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Wirtschaftsumfeld | USA | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Trotz steigender Erwerbslosigkeit bleibt für viele Unternehmen der Fachkräftemangel ein ernsthaftes Problem. Das trifft insbesondere auf technische Berufe in der Industrie zu. 

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Am US-Arbeitsmarkt zeichnen sich seit dem Frühjahr 2025 deutliche Bremsspuren ab. Grund dafür ist Donald Trumps Handelspolitik, die bei Unternehmen und Haushalten ein starkes Gefühl der Verunsicherung ausgelöst hat. Investitionen und Konsum schwächeln. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich 2025 und 2026 gegenüber den Jahren 2023 und 2024 auf rund 1,5 Prozent halbieren.

Alle Indikatoren und Prognosen weisen auf eine stetige Verschlechterung der Arbeitsmarktsituation hin. Die Erwerbslosenquote lag im August 2025 bei 4,3 Prozent, berichtet das Bureau of Labor Statistics. Damit bewegt sie sich immer noch relativ nahe an der Grenze zur Vollbeschäftigung. Doch die Zeiten, in denen sich die Bevölkerung keine Sorge um ihren Arbeitsplatz machen musste, sind damit eindeutig vorbei.

Absolventen mit Problemen beim Berufseinstieg

Das zeigt sich insbesondere bei den Schul- und Universitätsabsolventen. Laut übereinstimmenden Medienberichten und Erzählungen von Studierenden ist es für sie extrem schwer geworden, ihre erste Stelle zu finden. Man trifft zunehmend auf Studienabgänger, die ein ganzes Jahr als Praktikant angestellt sind. Der Grund ist simpel: Viele Unternehmen entlassen zwar kein Personal, um wertvolle Fachkräfte zu halten. Dafür stellen sie aber auch keine Mitarbeiter ein. Analysten sprechen dabei von einer Praxis des "no-hire, no-fire".

Daher gab es zum Sommer 2025 erstmals seit dem Pandemiejahr 2021 mehr Arbeitslose als Stellenangebote. Zugleich ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen (die mehr als ein halbes Jahr eine Stelle suchen) im August 2025 um ein Viertel gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Zwischen April und August 2025 wurden praktisch keine Stellen mehr neu geschaffen, urteilte das Bureau of Labor Statistics.

Selbst Branchen, die gegen den Trend wachsen, nehmen Abstand vom Stellenaufbau. Die großen IT-Konzerne bauen sogar Beschäftigung ab, obwohl sie Hunderte von Milliarden US-Dollar in Zukunftstechnologien wie die künstliche Intelligenz (KI) oder Rechenzentren investieren. Google, Microsoft, Meta und Amazon haben bereits entsprechende Schritte unternommen oder angekündigt.

Migrationspolitik verschärft Fachkräftemangel

Trotzdem dürfte sich in Sachen Fachkräftemangel keine wesentliche Besserung einstellen. Ganz im Gegenteil: Trumps striktere Immigrations- und Abschiebepolitik dürfte die Lage eher noch verschärfen. Denn viele Migranten arbeiten – oft illegal – in handwerklich-technischen Berufen, etwa in der lebensmittelverarbeitenden Industrie.

Die produzierende Industrie hat ein ernsthaftes Rekrutierungsproblem. Bereits im 3. Quartal 2024 konnte etwa jede fünfte Fabrik ihre Produktionskapazität nicht wie gewünscht auslasten, weil Arbeitskräfte fehlten. Dies geht aus einer Publikation des Fachportals Supply Chain Management Review hervor. In der Metall- und Kfz-Industrie fiel die Quote überdurchschnittlich hoch aus.

Die im September 2025 mittels eines Präsidentendekrets erfolgte Einführung einer Gebühr von 100.000 US-Dollar (US$) für das Fachkräftevisa H-1B dürfte vor allem Technologiekonzerne hart treffen. Denn bei den meisten Antragstellern handelt es sich um IT-Spezialisten (der Großteil von ihnen aus Indien). Jährlich werden 65.000 entsprechende Visa vergeben. Viele der Fachkräfte bleiben Jahre oder Jahrzehnte im Land. Inzwischen sollen es über 1 Million sein.

Deutsche Unternehmen in den USA bewerten in Umfragen der Auslandshandelskammern (AHK USA) den Fachkräftemangel als eines der größten Probleme. Manche müssen sogar ihre Expansionspläne zurückschrauben, weil nicht genug Mitarbeiter zu finden sind. Das trifft insbesondere auf die verarbeitende Industrie zu. Damit stehen die Firmen vor einem Dilemma, denn wegen der US-Zölle müssten sie eigentlich mehr Wertschöpfung in den USA erbringen und ihre lokale Fertigung ausweiten.

Nur 8 Prozent arbeiten noch im produzierenden Gewerbe

Über 90 Prozent der US-Arbeitnehmer sind traditionell im Dienstleistungssektor tätig. In der verarbeitenden Industrie waren es Mitte 2025 knapp 8 Prozent, Tendenz weiter fallend. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Quote fast dreimal so hoch. Das Interesse an einer Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe ist gering. Die Finanz- und IT-Branche sowie Anwaltskanzleien locken mit höheren Gehältern, einem besseren Image und der Möglichkeit zum Homeoffice, berichtet Tilman Bender, Geschäftsführer der Führungskräftevermittlung TH Bender. 

Ebenso mangelt es an der Bereitschaft, eine technische Ausbildung zu absolvieren. Ein Bachelor-Abschluss an einer Universität genießt ein viel besseres Image. Ingenieursstudiengänge werden zudem überdurchschnittlich stark von ausländischen Studierenden belegt. In einigen Bereichen – Umwelttechnik oder Energieeffizienz – gibt es zum Teil keine gezielten Studiengänge. Zugleich fehlt in den USA ein flächendeckendes System der Berufsausbildung. 

Für einige Berufe gibt es am Arbeitsmarkt gar kein Angebot, berichten etwa deutsche Automobilzulieferer. Sie müssen das Problem mit Hilfe von eigenen Weiterbildungsangeboten und viel Eigeninitiative lösen – teils in enger Zusammenarbeit mit anderen Firmen. Dabei leisten die deutschen Auslandshandelskammern Hilfestellung. In Chicago, New York und Atlanta fördern sie die Kooperation zwischen lokalen Bildungseinrichtungen und Ausbildungsbetrieben.

Großer Mangel an Maschinenbauern und qualifizierten Handwerkern

Auch qualifizierte Handwerker sind schwer zu finden. Die allermeisten Kräfte verfügen über keine geregelte Ausbildung, verlangen aber Stundenlöhne, die deutlich über dem deutschen Niveau liegen. Da es in etlichen Sparten des US-Maschinenbaus zu wenig einheimische Hersteller gibt, sind ausgebildete und erfahrene Maschinenführer nur sehr schwer am Markt zu bekommen und entsprechend teuer. Aber auch in weniger qualifizierten Berufen fehlen Arbeitskräfte. Viele einfache Tätigkeiten werden hier von Migranten ausgeübt.

USA im weltweiten Vergleich

Diese Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

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