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Branchen | Indien | Nahrungsmittel

Branchenstruktur

Große Unternehmensgruppen dominieren die Branche, wenngleich viele kleinere Unternehmen im Markt tätig sind. Der Wettbewerb ist hart. Exporte und Investitionen nehmen zu.

Von Florian Wenke | Mumbai

Die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie ist sehr wichtig für die indische Wirtschaft. Der Subkontinent zählt zu den größten Lebensmittelproduzenten weltweit und liegt bei der Herstellung landwirtschaftlicher Erzeugnisse wie Getreide (besonders Reis und Weizen), Obst und Gemüse sowie bei Milchprodukten mit an der Spitze. Auch Fleisch wird in größerem Umfang produziert. Die Nachfrage nach alkoholischen Getränken wächst ebenfalls und die Produktion vor Ort nimmt zu. Trotz der enormen wirtschaftlichen Bedeutung hinkt die Branche bei Effizienz und Verarbeitungstiefe im internationalen Vergleich noch oft hinterher. Volkswirte schätzten vor der Pandemie, dass weniger als 10 Prozent der hergestellten Lebensmittel auch verarbeitet werden. Obst und Gemüse zum Beispiele nur zu 2 Prozent, Milch hingegen zu 35 Prozent. Mittlerweile dürften die Werte aber gestiegen sein. 

Produktion ausgewählter Nahrungsmittel in Indien (in Millionen Tonnen; Veränderung im Vergleich zur Vorperiode in Prozent)

Produkt

2021/2022

2022/2023*

Veränderung

Zuckerrohr

439,4

468,8

6,7

Getreide

288,3

295,7

2,6

Milch und Milchprodukte

221,1

-

-

Gemüse

204,8*

-

-

Obst

107,2*

-

-

Ölsaaten

38,0

40,0

5,4

Hülsenfrüchte

27,3

27,8

1,9

Fisch und Meeresfrüchte

16,2

-

-

Gewürze

10,8*

-

-

Fleisch

9,3

-

-

Finanzjahre jeweils vom 1. April bis 31. März; * Werte vorläufigQuelle: Ministry of Agriculture and Farmers Welfare 2023; Department of Fisheries 2022; Ministry of Fisheries, Animal Husbandry & Dairying 2023

Nahrungsmittelbranche ist ein wichtiger Arbeitgeber

Laut letztverfügbaren Daten des National Statistical Office gab es 2020 in Indien fast 40.400 registrierte Fabriken für die Nahrungsmittelverarbeitung. Die meisten davon liegen in den Bundesstaaten Andhra Pradesh, Tamil Nadu, Telangana und Maharashtra. Rund die Hälfte der Unternehmen befassten sich mit dem Mahlen von Getreide. Hier zählt der Bundesstaat Punjab ebenfalls zu den wichtigen Unternehmensstandorten. Mit deutlichem Abstand folgen die Herstellung von Ölen und Fetten sowie die Produktion von Getränken beziehungsweise Milch und Milchprodukten. Insgesamt beschäftigt die Branche fast 2 Millionen Personen und ist damit einer der wichtigsten Arbeitgeber.

Anzahl an Unternehmen und Beschäftigten nach Bereichen der indischen Nahrungsmittelindustrie

Bereich

Anzahl Unternehmen

Beschäftigte

Herstellung von gemahlenen Getreideprodukten und Stärke

20.102

358.770

Herstellung von pflanzlichen sowie tierischen Fetten und Ölen

2.914

113.386

Herstellung von Getränken

2.311

187.494

Herstellung von Milchprodukten

2.159

214.845

Verarbeitung von Obst und Gemüse

1.298

77.810

Verarbeitung von Fisch und Meeresfrüchten

654

101.211

Verarbeitung von Fleisch

153

25.635

Sonstige

10.802

876.546

Insgesamt

40.393

1.955.697

Quelle: National Statistical Office 2022

Große Unternehmen dominieren

Viele der Firmen sind Klein- und Kleinstunternehmen. Auch der quantitativ nur schwer erfassbare informelle Sektor spielt bei der Verarbeitung von Lebensmitteln eine wichtige Rolle. Dominiert wird die Nahrungsmittelindustrie aber von großen indischen Unternehmen (darunter ITC, Parle Agro, MTR Foods, Britannia Industries, Amul, Haldiram) und multinationalen Herstellern wie Nestlé, PepsiCo, Mondelez, Coca-Cola und Unilever. 

Seit Ende 2022 mischt nun auch das größte Industriekonglomerat Indiens, Reliance, im Lebensmittelbereich mit. Mit der Eigenmarke Independence und einer aggressiven Preisstrategie versucht das Unternehmen derzeit, Marktanteile im Bereich der Markenlebensmittel zu erobern. Im Angebot befinden sich lokal gängige Grundnahrungsmittel wie beispielsweise Speiseöle, Salz, Zucker oder auch Hülsenfrüchte. Zudem brachte Reliance Anfang 2023 die Campa Cola zurück. Die Marke ist indischen Konsumenten aus den 1970er und 1980er Jahren als Softdrink bekannt. Mit sehr niedrigen Preisen versucht Reliance derzeit den Softdrinkmarkt aufzumischen. Ein harter Kampf um Marktanteile über die Preise ist in Indien durchaus üblich.  

Fisch steht im Fokus

Sehr positiv entwickelt sich die Branche rund um Fisch und Meeresfrüchte. Laut offiziellen Angaben ist Indien mittlerweile mengenmäßig der drittgrößte Fischproduzent weltweit und liegt bei der Herstellung von Meeresfrüchten aus Aquakulturen auf Rang zwei. Der aktuelle Staatshaushalt trägt dem Rechnung. Die Regierung hat die Mittel der zuständigen Behörde um rund 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf knapp 272 Millionen US-Dollar (US$) erhöht. Zusätzlich wird ein neues Unterstützungsprogramm im Rahmen bereits bestehender Förderung aufgelegt. Dadurch sollen Investitionen von mehr als 725 Millionen US$ in den Sektor fließen. Details dazu werden derzeit erarbeitet.

Zu den Zentren der Fischverarbeitung zählen die Bundesstaaten Gujarat, Tamil Nadu und Andhra Pradesh. Letzterer ist im Bereich der Aquakulturen mit klarem Abstand Spitzenreiter in Indien. Weil Fisch und Meeresfrüchte auch für den Export immer wichtiger werden, dürften die Kapazitäten weiter ausgebaut werden. 

Lebensmittelexporte wachsen zweistellig

Die Exporte von Nahrungsmitteln sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das Ministry of Commerce and Industry meldet für das Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) Ausfuhren von Nahrungsmitteln und Getränken in Höhe von 51,7 Milliarden US$. Das ist ein Plus in Höhe von 10,5 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Die wichtigsten Zielländer der indischen Exporte waren die USA, China, Bangladesch, die Vereinigten Arabischen Emirate und Vietnam. Importe spielen nur eine untergeordnete Rolle. Lediglich im Bereich der Pflanzenöle ist Indien stark auf Einfuhren angewiesen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Palmöl.

Indiens Außenhandel 2022/2023 mit ausgewählten Nahrungsmitteln (in Milliarden US-Dollar)

Exporte

Wert

Importe

Wert

Reis (inklusive Basmati)

11,1 

Pflanzenöle

20,8

Fisch und Meeresfrüchte

8,1

Frische Früchte

2,5

Zucker

5,8

Hülsenfrüchte

1,9

Gewürze

3,8

Cashew-Nüsse

1,8

Büffelfleisch

3,2

Gewürze

1,3

Ölkuchen

1,6

Alkoholische Getränke

0,8

Weizen

1,6

Kakaoprodukte


0,4

Finanzjahr vom 1. April bis 31. MärzQuelle: Ministry of Commerce and Industry 2023

Das seit Mitte Mai 2022 geltende Exportverbot für Weizen hat weiter Bestand und wird wohl auf absehbare Zeit nicht aufgehoben werden. Bei den Importen gab es zuletzt starke Diskussion um mögliche Einfuhren von Milchprodukten. Mitte 2022 kam es zu einem größeren Ausbruch der Lumpy-Skin-Krankheit bei Kühen im Nordwesten des Landes. Damit einhergehend stieg die Milchproduktion nicht so sehr wie die Nachfrage. Während ausreichend Milch vorhanden ist, sind die Lagerbestände von Milchprodukten wie beispielsweise Fetten und Butter niedriger als in den Vorjahren. Das löste Spekulation aus, ob die Regierung den Import dieser Produkte nun in größerem Umfang ermöglicht. Zuletzt war dies 2011 geschehen. Eine Entscheidung darüber steht allerdings noch aus.

Ausländische Direktinvestitionen steigen deutlich

Dem Ministry of Food Processing Industries zufolge beliefen sich die ausländischen Direktinvestitionen im Bereich der Nahrungsmittelverarbeitung im Finanzjahr 2021/2022 auf rund 710 Millionen US$ - 80 Prozent mehr als im Zeitraum davor. Von April 2000 bis Dezember 2022 flossen in der Summe etwas weniger als 12 Milliarden US$ in den Sektor, so das Department for Promotion of Industry and Internal Trade. Eine aktuelle Investition wurde Ende Februar 2023 vom schweizerischen Verpackungsriesen SIG angekündigt. Bis 2025 soll für rund 65 Millionen US$ eine Fabrik für aseptische Kartonverpackungen in Ahmedabad entstehen.

Stand: Mai 2023

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