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Zollbericht EU Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Der Handel zwischen der Europäischen Union und ihren Präferenzhandelspartnern steigt weiter an. Vorteile der Freihandelsabkommen werden sichtbarer.
24.10.2022
Von Melanie Hoffmann | Bonn
Handelsabkommen werden in den letzten Jahren vermehrt eingesetzt, um den Handel zu liberalisieren. Dabei greifen auch immer mehr Unternehmen auf den Präferenzhandel zurück. Laut eines aktuellen Berichts der Europäischen Kommission, entfielen im Jahr 2021 44 Prozent des EU-Handels auf die Präferenzhandelsabkommen. Ein weiterer Anstieg ist zu erwarten.
Mit der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 1995 sind drei Abkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Drittstaaten in Kraft getreten. Vor der WTO-Gründung fanden bereits fünf Abkommen Anwendung. Das Abkommen mit der Schweiz vom 1. Januar 1973 ist das erste Abkommen, welches die EU als Staatenverbund geschlossen hat. Ab 2000 ist ein zunehmender Trend erkennbar, sodass heute auf Handelsabkommen mit knapp 80 Ländern zurückzublicken ist, die vollständig oder erst vorläufig in Kraft sind.
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Seit 2007 werden zunehmend handelsliberalisierende Maßnahmen in Form von Handelsabkommen verhandelt, die möglicherweise in naher Zukunft vollständig in Kraft treten werden. Einzelne Teile dieser Abkommen finden bereits Anwendung. Eine vollständige Anwendung ist bei den vorläufig anwendbaren Abkommen aus verschiedenen Gründen noch nicht gegeben.
Auch die Zahl der Abkommen, die bereits verhandelt sind und nur noch einer Ratifizierung oder Unterzeichnung bedürfen, steigen seit den letzten zehn Jahren fortlaufend an.
Der Handel zwischen der EU und ihren 74 Präferenzhandelspartnern belief sich 2021 auf 1891 Milliarden Euro beziehungsweise 44 Prozent des gesamten Außenhandels der EU, wovon 1049 Milliarden Euro auf Ausfuhren und 841 Milliarden Euro auf Einfuhren entfielen. Berücksichtigt man an dieser Stelle bereits die Partnerländer, mit denen die EU die Verhandlungen über ein Abkommen abgeschlossen hat, die aber noch nicht in Kraft sind, würde der Anteil des EU-Präferenzhandels am gesamten EU-Außenhandel auf 47,4 Prozent ansteigen. Im Vergleich zum Vorjahr 2020 stieg der Anteil der Ausfuhren aus der EU in die Präferenzhandelspartnern um 16 Prozent an.
Bild vergrößernTrotz der steigenden Präferenznutzungsrate und der Abschlusszahlen von Freihandelsabkommen strebt die EU auch weiterhin vermehrt Freihandelsabkommen mit den Wachstumsregionen an, um an den offenen Märkten festzuhalten und sich gegen den Protektionismus zur Wehr zu setzen.
Dafür setzt sich die EU auch weiterhin entsprechend ein:
Um diese Ziele zu erreichen, setzt die EU-Kommission auf neue Tools und Datenbanken und bietet Webinare und Beratungsgespräche an.
Für Unternehmen sind aber nicht ausschließlich Zollthemen interessant, sondern auch Regelungen zu Dienstleistungen, nicht-tarifären Handelshemmnissen, Investitionen und Wettbewerb, Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz, Menschenrechten und Gleichberechtigung, Rechtsstaatlichkeit und Regierungsführung und zur Bestimmung des Warenursprungs. Diese werden vermehrt in den neuen Handelsabkommen geregelt, was folglich die Attraktivität eines Abkommens und somit die Nutzungsrate erhöhen kann.
Während die Bemühungen der weiteren Handelsliberalisierung auf globaler (WTO-) oder multilateraler Ebene stocken, scheinen bilaterale sowie plurilaterale Abkommen das "Gebot der Stunde" zu sein.
Bild vergrößernNeben der EU greifen auch andere Länder zunehmend auf bilaterale Handelsabkommen zurück. Das Liberalisierungspotential kann nämlich auf bilateraler Ebene im größeren Maße ausgeschöpft werden als im multilateralen Verhältnis. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Einigungen zwischen zwei Parteien durchaus schneller zu erzielen sind als zwischen einer Vielzahl von Beteiligten. Bilaterale Verträge intensivieren auch die Beziehung zwischen den beiden vertragsschließenden Parteien und schaffen günstigere Wettbewerbsverhältnisse unter den Vertragspartnern. Dies führt wiederum zu einer Erhöhung der eigenen Marktchancen und somit zu einer Immunisierung gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten.
Streng genommen verstoßen Freihandelsabkommen und -zonen gegen die Grundprinzipien der WTO, denn die WTO verfolgt das Prinzip der Meistbegünstigung, nach dem alle WTO-Mitglieder die gleichen Handelsvorteile erhalten sollen, um Diskriminierungen auszuschließen. Ein bilaterales Abkommen vereinbart jedoch nur Regeln und Vergünstigung zwischen zwei Vertragsparteien, ein plurilaterales Abkommen dagegen zwischen einer ausgewählten Gruppe von Mitgliedern. In beiden Fällen ist die Liberalisierung auf multilateraler Ebene nicht mehr gegeben ist. Eine Ausnahmeregelung für Freihandelsabkommen sieht das GATT in Art. XXIV GATT vor.
Das Committee on Regional Trade Agreements (CRTA) setzt sich explizit mit den regionalen Handelsabkommen auseinander und nimmt in regelmäßigen Abständen Überprüfungen der einzelnen Abkommen vor. Um die Transparenz der RTA zu erhöhen und ihre Auswirkungen auf das multilaterale System einordnen zu können, vereinbarten die WTO-Mitglieder einen (vorläufigen) Transparency Mechanism for RTAs. Dieser sieht unter anderem vor, dass RTA frühzeitig angekündigt werden, damit diese im Rahmen einer größeren Runde von WTO-Mitgliedern diskutiert werden können.
GTAI berichtet über aktuelle Überprüfungen von Abkommen.