Bericht Wirtschaftsumfeld Indonesien Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
In Indonesien sind die Löhne niedrig. Doch im Verhältnis zur niedrigen Produktivität bewerten viele ausländische Unternehmen sie als zu hoch. Die Mindestlöhne steigen jährlich.
16.05.2024
Von Frank Malerius | Jakarta
Indonesien ist kein klassisches Niedriglohnland mehr. Denn die indonesische Wirtschaft ist seit der Jahrtausendwende, trotz der zwischenzeitlichen Coronakrise, durchschnittlich um real 5 Prozent pro Jahr gewachsen und hat enorme Wohlstandszuwächse geschaffen. Diese Entwicklung hat Arbeitskraft deutlich verteuert. Hinzu kommen die politisch verordneten jährlichen Mindestlohnsteigerungen, die auf lokaler Ebene von Städten und Landkreisen festgelegt werden. Sie richten sich nach einer Formel aus Wirtschaftswachstum und Inflation und lagen in der Vergangenheit oft deutlich über der allgemeinen Wachstumsrate.
Mit der Reform des Arbeitsrechts wurden immerhin einige Automatismen der Mindestlohnsteigerung beendet. Branchenspezifische Mindestlöhne sind jetzt nicht mehr explizit geregelt. Es ist jedoch weiterhin möglich, dass ein sektoraler Mindestlohn für bestimmte Industriezweige festgelegt wird.
Hohe Mindestlöhne im Großraum Jakarta
Bei den monatlichen Mindestlöhnen gibt es regional erhebliche Unterschiede: In Karawang, dem Standort der Automobilindustrie östlich von Jakarta, liegen sie 2024 bei umgerechnet etwa 340 US-Dollar (US$), in Zentraljava mancherorts bei nur etwa 130 US$. Doch diese Werte sind nur Momentaufnahmen, denn zuletzt war die Rupiah ausgesprochen volatil. Während der Coronakrise verlor sie binnen weniger Wochen gegenüber dem US-Dollar um 20 Prozent an Wert – und gewann diese Verluste ebenso schnell wieder zurück. Im Jahresdurchschnitt 2023 verlor die Rupiah gegenüber dem US-Dollar 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Der gesetzliche Mindestlohn hat gesamtwirtschaftlich nur eine geringe Bedeutung. Nur ein kleiner Anteil der Beschäftigten kann ihn in Anspruch nehmen. De facto gilt der Mindestlohn überwiegend für Staatsunternehmen, größere Industriebetriebe und ausländische Firmen. Dabei lässt sich ein hoher städtischer Mindestlohn über Leiharbeit oder Standorte in der Peripherie umgehen. Die allermeisten Indonesier sind aber in kleinen und Kleinstunternehmen tätig, oftmals im informellen Sektor. Sie unterliegen damit keiner Regelung.
Große Spreizungen bei Gehältern
Die regionalen und sektoralen Unterschiede bei Löhnen und Gehältern sind groß, verschiedene Quellen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Laut der International Labour Organisation (ILO) werden in Indonesien im Finanzsektor und in der IT-Branche die höchsten Löhne gezahlt. Die niedrigsten gibt es in der unterentwickelten Landwirtschaft, die allerdings fast ein Drittel der Erwerbstätigen beschäftigt. Sie ist kleinbäuerlich geprägt und gering technisiert und leidet unter der Landflucht junger Menschen. Überdurchschnittliche Gehälter werden nach Angaben von lokalen Quellen hingegen im Öl- und Gassektor gezahlt.
Akademisch ausgebildete Fachkräfte sind in Indonesien zwar vergleichsweise günstig. Aber in Bereichen, in denen die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt, wie etwa bei IT-Fachkräften, schießen die Summen schnell in die Höhe. Für Programmierer mit mehrjähriger Berufserfahrung sind Monatsgehälter von mehr als 2.000 US$ keine Seltenheit.
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 136 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 72 |
Verarbeitendes Gewerbe | 124 |
Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 200 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 109 |
Baugewerbe | 126 |
Groß und Einzelhande, Reperatur von Kfz | 118 |
Transport und Lagerhaltung | 164 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 118 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 275 |
Finanz- und Versicherungswesen | 238 |
Noch breiter ist die Streuung bei den Positionen. Die ILO gibt Durchschnittswerte an, die teils unter den Mindestlöhnen liegen. In internationalen Unternehmen liegt die Gehaltsstruktur deutlich darüber. Nach Schätzungen der Deutsch-Indonesischen Auslandshandelskammer verdient eine Geschäftsführung einer größeren Niederlassung zwischen 14.000 und 40.000 US$ im Monat. Bei einer kleineren Zweigstelle sind es immer noch 5.000 bis 10.000 US$.
Position | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 181 |
Führungskraft | 450 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 232 |
Techniker:in | 307 |
Unterstützende Bürokraft | 244 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 156 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 110 |
Handwerker:in | 155 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 209 |
Hilfskraft | 121 |
Weitere Lohnbestandteile
Die gesetzliche Arbeitszeit beträgt 40 Wochenstunden und ist auf fünf oder sechs Tage verteilt. Es wird ein 13. Monatsgehalt zum islamischen Zuckerfest nach dem Fastenmonat Ramadan ("Idul Fitri") gezahlt. Zusätzlich erhalten die Arbeitnehmer zu Beginn des neuen Jahres in vielen Unternehmen einen Bonus, dessen Höhe vom Unternehmenserfolg und der individuellen Leistung abhängt. Er kann bis zu drei Monatsgehälter ausmachen. Daneben bekommen viele Angestellte Zulagen (für Transport und Mittagessen) in Höhe von 50.000 bis 90.000 Rupiah (circa 3,00 bis 6,00 US$) pro Anwesenheitstag. Auch gibt es Zuschüsse für die Krankenversicherung der Familie.
Für ausländische Entsandte höherer Positionen müssen in der Regel Miete (teilweise) und Schulgeld (vollständig) sowie Wagen mit Fahrer bezahlt werden. Die Monatsmieten für Wohnungen und Häuser mit westlichem Standard liegen zwischen 2.500 und 5.000 US$. Das Schulgeld beläuft sich pro Kind auf 1.500 bis 2.000 US$ im Monat.
Arbeitgeber zahlt Sozialversicherungsbeiträge
Die Kosten für die soziale Absicherung des Arbeitnehmers werden überwiegend vom Arbeitgeber getragen. Dies gilt für die Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung. Aufgrund der niedrigen Gesamtabzüge können viele Arbeitnehmer mehr als 90 Prozent ihres Bruttogehaltes mit nach Hause nehmen. Dabei kommt ihnen auch die geringe Steuerbelastung zugute. Laut Finanzministerium zahlen kaum mehr 10 Prozent der Bevölkerung überhaupt Einkommensteuer.
Versicherung | Arbeitgeberanteil |
---|---|
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 3,7 |
Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil) | maximal 120.000 Rupiah |
Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz (Arbeitgeberanteil) | Mutterschutz: 3 Monate bezahlte Freistellung, im Krankheitsfall gestaffelte Abgabenregelung (je nach Unternehmen) |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | - |
Sonstige Versicherungen (Arbeitgeberanteil) | 0,3 (Lebensversicherung) |