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Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsausblick | Mexiko
Die mexikanische Wirtschaft könnte im Jahr 2021 um bis zu 6 Prozent wachsen. Vorausgesetzt, das Land bekommt die Coronapandemie durch schnelles Impfen unter Kontrolle.
16.12.2020
Von Florian Steinmeyer | Bonn
Die mexikanische Wirtschaft könnte im Jahr 2021 stärker wachsen als noch vor wenigen Wochen angenommen. Anfang Dezember erhöhte die britische Bank Barclays ihre Prognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 3,0 auf 4,5 Prozent. Es sei sogar ein Plus von 6 Prozent im Jahr 2021 möglich, wenn Mexiko es schaffe, Covid-19 durch Impfungen bereits im Jahresverlauf deutlich einzudämmen, heißt es beim Institut. Erste Dosen des Pfizer/Biontech-Impfstoffs sollen im Dezember in Mexiko eintreffen, mit einer schnellen großflächigen Verbreitung ist jedoch nicht zu rechnen.
Positiv auf das Wachstum niederschlagen könnte sich ferner der neue Handelsvertrag USCMA, der die Exportmöglichkeiten in die USA verbessere, so der Mexiko-Chef bei Barclays, Raúl Martínez-Ostos. Trotz einiger Einschränkungen gewähre das Abkommen Mexiko weiterhin einen präferierten Zugang zum US-Markt. Die Wahl Joe Bidens zum künftigen US-Präsidenten bedeutet für das lateinamerikanische Land zudem mehr Verlässlichkeit im Verhältnis zu den USA. Auch wenn weitere protektionistische Maßnahmen der USA nicht völlig auszuschließen sind, wird Bidens weniger konfrontativer Kurs Mexiko als Produktionsstandort für den nordamerikanischen Markt stärken.
Die mexikanische Zentralbank Banxico (Banco de México) prognostiziert für 2021 lediglich ein Wachstum von 3,3 Prozent, sieht allerdings beim Arbeitsmarkt eine Trendwende: So könnten im Jahr 2021 zwischen 150.000 und 500.000 neue Jobs entstehen. Allerdings wir das die Arbeitsplatzverluste des Vorjahres (zwischen 700.000 und 850.000) nicht ausgleichen können. Die Zentralbank hatte in den letzten Monaten versucht, den Konjunktureinbruch durch wiederholte Leitzinssenkungen zu verlangsamen, senkte Mitte November mit Hinweis auf die Inflation jedoch überraschenderweise nicht weiter. Derzeit liegt der Zinssatz bei 4,25 Prozent.
Die zögerliche Fiskalpolitik bleibt ein Problem für die mexikanische Wirtschaft: Große und mittelständische Unternehmen müssen ohne Steuererleichterungen, Hilfskredite oder Kurzarbeitergeld auskommen. Bei den Coronahilfen für Betriebe schneidet die mexikanische Regierung im internationalen Vergleich deshalb besonders schlecht ab. Für kleine Betriebe legte sie immerhin ein Programm von 3 Millionen Mikrokrediten auf. Auch einige Bundesstaaten verfügen über Programme, deren Wirkung bleibt wegen der geringen Finanzkraft der Staaten aber beschränkt. Wichtigste Konjunkturmaßnahme bilden Infrastrukturprojekte.
Indikator | 2019 | 2020 | Vergleichsdaten Deutschland 2019 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 1.258 | 1.040 | 3.854 |
BIP pro Kopf (US$) | 9.862 | 8.069 | 46.385 |
Bevölkerung (Mio.) | 127,6 | 128,9 | 83 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, mex$/US$) | 19,26 | 22,22 | - |
Der Einbruch bei den Investitionen von über 20 Prozent im Jahr 2020 kann im darauffolgenden Jahr zwar nicht ausgeglichen werden. Allerdings bessern sich die Aussichten ein wenig. Zum einen erholt sich die US-Wirtschaft und damit Mexikos wichtigster Auslandsmarkt schneller als erwartet. Für die Industrieproduktion Mexikos prognostiziert die Scotiabank für das Jahr 2021 ein Plus von 4,9 Prozent und somit ein höheres Wachstum als die Gesamtwirtschaft.
Zum anderen versucht die mexikanische Regierung Infrastrukturprojekte anzuschieben. Nach einem ersten Paket Anfang Oktober legte sie Ende November nach und stellte eine zweite Tranche an Projekten vor. Dabei handelt es sich um 29 Vorhaben, hauptsächlich aus den Bereichen Verkehrsinfrastruktur und Energie, mit einem Gesamtvolumen von rund 11,4 Milliarden US-Dollar (US$). Die nötigen Mittel sollen aus öffentlicher und privater Hand stammen.
Das Verhältnis zwischen Regierung und Unternehmen bleibt dennoch belastet. Gründe dafür sind neben ausbleibender Coronahilfen der staatszentrierte Kurs in der Energiewirtschaft und eine Konzentration von Kompetenzen auf die Exekutive. In Standortrankings wie dem Doing Business Index der Weltbank fiel das Land jüngst zurück (zuletzt um sechs Plätze auf Rang 60 unter 190 Ländern).
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Neue Raffinerie für Kraftstoffe in Dos Bocas | 8.000 | Arbeiten laufen; Abschluss bis 2022 | |
Tren Maya | 7.050 | Bauarbeiten gestartet; Abschluss 2022 | |
Flughafen Santa Lucía | 4.800 | Arbeiten laufen; Abschluss 2022 | Verteidigungsministerium Sedena |
Umrüstung von sechs Raffinerien auf schwefelarmen Diesel | 3.089 | Mehrfach verschoben; Ausschreibungszeitpunkt ungewiss | Staatlicher Erdölkonzern Pemex |
Bahnstrecke Mexiko-Stadt nach Toluca | 3.400 | Im Bau; vollständige Eröffnung 2024 | Transportministerium SCT |
Corredor Transístmico | 2.100 | Im Bau; Eröffnung der Schienenstrecke Anfang 2022; Anwohnerproteste erwartet |
Öffentliche Ausschreibungen erscheinen im offiziellen Gesetzesblatt Diario Oficial und im Internet auf der Beschaffungsseite des öffentlichen Sektors, Compranet. Informationen zu geberfinanzierten Projekten unter www.gtai.de/mexiko, "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte“.
Das Konsumentenvertrauen ist stark an den Verlauf der Coronapandemie geknüpft: Der entsprechende Indikator des Statstikamts Inegi (Indicador de confianza del consumidor) legte über den Sommer und Herbst zu, als die Infektionszahlen im Land langsam sanken, verlor infolge der zweiten Welle im November aber wieder an Grund.
Gegenüber dem Vormonat sank der Wert leicht um 3 Prozent, gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres betrug der Verlust indessen gut 15 Prozent. Analysten gehen davon aus, dass die Ausgaben der privaten Verbraucher erst ab März 2021 wieder steigen werden. Besonders in der 2. Jahreshälfte dürften aufgeschobene Käufe nachgeholt werden, wenn weniger Unsicherheit über den Coronafortgang besteht.
Infolge der allgemeinen Erholung wird auch die Importtätigkeit 2021 wieder zulegen, allerdings muss nach Produktkategorien differenziert werden. Analysten der Scotiabank gehen davon aus, dass die Importe von Konsumprodukten um knapp 25 Prozent steigen werden. Auch die Importe von Zwischenerzeugnissen können höher ausfallen, wenn auch in geringerem Maß (+13 Prozent).
Der Import von Kapitalgütern wie Maschinen und Ausrüstungen wird aber wohl erst im Jahr 2022 wieder anspringen. Zu groß dürfte 2021 noch die Unsicherheit der Unternehmen über den Konjunkturfortgang sein. Zudem wollen viele Firmen zunächst ihre Vorkrisenproduktion erreichen, bevor sie in neue Anlagen investieren. Hinsichtlich der mexikanischen Exporte wird viel auf die weitere Erholung in den USA ankommen, aller Voraussicht nach werden sie aber erst 2022 wieder auf das Vorkrisenniveau steigen.
2019 | 2020 *) | Veränderung 2020/2019 *) | |
---|---|---|---|
Importe | 455,3 | 380,1 | -13,6 |
Exporte | 460,7 | 398,0 | -16,5 |
Handelsbilanzsaldo | 5,4 | 17,9 | - |