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Fachkräfteanwerbung aus Vietnam
Ausgebildete Fachkräfte sind rar in Vietnam und nur wenige gehen nach Deutschland. Die Anwerbung von Auszubildenden nimmt aber zu.
31.07.2024
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Deutschland gilt für Fachkräfte und Auszubildende trotz kultureller und sprachlicher Barrieren als attraktives Zielland. Heute leben in Deutschland etwa 200.000 Vietnamesen. Hohe Löhne ermöglichen Rücküberweisungen und in Teilen der vietnamesischen Gesellschaft gibt es eine starke Deutschland-Affinität.
Wachsendes Interesse an einer Ausbildung in Deutschland
Bisher gehen vornehmlich Auszubildende nach Deutschland, schätzungsweise 4.000 bis 6.000 pro Jahr. Auf deutscher Seite besteht ein großes Interesse an vietnamesischen Azubis. Das Goethe-Institut in Hanoi ist inzwischen weltweit eines der größten. Die Anzahl von Deutschschulen ist in den letzten Jahren stark gestiegen und wird nur durch Engpässe bei Sprachlehrern etwas gebremst.
Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Vermittlungsinitiativen, die gut funktionieren. In der Regel werden die jungen Menschen nicht nur in der Sprache ausgebildet (zumeist bis Niveau B1), sondern erhalten auch eine Einweisung in die deutsche Kultur. Auf deutscher Seite sind die Firmen gut vorbereitet und integrieren die Azubis.
Eine langjährige Kooperation besteht zwischen dem Center for Overseas Labour, einer Vermittlungsorganisation des vietnamesischen Arbeitsministeriums, dem Goethe-Institut in Hanoi und dem Betreiber von Pflegeheimen Vivantes Forum für Senioren. Seit 2015 hat Vivantes etwa 900 Azubis aus Vietnam angeworben. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat gemeinsam mit dem Arbeitsministerium über das Programm "Triple Win" seit 2019 etwa 400 Azubis an 18 Krankenhäuser und Altenpflegeheime in Deutschland vermittelt.
Gastronomie und Hotellerie im Fokus
Ausgebildete Arbeitskräfte gehen seltener nach Deutschland. Jährlich dürften es maximal einige Hundert sein. Fachkräfte mit einer den deutschen Qualifikationen vergleichbaren Ausbildung sind rar in Vietnam. Diejenigen, die es gibt, haben sich oft bereits eine feste berufliche und familiäre Existenz aufgebaut. Die Bereitschaft, nach Deutschland überzusiedeln, ist bei diesen Personen gering. Hinzu kommt, dass die Anerkennung von Abschlüssen in Deutschland jeweils auf Einzelbasis erfolgt. Das kostet viel Geld und dauert in der Regel mindestens sechs Monate.
Über einige Initiativen werden seit Jahren, wenn auch in begrenztem Umfang, erfolgreich Fachkräfte für Deutschland gewonnen. Die Auslandshandelskammer Vietnam vermittelt über das Programm "Hand in Hand for International Talents" Fachkräfte in der Gastronomie (Köche) und Hotellerie nach Deutschland. Über das Programm sind bisher 55 Personen nach Deutschland gelangt. Die Vermittlung von Köchen und Hotelangestellten gilt als einfacher, weil die Anforderungen an die Sprachkenntnisse der Kandidaten weniger hoch sind als bei anderen Berufen, wie etwa in der Metallverarbeitung oder IT.
Die GIZ arbeitet gemeinsam mit Berufsbildungszentren in Vietnam an der Verbesserung der Ausbildung nach deutschem dualen Muster. In dem Zusammenhang gibt es auch ein Pilotprojekt zur Ausbildung von Zerspanungstechnikern, die auch sprachliche und kulturelle Vorbereitungskurse erhalten. Eine erste Gruppe ist Anfang 2024 nach Deutschland gegangen.
Deutschland und Vietnam vereinbaren stärkere Zusammenarbeit
Die vietnamesische Regierung ist bei der Vermittlung von Fachkräften und Auszubildenden nach Deutschland sehr aufgeschlossen. Die Arbeitsministerien auf deutscher und vietnamesischer Seite wollen sich bei der Fachkräftegewinnung stärker koordinieren. Im Rahmen des Besuches von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Januar 2024 haben sie dazu eine Absichtserklärung unterzeichnet.
Momentane Herausforderungen auf deutscher Seite sind bürokratische Hürden bei der Visaerteilung und die Anerkennung von Abschlüssen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bringt hier teilweise Erleichterung.
Auf vietnamesischer Seite gibt es trotz zahlreicher Informationsangebote wie der zentralen Plattform "Make it in Germany" dubiose und teure Vermittler für Auszubildende. Für einen Ausbildungsplatz müssen Kandidaten rund 6.000 bis 8.000 Euro in Sprachausbildung und Vermittlung investieren. Unseriöse Anbieter verlangen oft das Mehrfache.
Deutsche Unternehmen können sich zur Anwerbung von Fachkräften oder Auszubildenden an diese Stellen wenden:
- Auslandshandelskammer (AHK) Vietnam;
- Viele Industrie- und Handelskammern (IHK) in Deutschland haben Ansprechpersonen für Fachkräfteanwerbung aus dem Ausland. Den Kontakt finden Sie auf der Seite Ihrer zuständigen IHK;
- Wirtschaftsfördergesellschaft Ihres Bundeslandes;
- Bei Anwerbung mit Vermittlungsagentur sollte diese beim Arbeitsministerium in Vietnam akkreditiert sein.