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Zollbericht Welt Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Freihandelsabkommen werden vermehrt eingesetzt, um den Handel zu liberalisieren. Aber was sind Handelsabkommen sowie Freihandelszonen und warum sollten Unternehmen diese nutzen?
30.11.2020
Von Melanie Hoffmann
Freihandelsabkommen sind völkerrechtliche Verträge zwischen zwei (bilateral) oder mehreren (multilateral) Staaten, die auf einen freien Handel abzielen und den Abbau von tarifären (Zölle) und nichttarifären (zum Beispiel Exportbeschränkungen, Importquoten oder nationale Normen und Standards) Handelshemmnissen anstreben.
Der Kern der Freihandelsabkommen besteht noch immer in der Liberalisierung des Warenhandels, wobei sich Abkommen der neuen Generation nicht nur mit einem Abbau von Zöllen befassen, sondern auch beispielsweise mit Regelungen zum Investitionsschutz, zum Urheberrecht, zur Integration von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) auf dem Markt oder zur Harmonisierung von Standards enthalten.
Freihandelsabkommen eröffnen zahlreiche Chancen: Rechtssicherheit dank transparenter und einheitlicher Regeln, ein verbesserter Marktzugang durch den Abbau von Handelshemmnissen oder die Berücksichtigung von nachhaltigen Konzepten sind dabei nur einige Beispiele.
Ausweitung des internationalen Handels | Charakteristisch für Freihandelsabkommen ist, dass jede Vertragspartei ihre Zölle auf Ursprungswaren der anderen Vertragspartei nach einem Stufenplan abbaut. Durch dieses primäre Ziel wird ein fairer Handel zwischen den Vertragspartnern ermöglicht, was wiederum zu einer optimalen Güterverteilung und einer Steigerung des Außenhandels und der Wohlfahrt führt. Freihandelsabkommen setzen sich für den Abbau von Protektionismus ein und ermöglichen Unternehmen, über die Grenzen hinweg Handel zu betreiben. Hieraus ergeben sich folglich eine gesteigerte Wettbewerbssituation zwischen den Ländern, eine Steigerung der Qualitätsstandards von Produkten sowie eine Senkung der Verkaufspreise. |
Produktionssteigerung und neue Arbeitsplätze | Ein freier Handel ohne Barrieren ermöglicht die Erschließung neuer Absatzmärkte und unterstützt Entwicklungsländer, sich auf dem Markt zu etablieren. Der Wegfall von Handelsbarrieren senkt den Preis der Importgüter, sodass die Nachfrage nach diesen Produkten steigt. Hieraus entsteht zugleich eine Produktionssteigerung, die durch neue Arbeitskräfte gedeckt werden muss. Mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze gehen ein erhöhtes Einkommen der Haushalte und eine Steigerung des Konsums (oder Sparens) einher. |
Einheitliche und transparente Regeln | Die im Handelsabkommen festgelegten und transparenten Regeln vereinfachen und beschleunigen die Zollabwicklung und führen zu weniger Bürokratie und folglich zu einer Kostensenkung. Freihandelsabkommen können zudem Standards und Normen vereinheitlichen, was dem einzelnen Bürger, aber auch Unternehmen noch mehr Sicherheit gibt. Einheitliche Standards führen zu weniger Missverständnissen, zu mehr Qualitätssicherung, Wiedererkennung und Kostenersparnissen. |
Abkommen fördern folglich durch ihre inhaltliche, auf die Zukunft gerichtete Ausgestaltung das Wirtschaftswachstum eines Landes, stärken die Friedenssicherung, schaffen Arbeitsplätze, vermehren den volkswirtschaftlichen Wohlstand der Gesellschaften und schaffen für Unternehmen einen Rahmen für ihre internationalen Aktivitäten untereinander. Das Resultat: weniger Bürokratie, schnellere Zollverfahren und weniger Zölle.
Freihandelsabkommen ermöglichen nur dann wirtschaftliche Chancen, wenn die Unternehmen auch auf die in den Abkommen eingeräumten Präferenzzölle zurückgreifen. Zahlreiche Länder und auch Unternehmen nutzen bereits die strategischen Potenziale der Freihandelsabkommen. Luft nach oben ist dennoch – 2018 lag die durchschnittliche Präferenznutzungsrate der EU bei 77 Prozent.
Gründe, weshalb Unternehmen nicht auf Freihandelsabkommen zurückgreifen, sind durchaus unterschiedlich. Hohe Kosten durch Bürokratie, geringe Gewinnmargen, unterschiedliche Vorschriften und Vorgehensweisen in den EU-Abkommen, fehlende Kenntnisse sowie hohe Haftungsrisiken bei Fehlern in der Ursprungsbestimmung sind im Wesentlichen einige Gründe, weshalb zahlreiche Unternehmen von der Nutzung eines Abkommens absehen.
Die EU reagiert darauf und nutzt seit 2007 vermehrt bilaterale Freihandelsabkommen der „neuen Generation“ (WTO plus-Abkommen), die nicht nur auf tarifäre Fragen eingehen, sondern auch Aspekte, die lediglich mit dem Handel im Zusammenhang stehen, beinhalten. Solche Abkommen sollen unter anderem die Ursprungsregeln vereinfachen sowie bessere und produktspezifischere Informationen enthalten. Weiterhin sollen die zuständigen Stellen gezielter und praxisnäher über Freihandelsabkommen informieren, um potenzielle Probleme rechtzeitig zu erkennen und Lösungen zu erarbeiten.
Dank der Freihandelsabkommen der neuen Generation kann die EU die wirtschaftlichen Vorteile der modernen Abkommen noch besser nutzen und noch stärker als einheitlicher Wirtschaftsraum auftreten.
Trotz der zahlreichen Chancen können sich Freihandelsabkommen auch negativ auswirken und zu einer Herausforderung werden.
Einheitliche und harmonisierte Regeln, wie es die Freihandelsabkommen anstreben, können erhebliche Auswirkungen auf den Verbraucherschutz und die Sicherheit haben, wenn sie zum Beispiel die Standards einer Vertragspartei im Bereich der Lebensmittelindustrie, Technik oder Gesundheit senken. Dies kann als Kompromiss erforderlich sein, um überhaupt eine Einigung zu erreichen.
Des Weiteren schließen Freihandelsabkommen die Staaten aus, die nicht Vertragspartner des jeweiligen Abkommens sind. Demnach haben Handelsabkommen nicht nur eine Integrationsfunktion, sondern ebenso eine Ausschlussfunktion gegenüber den nicht teilnehmenden Staaten.
Freihandelszonen sind Gebiete, in denen die Mitglieder untereinander aufgrund entsprechender Freihandelsabkommen keine Zölle erheben und auch keine anderweitigen Handelshemmnisse, wie z. B. mengenmäßige Beschränkungen erlassen. Dank einer Freihandelszone kann somit ein unbeschränkter Warenaustausch in der Freihandelszone gesichert werden. Gegenüber Drittstaaten behält dabei jedes Mitglied dieser Zone seine jeweilige Zollautonomie und betreibt somit eine eigenständige Zollpolitik. In einer Freihandelszone herrschen im Vergleich zu einer Zollunion folglich keine einheitlichen Regelungen gegenüber Drittstaaten.
Beispiele für Freihandelszonen sind z. B. die European Free Trade Association (EFTA) oder auch die südamerikanische Freihandelszone (MERCOSUR).
Um von den Zollerleichterungen zu profitieren, muss die Ware den Ursprung in einem der Vertragsstaaten eines Freihandelsabkommens haben. Wegen der unterschiedlichen Zollsätze nach außen ist es nicht ausreichend, dass die Ware in einem der Vertragsstaaten ordnungsgemäß verzollt wurde. Hierfür legen die Freihandelsabkommen i.d.R. spezifische Prozentsätze für die Mindestwertschöpfung eines Mitgliedlandes fest. Können diese Mindestwerte nachgewiesen werden, dürfen die Waren zollfrei innerhalb der Freihandelszone zirkulieren. Manche Freihandelsabkommen sehen einen relativ hohen Mindestwertschöpfungsanteil vor, sodass Unternehmen ihre Produktion in ein anderes Land auslagern, um lukrativer handeln zu können.
Dennoch bringen Freihandelsabkommen und die daraus resultierenden Freihandelszonen zahlreiche Vorteile mit sich.