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Kanada / EUZoll
Zollbericht Kanada
Präferenznachweise für Warensendungen mit einem Wert von mehr als 6.000 Euro können in der EU seit dem 1. Januar 2018 ausschließlich Registrierte Ausführer erstellen.
27.01.2020
Von Susanne Scholl
Die Verhandlungen zum Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (Comprehensive and Trade Agreement) CETA zwischen den seinerzeit 28 Vertragsstaaten der EU und Kanada wurden im August 2014 beendet. Die EU-Kommission entschied Anfang Juli 2016, die Unterzeichnung als gemischtes Abkommen vorzuschlagen (vgl. Einleitung). Damit berührt CETA auch mitgliedstaatliche Kompetenzen. Daher mussten sowohl das kanadischen Parlament als auch die nationalen Parlamenten aller EU-Mitgliedstaaten über CETA abstimmen. CETA wurde am 30. Oktober 2016 unterzeichnet.
Seit dem 21. September 2017 werden die in die Zuständigkeit der EU fallenden Teile des Abkommens CETA vorläufig angewendet. Bereiche, die mitgliedstaatliche Kompetenzen berühren, sind ausgenommen, da hier die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten mit ihren nationalen Parlamenten zu wahren sind. Einschränkungen bei der vorläufigen Anwendung bestehen für die Kapitel 8 und 13 (Investitionen und Finanzdienstleistungen) des Abkommens sowie für einzelne Regelungen der Kapitel 20 (Camcording), 27 (Transparenz) und 28 (Ausnahmen). Neben der Zustimmung durch den EU-Rat musste vor Beginn einer vorläufigen Anwendung der Teile des Abkommens, die in die EU-Kompetenz fallen, auch eine Zustimmung des Europäischen Parlaments vorliegen. Das Europäische Parlament hatte am 15. Februar 2017 zugestimmt.
Damit CETA vollständig in Kraft treten kann, muss es von den Parlamenten aller 28 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
CETA sieht einen Wegfall der Zölle für 98,6% aller kanadischen und 98,7% aller EU-Zolltariflinien vor. Für 98,2% aller kanadischen und 97,7% aller EU-Waren sind die Zölle bereits am 21. September 2017 weggefallen.
Industriegüter sollen ausnahmslos zollfrei werden. Mehr 99% dieser Güter sind bereits zollfrei. Übergangsfristen gelten auf beiden Seiten bei einer begrenzten Anzahl von Produkten im Automobilbereich und auf kanadischer Seite bei Schiffen.
Im Agrarbereich hat Kanada die Zölle für 90,9% aller Erzeugnisse am 21. September 2017 abgeschafft. Nach sieben Jahren sollen die Zölle für 91,7% aller Agrarprodukte beseitigt sein. Für die restlichen Erzeugnisse gelten Zollkontingente (zum Beispiel bei Käse), oder sie sind vollständig vom Zollabbau ausgenommen (zum Beispiel Eier und Eiprodukte). Die EU hat 92,2% der Zölle auf Agrarwaren am 21. September 2017 abgeschafft. Nach sieben Jahren werden für 93,8% der Agrarwaren die Zölle beseitigt sein. Für die verbleibenden Agrarwaren gelten Sonderregelungen, oder sie sind vollständig vom Zollabbau ausgenommen (zum Beispiel Hühnerfleisch, Eier).
Die Ursprungsregeln sind orientieren sich weitgehend an EU-Regeln der neueren EU-Freihandelsabkommen. Angeknüpft wird entweder an einen Positionswechsel der Ware im Harmonisierten System oder an eine Kombination aus Positionswechsel und Wertschöpfungskriterium. Die produktspezifischen Listenregeln sind allerdings detaillierter abgefasst als bisher in klassischen EU-Abkommen üblich.
Als Ursprungsnachweis gilt gemäß Art. 18 des Ursprungsprotokolls eine Ursprungserklärung laut dem in Anhang 2 zum Ursprungsprotokoll vorgeschriebenem Wortlaut auf der Handelsrechnung oder einem anderen Handelsdokument. Abweichend von den Ursprungsregeln anderer neuerer Freihandelsabkommen der EU können Präferenznachweise von Warensendungen mit einem Wert von mehr als 6.000 Euro bei der Ausfuhr aus der EU seit dem 1. Januar 2018 ausschließlich von Registrierten Ausführern (REX) erstellt werden. Im Gegensatz zum Status des im Präferenzrecht bekannten ermächtigten Ausführers handelt es sich bei einem registrierten Ausführer nicht um einen bewilligungsbedürftigen Status, sondern es genügt eine Registrierung des Exporteurs im REX-System. Die Registrierung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist seit dem 1. Januar 2017 möglich. Für die Registrierung als REX ist ein schriftlicher Antrag gemäß Anhang 22-06A Durchführungsverordnung zum Unionszollkodex (UZK-IA) zu stellen und zwar bei dem Hauptzollamt, in dessen Bezirk der Antragsteller die präferenzrechtliche Buchhaltung führt.
In der Ursprungserklärung ist in Feld 2 die Registernummer des registrierten Ausführers anzugeben. Kanadische Exporteure geben dort ihre Unternehmensnummer („Business Number“) an (Anhang 2 zum Ursprungsprotokoll).
Verantwortlich für die Angaben im Präferenznachweis bzw. die Verifizierung des Ursprungs in Zweifelsfällen ist grundsätzlich der Ausführer (Art 19.6 Ursprungsprotokoll).
Basis für die Berechnung des Anteils von Vormaterialien ohne Ursprung (siehe Listenregeln in Teil 3) ist gemäß der Definition in Art. 1 des Ursprungsprotokolls der Transaktionswert oder der Ab-Werk-Preis der Waren. Es handelt sich hierbei um den dem Hersteller des Erzeugnisses gezahlten oder zu zahlenden Preis an dem Ort, an dem der letzte Herstellungsschritt durchgeführt wurde. Er muss den Wert aller Vormaterialien umfassen.
Toleranzen werden bis zu 10 Prozent des Transaktionswertes oder Ab-Werk-Preises gewährt. Die Prozentklauseln der Listenregeln dürfen dadurch nicht überschritten werden.
Eine Bearbeitung von Ursprungswaren außerhalb der Vertragsparteien ist gemäß Art. 14 des Ursprungsprotokolls nicht erlaubt. Erlaubt sind z.B. abladen und neu verladen (Territorialitätsprinzip).
Das Abkommen sieht eine verstärkte Zusammenarbeit zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse vor. Die Anerkennung der Konformitätsbewertung zwischen den Vertragsparteien soll verbessert werden mit dem Ziel einer gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen entsprechend dem Protokoll über die gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse von Konformitätsbewertungsverfahren (Art. 4.5). Doppelte Prüfkosten würden hierdurch wegfallen.
Überdies halten sich die Parteien an das Protokoll über die gegenseitige Anerkennung des Programms für die Einhaltung und Durchsetzung der Guten Herstellungspraxis für pharmazeutische Erzeugnisse (Art. 4.5).
Beide Protokolle finden sich in den Anhängen des Abkommens.
Darüber hinaus sind regulatorische Kooperationen auf freiwilliger Basis auf der Grundlage relevanter WTO-Abkommen möglich.
Weiterhin beinhaltet CETA:
Zoll- und Handelserleichterungen,
gesundheitspolitische und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen,
einen verbesserten Schutz des geistigen Eigentums (geographische Angaben),
den Handel mit Dienstleistungen,
eine Öffnung der Beschaffungsmärkte kanadischer Provinzen und Kommunen für europäische Anbieter vor (Kapitel 19 - Marktzugangsliste Kanadas im Anhang 19-2). Diese Regelungen werden bereits angewendet.
ein neues Investitionsschutzsystem mit einem ständigen, institutionalisierten Gericht zur Beilegung von Streitigkeiten (Kapitel 8, Abschnitt D). Es soll ein Berufungsgericht eingesetzt werden, das Entscheidungen des Investitionsgerichtes prüfen und ändern kann. Diese Regelungen sind von der vorläufigen Anwendung ausgenommen.
CETA | |
Zollabbau (Einfuhrland) | |
-Kap. 84 | mit Inkrafttreten |
-Kap. 85 | mit Inkrafttreten |
-Kap 87 | meist mit Inkrafttreten, in einigen Fällen in 3, 5 oder 7 Jahresschritten (B, C, D) |
-Kap. 28 | mit Inkrafttreten |
-Kap. 29 | mit Inkrafttreten |
-Kap. 30 | mit Inkrafttreten |
U-Regeln | |
-Kap. 84 | - Positionswechsel oder |
-Kap. 85 | Meist wie Kap. 84 |
-Kap. 87 | - Herstellen mit max. 45 bis 50 % Vormateralien ohne Ursprung |
-Kap. 28 | - Positionswechsel oder |
-Kap. 29 | wie Kap. 28 |
-Kap. 30 | Positionswechsel |
U-Nachweis | Ursprungserklärung auf Handelspapier, Aussteller ausschließlich REX bzw. kanadischen Exporteure mit „business number“ |