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Branchen | Südafrika | Abfallwirtschaft

Marktchancen

2020 sind eine Reihe von Regulierungen für die südafrikanische Abfallwirtschaft beschlossen worden, die - sobald umgesetzt - eine ganze Palette von Geschäftschancen eröffnen.

Von Fausi Najjar | Johannesburg

Die Veröffentlichungen von Plänen zur Modernisierung des Abfallsektors sind ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Geschäftsaussichten in der Abfallwirtschaft. Betroffen sind Bereiche, wie das Recycling von Kunstsoffen, Elektroschrott und Bauschutt. Jetzt schon sind vermehrte Investitionen bei der Entsorgung und energetische Verwertung organischer Abfälle zu verzeichnen.

Insbesondere neue Auflagen für die Industrie werden den Markt ankurbeln. Die komplette Umsetzung einer zirkulären Wirtschaft wird allerdings bestenfalls verzögert erfolgen: Langfristige Investitionen in abfallwirtschaftliche Projekte mit einem ganzheitlichen Ansatz werden von der Höhe der bislang viel zu niedrigen Deponiekosten und der Entgelte für neue Recyclingprojekte abhängig sein. Auf kommunaler Ebene variieren zudem die planerischen und technischen Kompetenzen stark. Die Finanzlage von Städten und Gemeinden ist oftmals desolat. Vor allem Investitionen auf kommunaler Ebene werden kaum anziehen können.

Marktaussichten nach Abfalltypen (Auswahl)

Organische Abfälle / Biogas


Die Reduktion organischer Abfälle hat angesichts ihres hohen Anteils auf Deponien Priorität. Im Food Waste Voluntary Agreement haben sich Nahrungsmittelverarbeiter, Lieferanten und Einzelhandelskonzerne darauf geeinigt, die Verschwendung von Nahrungsmitteln zu vermindern. Die nationale Regierung und die Provinzen haben sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Zustrom organischer Abfälle auf den Deponien bis 2022 um 50% und bis 2027 um 100% zu senken. Stromengpässe und steigende Energiepreise machen den Einsatz von Biogas bei Städten zunehmend attraktiv. Eine Reihe von Unternehmen setzt auf Biogas bei der Teil-Deckung ihres Strombedarfs.

Kunststoffe

Mit neuen Regularien im Rahmen des EPR (Extended Producer Responsibility) werden Investitionen in das Recycling anziehen. Zu rechnen ist mit steigenden Auflagen zur Nutzung von Kunststoff-Recyclaten.  

Elektroschrott / Metallextraktion


Der Elektroschrott-Markt leidet an geringen Volumina. Vor allem komplizierte Anordnungen werden exportiert. Bei der schwierigen Extraktion von Gold und Platin gibt es Kompetenzen.

Bauschutt

Bauabfälle beanspruchen auf den Deponien eine große Füllmenge. Wegen des erhöhten Platzmangels ist ihr Recycling zunehmend gefragt. Zudem steigen die Materialpreise. Die schlechte Baukonjunktur wirkt sich bremsend auf die Marktentwicklung aus.

Quelle: Recherche von Germany Trade & Invest

Regierungspläne sorgen für neue Impulse

Als zentralen Beitrag zur Bildung einer sogenannten Green Economy in Südafrika hat die Ministerin für Umwelt, Forstwirtschaft und Fischerei Barbara Creecy im September 2020 eine neue Strategie für die Abfallwirtschaft vorgestellt. Ziel der National Waste Management Strategy 2020 (NWMS 2020) ist es, den an Deponien anfallenden Abfall in den kommenden fünf Jahren um 25 Prozent und innerhalb von 10 und 15 Jahren um jeweils 55 Prozent und 70 Prozent zu vermindern. Endziel ist es, Deponieabfälle ganz zu vermeiden.

Die Modernisierung des Abfallsektors steht schon seit geraumer Zeit auf der Regierungsagenda. Erklärtes Ziel ist es den Wirtschaftskreislauf aus Ressourcengewinnung, Produktion, Anwendung und Entsorgung zu schließen. Eine zirkuläre Wirtschaft soll durch Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Reparatur, Recycling und Verwertung erfolgen. Nach einem Corona bedingten Einbruch der südafrikanischen Wirtschaft von 7 Prozent 2020 nimmt die Bildung einer auf ökologische Nachhaltigkeit und sozialer Inklusion ausgerichtete Wirtschaft eine zentrale Rolle im Erholungsprogramm der Regierung ein.

Maßnahmen der National Waste Management Strategy 2020 (Auszug)

Ziel

Aktion

Ergebnis

Abfallvermeidung durch sauberere Produktion, Stärkung  von industriellen Synergien und Ausbau von Entsorgungsunternehmen durch Verpflichtungen für Unternehmen (Extended Producer Responsibility, EPR).



Entwicklung und Gründung von EPR-Unternehmen für prioritäre Abfälle (Elektro- und Altgeräte, Papier und Verpackungen, Beleuchtung und Reifen).

Gründung von vier EPR-Unternehmen für E-Abfälle, Papier und Verpackung, Beleuchtung und Reifen bis 2021.


Minimierung von Einwegkunststoffen und Nutzung biologisch abbaubarer Alternativen.

2025: Reduktion von Einwegkunststoffen um 80 %.

Einführung von Programmen zur Wertstoffverwertung durch die Herstellung erweiterter Stoff- und Energieströme (Industrial Symbiosis).

Aufbau von Programmen in acht Provinzen und 15 Ausbildungs- und Trainingsprogramme.

Vermeidung von Nahrungsmittelabfällen

Entwicklung und Umsetzung einer Strategie zur Verringerung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung, die mit der Ernte, Verarbeitung und dem Transport von Lebensmitteln verbunden ist.

Bis 2021 Entwicklung einer Strategie, danach Jahresbericht.

Entwicklung von Leitlinien, Normen und Standards für die Umverteilung überschüssiger Lebensmittel und die Kompostierung verdorbener Lebensmittel

Bis 2025 Reduktion von Nahrungsmittelverschwendung um 30 %.

Erhöhung der Wiederverwertungsraten

Im Rahmen öffentlich- privater Partnerschaften: Aufbau von Recyclinganlagen und Sammelstellen; Einführung von Produktstandards und Plänen zur regionalen Abfallbewirtschaftung.

Alle neuen Deponien und solche mit einer längeren Lebensdauer erhalten eine Sammelstelle.

Entwicklung von Industriestandards, die die Möglichkeit zur Wiederverwertung steigern.

Recyclingquoten bis 2025: 70% Papier, 60% Kunststoffe, 90% Glas, 90% Metalle, 40% Flugasche.

Minderung organischer Abfälle auf Deponien durch Kompostierung und zur Energiegewinnung.

Aufbau anaerobischer Biogasanlagen.

40% des produzierten Biogases aus organischen Abfällen (2025).

Ausbau der Kompostierung

35 Projekte bis 2025

Minderung von Bauabfällen auf Deponien.

Entwicklung und Umsetzung von Best-Practice-Richtlinien und -standards für die Wiederverwendung von Bauabfällen für Straßen und andere Baustoffen, z.B. Ziegeln.

Bis 2024: 20 Projekte zur Wiederverwendung von Bauabfällen.

Mülltrennung an der Quelle

Integration des informellen Sektors in die kommunale Abfallwirtschaft.

Bis 2024: alle Metropolen und weitere Großstädte verfügen über eine Mülltrennung in den Haushalten und Betrieben.

Quelle: South African Ministry of Environment, Forestry & Fisheries.

Verschärfte Auflagen für die Industrie

Zur Umsetzung der NWMS 2020 hat die südafrikanische Regierung im November 2020 die Verantwortlichkeiten der Wirtschaft für das Abfallmanagement erweitert und verschärft. Im Rahmen der sogenannten erweiterten Verantwortlichkeit von Unternehmen (Extended Producer Responsibility, EPR) sind alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen (Produzenten, Markeninhaber, Entsorgungsunternehmen, Konsumenten und unter Umständen Händler) zur Umsetzung der Vorgaben verpflichtet. 

Im Rahmen des EPR können einzelne Unternehmen ihre Verpflichtungen an nicht-profitorientierte Unternehmen (Producer Responsibility Organisation, PRO) auslagern. Diese verfügen teils über eigene Kapazitäten bzw. beauftragen Entsorgungsunternehmen. Die PRO finanzieren sich über Beteiligungsentgelte der Industrie. Ein Scheitern der Selbstverpflichtung der Wirtschaft führt dann zu möglichen Steuern oder zur Einschränkungen bei der Produktion bis hin zum Verbot von Stoffen und Materialien. Die Nichteinhaltung von Vorgaben des EPR kann auch Geld- bis hin zu Gefängnisstrafen zur Folge haben. 

Zu erwarten ist, dass anfallende Kosten der Auflagen auf die Konsumenten abgewälzt werden. Typischerweise erfolgt die Bildung und die stetige Weiterentwicklung von EPR-Vorgaben durch einen Konsultationsprozess zwischen Industrie und Regierung. In der National Waste Management Strategy 2020 ist die Gründung neuer EPR vorgesehen.

Steigende Recyclingquoten

Neue EPR-Verordnungen (Regulation R.1184 und Extended Producer Responsibility Scheme for Paper, Packaging and Some Single-Use Products R.1187) fordern höhere Recyclingquoten bzw. Rücknahmeverpflichtungen. Diese umfassen Bereiche wie: Verpackungen aus Papier und Karton, Verpackungen aus Metall, Glas, Elektrogeräte und Batterien. Auch der verstärkte Einsatz Abfall vermeidender Produkte (bspw. biologisch abbaubare Verpackungen) sind in den EPR-Verordnungen festgelegt. So müssen Aluminiumdosen in den kommenden fünf Jahren eine Sammelquote von 70 Prozent und einen Wiederverwertungsanteil von 30 Prozent aufweisen. Neue PET-Produkte sollen innerhalb des gleichen Zeitraums zu 80 Prozent aus Recyclaten zusammensetzen. Bei Kunststoffen strebt die Regierung eine Wiederverwertungsrate von 60 Prozent an. 

Vorgaben EPR-Recyclingquoten für die Papierindustrie in Südafrika (in Prozent; gültig seit 5. Mai 2021)

1. Jahr

5. Jahr

Sammelquote

Recyclingquote

Sammelquote

Recyclingquote

Papier

45

35

65

55

Magazine

35

33

42

40

Büropapier und –broschüren

35

33

42

40

Wellkarton

60

58

80

78

Flüssigkeitskarton

10

5

30

25

Etiketten

10

5

30

25

Papiersäcke

10

5

30

25

Quelle: Government Gazette May 2021 No 4439 - www.gpwonline.co.za

Nachhaltige Industrieprozesse gefragt

In der südafrikanischen Industrie sind zunehmend Bemühungen zu verzeichnen, Werkstoffe, Ressourcen wie Energie sowie Abfälle und Nebenprodukte effizienter zu nutzen und deswegen Produktionseinheiten innerhalb und zwischen Unternehmen mit einander zu verknüpfen. Antrieb für diesen Trend sind steigende Wertstoff- und Energiepreise sowie die bessere Nutzung der knappen Wasserressourcen.

Zur Verbesserung der Nachhaltigkeit industrieller Prozesse hat die südafrikanische Regierung mehrere Programme aufgelegt. Dazu gehören das Gauteng Industrial Symbiosis Programme (GISP) für die Region Gauteng (umfasst Johannesburg und Pretoria), Western Cape Industrial Symbiosis Programme (WISP) für die Westkap-Provinz und das KwaZuluNatal Industrial Symbiosis Programme (KISP) für die Provinz KwaZuluNatal.

Starke Entwicklung bei Biogas

Steigende Preise bei Strom sowie eine ungenügende Stromversorgung sorgen für einen vermehrte Investitionen in Biogasanlagen. Die zunehmende Öffnung des Strommarktes für eine dezentrale grüne Stromproduktion beschleunigt den Prozess.

Biogas-Projekte in Südafrika

Biomass Power Plant / Ngodwana Mill

Bau eines 25-MW-Biomassekraftwerks bei der Zellstoff- und Papierfabrik Ngodwana. An der Papiermühle ist der Verpackungskonzern Sappi mit 30 Prozent beteiligt.

Bau von Faulbehältern

Energy GM baut /plant rund ein Duzend Faulbehälter (Energie und Düngemittel) für staatliche Institutionen.

Biomass Power Plant / Ford Silverton Assembly Plant

Ford will bis 2024 für das Silverton Werk bei Pretoria den Bedarf an Strom, Gas und Wärme mittels eigener Anlagen auf Basis von Photovoltaik, Biomasse und Biogas decken. 

Volkswagen South Africa

Investition in eine knapp 200.000 Euro teure Biogasanlage, die auf Basis organischer Abfälle betrieben wird.

Kibo-IGES Waste to Energy Projekte


Kibo Energy (Sitz in Irland) und Industrial Green Solution (Südafrika) planen den Bau von sieben Verbrennungsanlagen von nicht-recycelbarem Kunststoff.

RCL Foods chicken manure project.

Der Nahrungsmittelkonzern RCL Foods will den Dung seiner Hühnerfarmen zur Stromgewinnung nutzen

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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