichtung von Enteignungsentschädigungen näher am Marktniveau verfügt. So könnten sich Enteignungen – und damit Projekte – künftig schneller umsetzen lassen.
Transportinfrastruktur mit Großprojekten in allen Segmenten
Der Löwenanteil der Infrastrukturinvestitionen wird weiter in den Autobahnausbau fließen. Die zwölf verbleibenden Abschnitte der Nord-Süd-Autobahn, die auf 2.063 Kilometern das Land durchkreuzt, sollen noch 2025 fertiggestellt werden. Im Jahr 2025 will die Regierung 28 Vorhaben mit insgesamt 1.188 Kilometern abschließen. Im August 2024 hatte sie eine "500 Tage und Nächte-Kampagne" ausgerufen, um das Autobahnnetz auf 3.000 Streckenkilometer zu hieven.
Bis zum Jahr 2030 hat die Regierung eine neue Zielmarke von 5.000 Autobahnkilometern vorgegeben. Insgesamt dürfte sich die Bautätigkeit aber von Autobahnen auf den Bahnausbau verlagern. So nimmt der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-Stadt für geschätzte 67 Milliarden US$ immer konkretere Formen an. Aber zunächst soll die Bahnstrecke von Lao Cai an der chinesischen Grenze bis Haiphong ausgebaut werden.
Seit 2023 sind drei erste Metrolinien in Vietnam eingeweiht worden. Jetzt stehen neue Projekte an: In Hanoi soll 2025 der Bau der Linie 5 beginnen. Ho-Chi-Minh-Stadt will 2026 die Linie 2 in Angriff nehmen. Die Regierung hat den Städten Anfang 2025 bei der Umsetzung mehr Autonomie eingeräumt, um die Vorhaben zu beschleunigen.
Neuer Umschlaghafen bekommt grünes Licht
Nach den Anfang 2025 veröffentlichten Ausbauplänen für die Hafeninfrastruktur müssen bis 2030 rund 13,7 Milliarden US$ in See- und Binnenhäfen investiert werden. Darin eingeschlossen ist der Bau eines neuen Umschlaghafens in Can Gio südlich von Ho-Chi-Minh-Stadt für etwa 2 Milliarden US$, woran unter anderem die weltgrößte Reederei MSC beteiligt ist. Auf der anderen Flussseite ist im Hafenverbund Cai Mep ebenfalls ein neuer Hafen geplant. In Da Nang sind die Fundamente eines neuen Hafens beinahe abgeschlossen. Ab 2025 sollen in drei Phasen für rund 3 Milliarden US$ neue Terminals gebaut werden. Der alte Hafen könnte ein Yachthafen werden.
Flughäfen und Terminals sind im Bau
Der Flughafenbau hat seit 2023 Fahrt aufgenommen. Die Regierung plant den Bau elf neuer Flughäfen bis 2050. Das größte Vorhaben ist der Bau des zweiten Flughafens von Ho-Chi-Minh-Stadt, Long Thanh. Dieser wird voraussichtlich nicht wie geplant 2025 fertig gestellt, sondern erst im Folgejahr. Gleichzeitig werden in Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi neue Terminals gebaut. Noch 2025 will der staatliche Betreiber ACV in Phu Quoc, Haiphong und Dong Hoi mit dem Bau neuer Terminals beginnen.
Kreislaufwirtschaft gewinnt an Bedeutung
In den beiden Metropolen Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt haben sich etliche Vorhaben für neue Wasseraufbereitungsanlagen verzögert. In Ho-Chi-Minh-Stadt soll die größte Kläranlage in Südostasien mit einer Kapazität von 480.000 Kubikmeter pro Tag im September 2025 in Betrieb gehen. Zwei Vorhaben in Hanoi waren vor Jahren beinahe abgeschlossen worden. Die Stadt will die Projekte zu Ende führen, aber dafür sind größere Renovierungsarbeiten notwendig. Weitere Vorhaben sind landesweit in Vorbereitung. Die German Water Partnership informiert über die zahlreichen deutschen Aktivitäten im vietnamesischen Wassersektor und hat ein reges Netzwerk aufgebaut.
Vietnam will von der Müllentsorgung auf Deponien zur Verbrennung übergehen. Dazu werden landesweit Müllverbrennungsanlagen gebaut. In Hanoi ging 2023 eine Anlage mit einer Kapazität von 4.000 Tonnen pro Tag in Betrieb. In Ho-Chi-Minh-Stadt sind 2024 und 2025 zwei Vorhaben mit jeweils 2.000 Tonnen gestartet. Eines der Vorhaben verfügt über die Technologie der deutschen Martin GmbH, die auch bei einem Projekt in Danang zum Einsatz kommt.
Energiesektor steht vor neuer Investitionswelle
Im Energiesektor hat die Regierung die Planung bis 2030 zuletzt stark angepasst. Die Regierung will jetzt doch in die Kernenergie einsteigen. Gleichzeitig hat sich der Zeitplan für Offshore-Windkraft auf das Jahr 2030 verschoben. Der Ausbau von Windkraft an Land sowie Solarparks und Aufdachanlagen wird forciert.
Parallel dazu schafft die Regierung in Vietnam einen neuen Rechtsrahmen. Offen ist noch die Frage, welche Vergütungen Investoren erwarten können.