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Recht kompakt | WTO | GATS

Was regelt das GATS?

Das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) enthält im Kern drei Regelungen. Wie helfen sie bei der Internationalisierung des Dienstleistungshandels?

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Die drei wichtigsten materiellen Regelungen im GATS sind der Meistbegünstigungsgrundsatz, sowie Marktzugang und Inländerbehandlung. Systematisch unterscheiden sie sich in einer Hinsicht: Der Meistbegünstigungsgrundsatz gilt direkt und unmittelbar (wobei es auch hier Ausnahmen geben kann), während Marktzugang und Inländerbehandlung nur im Rahmen der konkreten Verpflichtungen gelten, die die Länder in ihren Listen (im englischen Original: "schedules") eingehen.

Was ist der Meistbegünstigungsgrundsatz?

Der Meistbegünstigungsgrundsatz ("Most-Favoured-Nation") ist eine so genannte "allgemeine Pflicht". Er ist eine ganz grundlegende und fundamentale Regelung im Bereich des Welthandels. Für Dienstleistungen findet sich dieser Grundsatz in Artikel II GATS. Aber was ist der Inhalt dieser Regelung? Kurz gesagt: Ein WTO-Mitglied darf nicht eines oder mehrere andere Mitglieder "herauspicken" und besser behandeln als die anderen. Vergünstigungen müssen entweder allen gewährt werden, oder niemand darf in ihren Genuss kommen. Ein Beispiel: Angenommen Deutschland öffnete den USA seinen Markt für Finanzdienstleistungen, dann hätten alle anderen WTO-Mitglieder automatisch und unverzüglich ebenfalls Anspruch auf diesen Marktzugang.

Exkurs: innerstaatliche Regulierung

Die Vorschrift des Artikel VI GATS gehört auch zu den allgemeinen Pflichten, ist also unabhängig von den Festlegungen der Mitgliedsstaaten in den Listen. Hier geht es um Maßnahmen, die nicht den Marktzugang betreffen oder diskriminierend sind, aber trotzdem den Handel beeinträchtigen können: übermäßig komplizierte und restriktive Regulierungsvorschriften. Insofern sieht Artikel VI:1-3 GATS diverse verfahrensrechtliche Anforderungen vor. Objektivität und Unparteilichkeit, Verhältnismäßigkeit und eine angemessene Verfahrensdauer gehören hier ebenso hin wie ein Anspruch auf eine unabhängige juristische Überprüfung behördlicher Entscheidungen.

Was versteht das GATS unter "Marktzugang"?

Marktzugang (im englischen Original: "Market Access") bedeutet: Dienstleistungen / Dienstleister aus einem anderen Mitgliedstaat haben vom Grundsatz her Anspruch darauf, den Markt des anderen Mitgliedsstaates zu erschließen, aber nur, wenn und soweit dies in den Listen geregelt ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Ist eine Dienstleistung nicht in der Liste erwähnt, gibt es für diese Dienstleistung auch keinen Anspruch auf Marktzugang. Die Listen sind also für die Frage des Marktzugangs von ganz entscheidender Bedeutung. 

Bezüglich derjenigen Dienstleistungen, die in den Listen erwähnt sind, regelt Artikel XVI:2 GATS, dass bestimmte Arten von Maßnahmen unzulässig sind, es sei denn, diese sind ausdrücklich als Ausnahme oder Beschränkung in der Liste genannt. Dies betrifft vor allem bestimmte quantitative (zum Beispiel Beschränkung der Anzahl der Dienstleistungserbringer) und qualitative Beschränkungen (zum Beispiel Vorschrift bestimmter Arten rechtlicher Unternehmensformen).   

In der Praxis hat die - eigentlich abschließende - Liste der Maßnahmen in Artikel XVI:2 GATS einige Ergänzungen erfahren. So sind auch Staatsangehörigkeitserfordernisse eine quantitative Beschränkung, denn sie wirkt als "Null-Quote", also wie ein faktisches Verbot für ausländische Dienstleister. Außerdem kann auch eine regulatorische Entscheidung eines WTO-Mitglieds, zum Beispiel das Verbot einer bestimmten Geschäftsaktivität, das häufig auch für inländische Anbieter gilt, ein Verstoß gegen das Verbot aus Artikel XVI:2 GATS sein, wenn sich das Mitglied für diese Aktivität zur Gewährung von Marktzugang verpflichtet hat. In solchen Fällen kann allerdings oft eine Rechtfertigung gemäß Artikel XIV GATS in Betracht kommen.

Was bedeutet "Inländerbehandlung"?

Die Inländerbehandlung (im englischen Original: "National Treatment") ist in Artikel XVII GATS vorgesehen. Sie verbietet die Diskriminierung einer ausländischen Dienstleistung im Vergleich zu einer gleichartigen inländischen Dienstleistung. Entsprechendes gilt für die Erbringer von Dienstleistungen. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn eine oder mehrere Maßnahmen Wettbewerbsbedingungen verändern, und zwar zu Gunsten inländischer Dienstleistungen beziehungsweise inländischer Dienstleistungserbringer.

Um herauszufinden, ob eine Diskriminierung vorliegt, muss man ein Vergleichspaar bilden. Dann vergleicht man die Behandlung der inländischen mit derjenigen der ausländischen Dienstleistung, und zwar exakt nach Sektor (die genaue Dienstleistung) und Modus (die Erbringungsart). Eine Diskriminierung liegt vor, wenn die Ungleichbehandlung inländische Dienstleister bevorzugt. Sie kann sowohl in einer juristischen, formellen Ungleichbehandlung als auch in einer faktischen, materiellen Ungleichbehandlung bestehen. 

Auch hier können in den Listen des jeweiligen Mitgliedsstaates Begrenzungen vorgesehen sein, die eine Diskriminierung ausdrücklich vorsehen. Und die Diskriminierung ist nur dann verboten, wenn die Liste für die konkrete Dienstleistung ein Marktzugangsversprechen vorsieht. Außerdem kann es im Einzelfall Ausnahmen geben. 

Welche Ausnahmetatbestände gibt es?

In Artikel XIV gibt das GATS den WTO-Mitgliedern Möglichkeiten, in konkreten Fällen von ihren Verpflichtungen abzuweichen. Allerdings darf eine solche Abweichung nicht dazu führen, dass Diskriminierungen oder verdeckte Beschränkungen für den Handel mit Dienstleistungen implementiert werden.  

Abweichungen sind insbesondere möglich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Moral und Ordnung, zum Schutz der Gesundheit nicht nur der Menschen, sondern auch der Tiere und Pflanzen, oder zum Zwecke des Datenschutzes. Die Maßnahmen müssen aber immer erforderlich sein. Das heißt: Es darf kein milderes, gleich wirksames Mittel geben, den legitimen Zweck zu erreichen.



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