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Branchen | Ungarn | Automobilsektor

Marktchancen Automobil- und Kfz-Teile-Produktion

Ausländische Autokonzerne halten an ihren Plänen in Ungarn fest. Auch Zulieferer investieren. Krisen verzögern Projekte.

Von Waldemar Lichter | Budapest

Pandemie und Krieg beenden starken Aufwärtstrend

Die rekordverwöhnte Automobilindustrie musste 2020 einen herben Rückschlag hinnehmen. Die Fahrzeugproduktion sank gegenüber dem Vorjahr um 13,8, die der Kfz-Teile und –Komponenten um 9 Prozent. Auch 2021 setzte sich der Negativtrend weiter fort (-1/-5,1 Prozent). Neben Nachfrageschwäche auf dem Automobilmarkt machten der Branche Engpässe bei Halbleitern und unterbrochene Lieferketten schwer zu schaffen. 

Der im Februar 2022 ausgebrochene Ukraine-Krieg hat die verlässliche Belieferung der Autowerke in Ungarn mit wichtigen Teilen und Komponenten zusätzlich gefährdet. Ungeachtet der fortbestehenden Probleme, etwa bei der Versorgung mit Halbleitern, schneidet die ungarische Automobilindustrie recht gut ab. Die Autowerke haben sich an die veränderte Lage angepasst. Es gebe keine großen Probleme mehr bei der Produktion, berichten Vertreter der Autoindustrie.

Die Produktions- und Absatzergebnisse zeigen seit 2022 wieder deutlich nach oben. Die Produktion der Autowerke stieg nach Angaben des ungarischen Statistikamtes KSH 2022 um 15 Prozent, die von Kfz-Teilen um 13,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der positive Trend setzte sich auch im 1. Jahresquartal 2023 fort.

Die Automobilindustrie gehört zu den wichtigsten Zweigen der ungarischen Wirtschaft. Ihr Anteil an der Produktion des verarbeitenden Gewerbes belief sich 2022 auf 22,4 Prozent. Sie trug auch zu rund 25,2 Prozent zu den gesamten Ausfuhren der ungarischen Industrie bei.

Nach Angaben des KSH belief sich der Produktionswert der Automobilindustrie 2022 auf umgerechnet 29,8 Milliarden Euro. Davon entfielen auf die Fahrzeugherstellung 14,4 Milliarden Euro, auf die Produktion von Karosserien, Aufbauten und Anhängern weitere 492 Millionen Euro und auf die von Teilen, Komponenten und Zubehör rund 15 Milliarden Euro.

Die Regierung unterstützt Neu- und Erweiterungsprojekte in der Fahrzeugproduktion und in der Zulieferindustrie mit hohen Zuschüssen. Ziel ist dabei, die Automobilbranche auf neue Trends vorzubereiten. Moderne Technologien, Know-how-Transfer und eine höhere Wertschöpfung gehören zu entscheidenden Kriterien für staatliche Förderung. Autonomes Fahren und Elektromobilität genießen dabei besondere Aufmerksamkeit der Wirtschaftspolitik. 

Die Coronakrise hat die Investitionspläne der Unternehmen zwar gebremst. Doch keines der geplanten großen Vorhaben wurde komplett abgesagt. Die Inbetriebnahme des neuen BMW-Werks in Debrecen wurde lediglich um ein Jahr verschoben. Auch die Zulieferer setzen ihre Investitionsprojekte verzögert weiter fort.

In anderen Bereichen werden angekündigte Vorhaben nicht nur fortgesetzt, sondern sogar ausgebaut. Das betrifft vor allem die Sparte Elektromobilität. Ungarn entwickelt sich zu einem der führenden Produktionsstandorte für Antriebsbatterien und deren Komponenten in Europa.

Interesse ausländischer Zulieferer ist  ungebrochen

Der Zustrom an investitionswilligen Zulieferunternehmen aus dem Ausland bricht ungeachtet der Krise nicht ab. In diesem Bereich sind zahlreiche große, vor allem deutsche Unternehmen tätig, wie etwa Bosch, Continental, Thyssenkrupp oder Schaeffler. Die meisten von ihnen wollen ihr Engagement in Ungarn ausbauen. Zahlreiche neue Vorhaben kommen jedoch auch aus anderen Regionen, derzeit vor allem aus Korea (Rep.) und der VR China.

Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Ungarn (in Millionen Euro)

Vorhaben

Investitionssumme 

Projektstand

Anmerkungen

Daimler / Bau eines Full-Flex-Werkes

Über 1.000, Zuschuss der Regierung: 37,5

Grundsteinlegung Juni 2018;  Inbetriebnahme des zweiten Presswerks: November 2022

Produktion von Verbrennern und E-Pkw parallel möglich

Errichtung eines Produktionswerkes durch BMW in Debrecen

Über 1.000

Grundsteinlegung im Juni 2022; Produktionsstart 2025 geplant

Serienproduktion der vollelektrischen "Neuen Klasse"; Kapazität: 150.000 Fahrzeuge pro Jahr

Vitesco Technologies (Continental) Werk für Automobilelektronik in Debrecen

134, Zuschuss der Regierung: 30

Erweiterungsinvestitionen

Produkte der Geschäftsbereiche Transmission und Sensors&Actuators für den EU-Markt

Audi - Projekt "E-Transformation"

125, Zuschuss der Regierung: 20,3

seit 2018 Montage von E-Motoren für das vollelektrische Audi-Modell e-tron

Erweiterung der Produktion von E-Motoren; Györ soll Kompetenzzentrum von Audi für E-Motoren und -Autos werden

ThyssenKrupp - Bau eines neuen Werkes in Pécs

50

Spatenstich 2019

Komponenten, auch für Elektromotoren

Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest; Pressemeldungen

Ungarn gehört neben Tschechien, der Slowakei und Polen zu einem der führenden Pkw-Hersteller in Mittelosteuropa. Die Industrie wird von drei großen Herstellern dominiert: Magyar Suzuki, Mercedes-Benz und Audi Hungaria. Ein vierter, BMW, baut derzeit ein neues Werk in Debrecen. Magyar Suzuki ist seit 1992 am Standort Esztergom vertreten, Mercedes-Benz seit 2012 in Kecskemét und der Audi-Konzern seit mehr als zwanzig Jahren in Györ. 

Ein weiteres ausländisches Automobilunternehmen ist Opel Szentgotthárd Kft. Es gehört inzwischen der Stellantis-Gruppe (PSA/Chrysler) und ist nur noch in der Motorenproduktion tätig. 

Pkw-Produktion wird weiter steigen 

Prognosen der Marktforschungsfirma Fitch Solutions zufolge wird der bisherige Produktionsrekord von 2019 erst 2028 wieder übertroffen. Nach einem starken Rückgang 2020 werde sich die Produktion in den darauffolgenden Jahren wieder langsam erholen. Bis 2029 könnte eine Produktion von fast 600.000 Pkw erreicht werden. Dazu werden die angekündigten Investitionen in neue Kapazitäten beitragen.

Audi setzt in Ungarn auf den Ausbau der Produktionskapazitäten und technischer Kompetenz im Bereich Elektromobilität. Der Standort Györ soll zu einem globalen Zentrum für diesen Bereich innerhalb des Konzerns werden. Dafür wurde das Projekt "E-Transformation" auf den Weg gebracht. Ziel ist, die Produktion von E-Motoren in Györ zu erhöhen und an dem Standort Entwicklungskompetenzen für diese Sparte aufzubauen.

Mit seinem großen Motorenwerk in Györ spielt Audi Hungaria eine bedeutende Rolle im weltweiten Produktionsnetzwerk von Volkswagen und ist zentraler Motorenlieferant der Gruppe. Seit Ende 2019 werden in Györ auch der elektrisch angetriebene Audi-Q3 und Q3-Sportback, seit Ende 2020 auch Plug-in-Hybrid-Modelle des Audi-Q3 produziert.

Neben Audi hat Mercedes mit der Fertigung von Elektrofahrzeugen in Ungarn begonnen. Nach Fertigstellung seines neuen Werkes in Debrecen wird auch BMW E-Autos im Land bauen. Das chinesische Unternehmen BYD Electric Bus & Truck Hungary Kft. produziert bereits E-Busse in Komárom.

Kfz-Produktion in Ungarn (Stückzahl)

Kategorie

2020

2021

2022

Pkw

406.497416.725441.729

Lkw

k.A.

k.A.

k.A.

Quelle: OICA (Organisation Internationale des Constructeurs d’Automobiles)

Zulieferbranche ist exportorientiert

Die Zulieferbranche ist stark exportorientiert. Die ungarischen Ausfuhren von Kfz-Teilen, Komponenten und Motoren beliefen sich 2021 nach Angaben von Eurostat auf 11 Milliarden Euro. Wichtiger Abnehmer ist Deutschland (4,4 Milliarden Euro). Auf der anderen Seite importiert Ungarn auch Kfz-Teile im großen Umfang.

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Ungarn (in Millionen Euro, Veränderung in Prozent)

2022

Veränderung 2022/21

aus Deutschland

SITC 778.3 Kfz-Elektrik

931

-15,7

201

SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

6.853

23,6

2.681

SITC 773.13 Zündkabelsätze

974

19,4

87

SITC 713.2 Motoren

912

19,1

574


Summe

9.670

17,5

3.542

Quelle: Eurostat

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