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Hohe Zuwächse der Nachfrage nach Hybrid- und Elektrofahrzeugen erwartet. Inlandsnachfrage ist bislang vor allem bei E-Pkw gering.
01.03.2021
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Mit zunehmendem Umweltbewusstsein wächst in der Türkei der Verkauf von Elektro- und Hybridfahrzeugen rasant, allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau. Ende November 2020 waren laut türkischer Statistikbehörde (TÜIK) landesweit 33.874 Elektro- und Hybridautos zugelassen. Ein Großteil dieser Fahrzeuge wurde 2020 neu angemeldet.
Dem türkischen Verband der Automobilvertiebsfirmen ODD zufolge wurden 2020 insgesamt 844 Elektro- (+280 Prozent) und 22.272 Hybridautos (+86 Prozent) verkauft. Nach Angaben des Internetportals des Verbands für Elektro- und Hybridfahrzeuge TEHAD (Turkey Electric & Hybrid Vehicles Association) wurden zusätzlich 736 reine Elektrofahrzeuge über Parallelimporte im Graumarkt verkauft. Der Verband der Automobilindustrie OSD rechnet mit wachsenden türkischen Exporten durch eine steigende Nachfrage nach Hybrid- und insbesondere Elektrofahrzeugen in der EU im Rahmen des „Green Deal“.
Weiter Fahrt aufnehmen wird das Thema Elektromobilität, wenn das erste türkische E-Auto vom Band läuft. Das soll einer neuer SUV Ende 2022 sein. Projektträger ist das Unternehmen TOGG (Türkiye’nin Otomobili Girisim Grubu Sanayi ve Ticaret A. S.). An ihm sind fünf Firmen (BMC, Turkcell, Anadolu-Gruppe, Zorlu-Holding, Kiraca-Holding) zu je 19 Prozent und die Türkische Union der Handelskammern und Börsen (TOBB) zu 5 Prozent beteiligt.
TOGG wäre die erste türkische Automarke, nicht nur im E-Segment, sondern überhaupt. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan schenkt dem Projekt deshalb besondere Aufmerksamkeit. Der Staat fördert TOGG unter anderem mit steuerlichen Vergünstigungen, Zollbefreiungen beim Import von Ausrüstungen, kostenloser Bereitstellung von Grundstücken sowie staatlichen Zuschüssen zu den Arbeitskosten.
Es sollen zunächst jährlich 175.000 Fahrzeuge (fünf Modelle) produziert werden, vor allem für den Export. Innerhalb von zehn Jahren könnte die Fertigung auf 1 Million E-Fahrzeuge jährlich emporschnellen. Medienberichten zufolge hat TOGG zuerst den deutschen Markt im Visier, bevor Italien und Frankreich und später weitere Länder folgen sollen.
Zu Beginn der Produktion soll der Anteil der lokalen Fertigung 51 Prozent betragen und 2025 bereits 68 Prozent. Das Werk ist bereits mehrere Jahre in Planung. Der Baubeginn fällt infolge der Coronapandemie in eine schwierige Phase für die Automobilbranche weltweit. Die türkischen Automobilexporte sanken 2020 um 27 Prozent.
Das türkische Bauunternehmen Yapi Merkezi hat Ende 2020 den Zuschlag für die Errichtung des TOGG-Werkes in Gemlik in der Provinz Bursa erhalten. Baubeginn soll noch im Januar 2021 sein. Ebenfalls Ende 2020 erhielt das chinesische Unternehmen Farasis Energy den Auftrag für die Lieferung der Batterie-Zellen für die E-Fahrzeuge. Die Zellen für TOGG sollen aus einem Werk in Sachsen-Anhalt kommen, das Farasis neu aufbaut.
An der Spitze der Verkaufsliste in der Türkei 2020 standen bei den Hybridmodellen TEHAD zufolge der Toyota Corolla Hybrid (Marktanteil: 71 Prozent) und der Toyota C-HR (21 Prozent). Bei den Elektrofahrzeugen inklusive Graumarkt war der Porsche Taycan (51 Prozent) das mit Abstand beliebteste Modell, gefolgt von Mercedes-Benz EQS (13 Prozent).
Die bislang eher geringe Entwicklung des lokalen Marktes für E-Autos ist neben den hohen Anschaffungspreisen auf die noch weitgehend fehlende Infrastruktur zurückzuführen. Ende 2019 fuhren auf türkischen Straßen etwa 1.500 reine E-Autos, so Selahattin Hakman, Präsident des Zentrums für Energiewende SHURA (Enerji Dönüsüm Merkezi) im Wirtschaftsmagazin „Ekonomist“ (Ausgabe vom 29. Dezember 2019). Gleichzeitig soll es etwa 1.000 Ladestationen gegeben haben. SHURA prognostizierte einen Anstieg der Anzahl der E-Autos in der Türkei bis 2030 auf 2,5 Millionen und der Ladestationen auf 1 Million.
Stand Januar 2021
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