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Branchen | Westafrika | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Ausbau der Wertschöpfungsketten in Westafrika

Trotz schwieriger Zeiten wird in Westafrika vielerorts in die Nahrungsmittelverarbeitung investiert. Das Engagement von Unternehmen ist allerdings ungleichmäßig verteilt.

Von Corinna Päffgen, Wolfgang Karg | Accra, Abidjan

Hohe Preise belasten Verbraucher in Ghana

Unternehmen und Verbraucher leiden derzeit unter einer auch für Ghana sehr hohen Inflation von fast 30 Prozent, die höchste seit fast 20 Jahren. Die hohe Importabhängigkeit bei Lebensmitteln, inklusive Grundnahrungsmittel wie Reis, Weizen aber auch Fleisch, rächt sich nun. Nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine reibt die Preise nach oben. Trotz der schwierigen Zeiten haben Unternehmen weiterhin Vertrauen und glauben an das Potenzial des ghanaischen Marktes sowie Ghana als Standort in der Region. 

Der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé hat erst kürzlich seine Produktionsanlage für Cerealien für Kleinkinder mit einem Investment von 22 Millionen US-Dollar (US$) ausgebaut. Von Ghana aus soll die gesamte Region West- und Zentralafrika beliefert werden.

„Better chicken for a better future“ heißt ein neues, auf 3 Jahre angelegtes Projekt der NGO Solidaridad zur Unterstützung des Aufbaus von mehr lokaler Wertschöpfung in der Geflügelindustrie. Das Programm ist Bestandteil der Regierungskampagne „Rearing for Foods and Jobs“, die zur Verringerung der Importabhängigkeit im Lebensmittelsektor die lokale Produktion ankurbeln möchte. Finanziert wird das Programm mit Mitteln der Netherlands Enterprise Agency. Das Vorhaben richtet sich an rund 500 Landwirte, die Schulungen zur Geflügelhaltung, Betriebsführung und Finanzmanagement sowie den Zugang zu Produktionsmitteln wie Eintagsküken, Futter- und Hygienemittel erhalten.

Ghanaischer Obst- und Gemüseverband möchte Produkte für den Export fit machen

Die Vegetable Producers and Exporters Association of Ghana (VEPEAG) und die Ghana Association of Vegetable Exporters (GAVEX) haben sich zusammengeschlossen, um die Produktion und Versorgung mit hochwertigem Obst und Gemüse für den lokalen und den Exportmarkt zu steigern. Dabei werden sie vom HortiFRESH-Programm unterstützt, das in Ghana und Côte d'Ivoire einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Obst- und Gemüsesektor aufbauen möchte. Gefördert wird das Programm von der Botschaft der Niederlande.

Vor allem die EU eignet sich als Exportmarkt. Erleichtert wird der Handel durch das Interims-Wirtschaftsabkommen Economic Partnership Agreement mit der EU, nach dem Ghana den zollfreien und kontingentfreien Zugang zum EU-Markt erhält. Das Abkommen begünstigt ghanaische Exporte bereits seit 2016, EU-Exporte sind seit 2020 präferenzbegünstigt.

Nigeria erhält Gelder zur Bekämpfung drohender Lebensmittelknappheit 

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (World Food Programme, WFP) schlägt hinsichtlich der Ernährungssituation Alarm. Nach Einschätzung des WFP und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization) sind etwa 20 Millionen Nigerianer von akuter Ernährungsunsicherheit bedroht. Vor allem die Bundesstaaten im Norden sind neben steigender Preise für Lebensmittel durch zunehmende Aufstände und Konflikte sowie Auswirkungen des Klimawandels betroffen. 

Die USA planen deshalb 55 Millionen US$ in Nigerias Agrarsektor zu investieren. Die Gelder werden über die Entwicklungsagentur USAID im Rahmen der Landwirtschafts- und Ernährungsprojekte verwaltet.

Große Unterstützung kommt zudem von der EU. Die Team Europe Initiative (TEI) hat ein 1,3 Milliarden Euro schweres Green Energy-Projekt zur Förderung einer nachhaltigen, klimafreundlichen Landwirtschaft und erneuerbaren Energien aufgelegt. Insgesamt 60 Projekte entlang der Wertschöpfungskette des Agrar- und Energiesektors werden im Rahmen des Programms durchgeführt. Die dringend erforderliche Diversifizierung der Wirtschaft soll somit durch die Verbesserung des Zugangs zu erneuerbaren Energien unterstützt und vorangetrieben werden.

Gleichzeitig ist die Integration der Kreislaufwirtschaft vorgesehen. Die Klimaziele - die national festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDC) -  zu denen sich Nigeria verpflichtet hat, sehen unter anderem die Reduktion von Treibhausgasemissionen um 20 Prozent bis zum Jahr 2030 vor. Das Green Energy Project ist somit wichtige Maßnahme bei der Umsetzung der Klimaagenda zur Erreichung der Klimaziele.

Daneben nehmen private Investitionen im Lebensmittelsektor langsam zu. Das nigerianische Unternehmen Psaltry International hat kürzlich im Bundesstaat Oyo die erste Sorbitol-Fabrik des Landes mit einer Produktionskapazität von 24 Tonnen pro Tag eröffnet. Das Sorbitol wird aus Maniok hergestellt und kann vielseitig verwendet werden. Es kann Kosmetika oder Zahnpasta feucht halten, als Süßungsmittel in Lebensmitteln und als Trägerstoff für Aromen und Vitaminen dienen. Die neue Fabrik wird schätzungsweise 25.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze schaffen und 10.000 Bauern in der Region stärken. Zudem können rund 10 Millionen US$ an Devisen eingespart werden, da Sorbitol nicht mehr importiert sondern lokal hergestellt wird. Größter Abnehmer des Produktes wird der multinationale Konzern Unilever sein, der im Rahmen seiner Beschaffungsstrategie beabsichtigt, importierte durch lokale Rohstoffe zu ersetzen.

Mehr Wertschöpfung bei Cash Crops und Fisch in Côte d'Ivoire

In der Elfenbeinküste sollen mehr Kakao, Cashewnüsse und Kautschuk vor Ort verarbeitet werden. Der Ausbau der lokalen Verarbeitung von ivorischem Kakao ist bereits im Gange. Allein JB Foods aus Singapur investiert umgerechnet mehr als 63 Millionen Euro in Anlagen, um jährlich 50.000 Tonnen Kakaobohnen zu verarbeiten. Bei Cashewnüssen werden bis Ende 2023 mindestens acht Werke zur Weiterverarbeitung errichtet. Royal Nuts aus Singapur will 400.000 Tonnen im Land verarbeiten, statt wie bislang in Asien. Côte d'Ivoire erntet insgesamt rund eine Million Tonnen Cashewnüsse pro Jahr. Auch Valency International Trading aus Singapur investiert in Anlagen zur Verarbeitung der Nüsse. Dabei erhält das Unternehmen eine Finanzspritze von Finnfund. Aldi Süd arbeitet in der Elfenbeinküste mit dem Unternehmen Cashew Coast in einem Pilotprojekt zusammen, um die Nachhaltigkeit und Transparenz der Lieferkette zu gewährleisten.

Die Elfenbeinküste setzt auch auf den Ausbau des Anbaus und der Weiterverarbeitung von Naturkautschuk. Denn der Anbau in einigen Anbaugebieten in Südamerika und Asien stagniert aufgrund von Pflanzenkrankheiten und nicht nachhaltiger Bewirtschaftung. Bis 2027 sollen in Côte d'Ivoire weitere 100.000 Hektar mit Hevea-Bäumen bepflanzt werden. Auf insgesamt 800.000 Hektar soll die Kautschukproduktion damit gesteigert werden. Auch eine verstärkte Weiterverarbeitung des Kautschuks soll im Land gefördert werden.

Im wasserreichen Landesinneren der Elfenbeinküste wird auch der Ausbau der Fischzucht und -verarbeitung vorangetrieben. Dazu werden mehrere Wirtschaftszonen für nachhaltige Aquakultur (ZEAD) in Binnengewässern geschaffen. Erste Pilotfarmen zur Fischzucht entstehen bereits an den Seen Lac Koubi, am Lac Loka und in Grand Lahou. Von vermehrten Investitionen in Verarbeitungsanlagen für Fisch sowie benötigte Kühlketten in Côte d'Ivoire ist auszugehen. 

Auch Senegal setzt auf mehr Weiterverarbeitung im Land 

Im Senegal will der Staatskonzern Sonacos die Verarbeitung von Erdnüssen und anderen Feldfrüchten zu Pflanzenöl ausbauen. Neben Öl aus Erdnüssen werden auch Sonnenblumen, Sesam, sowie Kokos- und Cashewnüsse verarbeitet. Dazu soll verstärkt in Maschinen- und Anlagen zur Weiterverarbeitung investiert werden. 

Auch der Fruchtsektor im Senegal wächst. Teilweise noch unzuverlässige Logistikketten sowie die Gefahr von Fruchtfliegenbefall stellen den Sektor noch vor große Herausforderungen. Dennoch ist von verstärkten Investitionen bei Anbau, Logistik und Weiterverarbeitung von Frischeprodukten auszugehen.  

Ausbau der Palmölproduktion in Westafrika umstritten

Angesichts der globalen Unsicherheiten in der Lebensmittelversorgung setzen mehrere Länder Westafrikas auf mehr Anbau von Ölpalmen. Indonesien hatte mit einem zeitweisen Stopp des Palmölexports die internationalen Märkte verunsichert. Trotz der vielfach geäußerten Kritik an für Palmöl nötigen Monokultur-Plantagen, spielt der Agrarrohstoff in der globalen Nahrungsmittelproduktion eine wichtige Rolle. Selbst Länder wie Kamerun, die den Anbau von Ölpalmen stark ausgeweitet haben, können bislang ihren Eigenbedarf nicht ausreichend decken. Gegen Pläne des lokalen Unternehmens Camvert, umstrittene neue Plantagen zu errichten, gab es massive Proteste. Dennoch wird der nachhaltige Anbau von Palmöl ausgeweitet werden müssen. Gabun wird seine Palmölproduktion von 2020 bis 2024 um rund 50 Prozent auf rund 130.000 Tonnen pro Jahr ausweiten. Federführend ist Olam International aus Singapur. 

In der Demokratischen Republik Kongo hat Plantations et Huileries du Congo (PHC) mehrere Investoren an Land gezogen. Der größte Palmölproduzent des Landes will mit den Finanzgebern in Anbau und Weiterverarbeitung investieren. Haupteigner sind der Investmentfonds KKM aus Mauritius und der kongolesische Staat.

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