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Wirtschaftsausblick | Kirgisistan

Berg- und Talfahrt der Konjunktur hält an

Nach der Coronapandemie setzt nun der Ukrainekrieg der kirgisischen Wirtschaft spürbar zu. Ausbleibende Rücküberweisungen aus Russland bremsen insbesondere den Konsum aus. 

Von Jan Triebel | Bischkek

Wirtschaftsentwicklung: Eingetrübter Ausblick auf 2022

Kirgisistan droht 2022 erneut eine Rezession. Nachdem die Wirtschaft erst im Vorjahr wieder begonnen hatte zu wachsen, werfen der Ukrainekrieg und seine Begleiterscheinungen sie wieder zurück. Die Weltbank revidierte im April ihre zuvor recht optimistische Voraussage deutlich nach unten. Demnach schrumpft das kirgisische Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022 um 5,0 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält immerhin noch einen leichten Zuwachs des BIP um 0,9 Prozent für möglich.

Der zentralasiatischen Republik droht durch den Krieg vor allem ein deutlicher Einbruch der Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten aus Russland. Diese Gelder sind für das Land immens wichtig, denn die Transfers machten in den letzten Jahren regelmäßig nahezu ein Drittel des kirgisischen BIP aus. Die Economist Intelligence Unit schätzt, dass die Überweisungen infolge des kriegsbedingten Niedergangs der russischen Wirtschaft 2022 um rund 30 Prozent geringer als zuletzt ausfallen. In Kirgisistan setzt dies besonders dem privaten Verbrauch zu.

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Dabei war die Konjunktur erst 2021 wieder angesprungen. Die Wirtschaft wuchs um 3,6 Prozent, nachdem die Coronapandemie dem BIP im Jahr davor ein tiefes Minus von 8,4 Prozent beschert hatte. Immerhin, die für 2022 erwartete abermalige Flaute soll nur von kurzer Dauer sein. Vorausgesetzt, der Ukrainekrieg endet bald, erwarten Weltbank und IWF für 2023 ein moderates Wachstum zwischen 3,2 und 5,0 Prozent.

Um diesen Aufwärtstrend zu verstetigen, wird Kirgisistan nennenswerte ausländische Investitionen benötigen. Dafür ist zunächst aber Vertrauen zurückzugewinnen, welches im Zusammenhang mit dem größten ausländischen Investment, der Goldlagerstätte Kumtor, verloren gegangen ist. Zwar schlossen die kirgisische Seite und der Kumtor-Betreiber, das kanadische Unternehmen Centerra, unterdessen einen außergerichtlichen Vergleich. Dennoch bleiben die Umstände, unter denen Kumtor durch Einsetzen einer Zwangsverwaltung faktisch verstaatlicht wurde, fragwürdig.

Wirtschaftliche Eckdaten Kirgisistans

Indikator

2020

2021 *)

Vergleichsdaten Deutschland 2021

BIP (nominal, Mrd. US$)

7,79

8,54

4.219

BIP pro Kopf (US$)

1.196

1.283

50.709

Bevölkerung (Mio.)

6,64

6,75

83,3

Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ... Kirgisistan-Som)

77,35

84,64

-

* PrognoseQuelle: Nationales Komitee für Statistik 2022; Kirgisische Zentralbank 2022; Internationaler Währungsfonds 2022; Statistisches Bundesamt 2022

 

Investitionen: Leichtes Plus trotz zurückhaltendem Engagement ausländischer Akteure

Für die Bruttoanlageinvestitionen ist 2022 wieder Erholung in Sicht, nachdem sie zwei Jahre lang zum Teil deutlich zurückgegangen waren. Das Wachstum wird aber weniger deutlich ausfallen, als zunächst erhofft. Statt eines nahezu zweistelligen Anstiegs rechnet die Weltbank wegen der sich erneut eingetrübten Rahmenbedingungen mit einem Investitionsplus von etwa 4 Prozent. Damit das Investitionsgeschehen wie erhofft Fahrt aufnimmt, wird die öffentliche Hand einen größeren Beitrag leisten müssen.

Außerdem kommt ausländischen Investoren eine wichtige Rolle zu, die sich in den letzten Jahren in Kirgisistan eher rar machten. Angaben der kirgisischen Statistikagentur zufolge zog das Land 2021 knapp 700 Millionen US-Dollar (US$) an ausländischen Direktinvestitionen an. Parallel dazu wurden jedoch gut 450 Millionen US$ ins Ausland transferiert. Ein Jahr zuvor flossen sogar knapp 940 Millionen US$ ab, was den Kapitalzustrom nach Kirgisistan um mehr als das doppelte überstieg. 

Ausgewählte Projekte in Kirgisistan

Projektbezeichnung

Investitionssumme (in Mio. US$)

Projektstand

Projektträger 

"Eco-City" Asman in der Nähe des Issyk-Kul-Sees

20.000

Planung

Finentrep; Mercuroo (beide Frankreich)

Eisenbahnkorridor China-Kirgisistan-Usbekistan-Turkmenistan (in Kirgisistan 433 Kilometer)

4.800

Planung

k.A.

Kohlelagerstätten Kara-Ketsche und Min-Kusch (Gebiet Naryn)

2.500

Planung

Staatsunternehmen Kawak

Erdgaspipeline nach China für turkmenisches Gas (in Kirgisistan 215 Kilometer)

1.200

Planung

k.A.

Mautstraße Bischkek-Karabalta-Chaldybar (100 Kilometer)

500

Planung

als öffentlich-private Partnerschaft

Wasserkraftwerk Kambar-Ata-1 (1. Stufe mit 640 Megawatt)

498

Planung

Regierung

Stromtrasse nach Tadschikistan (457 Kilometer)

233

Umsetzung

Konsortium CASA-1000

Mehrere Vorhaben in den Bereichen Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Bewässerung

100

Planung

Weltbank

Mehrere Vorhaben in den Bereichen Solarenergie und Wasserkraft 

k.A.

Planung

Masdar Clean Energy (VAE)

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".

Konsum: Private Nachfrage schwächer durch weniger Rücküberweisungen

Als Folge des Überfalls Russlands auf die Ukraine droht auch die Nachfrage der Verbraucher in Kirgisistan nachzulassen. Es gilt als wahrscheinlich, dass der für Russland erwartete Konjunkturknick die Geldtransfers dort tätiger kirgisischer Arbeitsmigranten an ihre Familien in der Heimat zurückgehen lässt. Laut Weltbank könnte dies 2022 zu einem gut fünfprozentigen Rückgang der Konsumausgaben im Land führen.

Schon 2020 hatten die Coronapandemie und die sie begleitenden Einschränkungen für geringere Rücküberweisungen nach Kirgisistan gesorgt. Einkommensverluste und ein spürbarer Einbruch der privaten Konsumausgaben waren die Folge. Aber bereits 2021 konnten sie sich erholen, was dem Einzelhandel zum Vorkrisenniveau zurück verhalf. Wichtige Impulse für diese zügige Erholung lieferten die überwiegend aus Russland stammenden Rücküberweisungen. Mit 2,8 Milliarden US$ lagen sie 2021 um 16 Prozent höher als im Jahr zuvor.

Außenhandel: Gold verliert bei Exporten an Bedeutung 

Insbesondere der coronabedingte Nachholeffekt verhalf den Importen im Jahr 2021 zu einem deutlichen Anstieg. Für 2022 trübt der Ukrainekrieg die Aussichten jedoch ein. Der IWF erwartet nur noch um gut 1 Prozent wachsende Wareneinfuhren. Grund dafür sind in erster Linie die spärlicher ausfallenden Rücküberweisungen von kirgisischen Arbeitsmigranten aus Russland, was die Nachfrage nach Konsumgütern drosselt. Mehr konjunkturelle Impulse sollten die Importe im Folgejahr wieder kräftiger steigen lassen.

Aufseiten der Ausfuhren schlug sich 2021 vor allem das deutliche Minus bei Gold nieder. Gegenüber dem Vorjahr nahmen die Exporte des Edelmetalls von knapp 1 Milliarde US$ auf nur noch gut 300 Millionen US$ ab. Entsprechend stieg der Anteil anderer Waren an den Gesamtausfuhren des Landes von knapp 50 auf etwa 80 Prozent an. Bei tendenziell leicht anziehenden Exporten um real 6 bis 7 Prozent dürfte dieser Trend 2022 und 2023 anhalten.

Außenhandel Kirgisistans (in Millionen US$; nominale Veränderung in Prozent)

2019

2020

2021 *)

Veränderung 2021/2020

Importe (cif)

4.989

3.719

5.570

49,8

Exporte (fob)

1.986

1.973

1.659

-15,9

Handelsbilanzsaldo

-3.003

-1.746

-3911

-

* vorläufigQuelle: Nationales Statistikkomitee 2022

 

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