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WTOInternationale Handelsabkommen, übergreifend
Zoll
Zollbericht WTO Internationale Handelsabkommen, übergreifend
Das Streitbeilegungsgremium der WTO ermöglicht Sicherheit im internationalen Handel und bietet eine Plattform zur Lösung von Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern.
27.05.2020
Von Melanie Hoffmann
Die WTO regelt innerhalb der Vereinbarung über Regeln und Verfahren der Streitbeilegung und der GATT-, GATS- und TRIPS-Übereinkommen den Streitbeilegungsmechanismus. Auf die Streitbeilegung der WTO kann sich jedes WTO-Mitglied berufen, welches sich in seinen Rechten benachteiligt fühlt oder wenn ihm zustehende Vorteile nicht gewährt wurden.
Ein solches Verfahren kann jedoch nur von den 164 Mitgliedstaaten und nicht von Einzelpersonen oder Unternehmen eingeleitet werden. Unternehmen können sich an die Regierung ihres Staates oder eines anderen Mitgliedstaates wenden, eine Beschwerde vortragen und die Einleitung eines Streitschlichtungsverfahrens verlangen. Für solche Fälle ist innerhalb der EU die Verordnung (EG) Nr. 3286/94 heranzuziehen.
Das Ziel der Streitbeilegung ist die Konfliktlösung und nicht der Erlass eines bindenden Urteils. Das Dispute Settlement Body (DSB) strebt eine Kombination aus diplomatischer, rechtlicher und zügiger Streitbeilegung an.
Die Vereinbarung zur Beilegung von Streitigkeiten ermöglicht Vorhersehbarkeit und Sicherheit im internationalen Handel. Die Regeln untersagen den Mitgliedern, eigenständig über Auseinandersetzungen und Konflikte zu entscheiden und Maßnahmen zu ergreifen. Mithilfe des strukturierten Systems des DSB sollen Streitigkeiten gelöst, konsequent und WTO-konforme Maßnahmen ergriffen, schwächere Mitglieder berücksichtigt und ein System des fairen Miteinander geschaffen werden.
Fühlt sich ein WTO-Mitglied in seinen Rechten beeinträchtigt, strebt die WTO vorerst eine Lösungsfindung in Form einer Konsultation unter den betroffenen Parteien an (Art. 4 DSU). Das vertragsverstoßende Mitglied kann innerhalb von zehn Tagen auf die Anschuldigungen des beschwerdeführenden Mitglieds reagieren und anschließend innerhalb weiterer dreißig Tage eine Verhandlung zur Konfliktlösung aufnehmen. Das Ziel dieser bilateralen Konsultation soll die Streitschlichtung ohne Hinzuziehung des DSB sein.
Kommt es innerhalb von 60 Tagen zu keiner Lösung wird ein Panel eingesetzt (Art. 6 DSU ff.). Das beschwerdeführende WTO-Mitglied kann die Einrichtung des Panels durch eine einseitige Erklärung bewirken. Nur wenn alle anderen Mitgliedstaaten gegen die Einrichtung des Panels stimmen, kann das Verfahren verhindert werden. Mitglieder des Panels sind spezialisierte Professoren, Diplomaten und Regierungsvertreter. Das Panel untersucht nach den Maßstäben des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge den vorgetragenen Konflikt und gibt den erstellten Schlussbericht nach spätestens 9 Monaten an das DSB weiter. Sprechen sich nicht sämtliche Mitglieder des DSB gegen den Bericht des Panels aus (umgekehrter Konsens), wird der Bericht innerhalb von 60 Tagen nach Verteilung des Panelreports an die Mitglieder auf der DSB-Sitzung angenommen (Art. 16 DSU).
Sollte eine der Parteien oder ggf. sogar beide Parteien Einspruch erheben, überprüft das Appellate Body den Bericht des Panels und erstellt innerhalb von weiteren 60 Tagen einen eigenen Bericht (Art. 17 DSU). Dieser Bericht beschränkt sich lediglich auf rechtliche Fragen. Das DSB entscheidet auch hier in Form des umgekehrten Konsenses über die Annahme des Berichts des Appellate Bodys.
Einer Annahme des Panel-Berichts durch den DSB ist Folge zu leisten (Art. 21 DSU).
Wenn die unterlegene Partei die Empfehlung nicht umsetzt und die Streitigkeit auch nicht anders einvernehmlich beigelegt wird, kann die obsiegende Partei die Aussetzung von Pflichten nach den WTO-Übereinkommen, wie z.B. die Bindung an die Maximalzölle, beantragen. Erst wenn hierzu eine Ermächtigung erfolgt, dann - und zwar erst dann - sind Strafzölle als Sanktionen zulässig (Art. 22 DSU).
Das Streitschlichtungsverfahren der WTO | © Germany Trade & InvestDie Europäische Union war bis heute an 187 Streitbeilegungsverfahren beteiligt. In 102 Fällen nahm die EU die Rolle der Beschwerdeführerin und in 85 Fällen die der Beklagten ein. In weiteren 200 Fällen fungierte die EU als Beobachterin, das heißt als Drittpartei.
In Streitfällen wird die EU durch die Europäische Kommission vertreten, die durch das Europäische Parlament unterstützt wird. Das Europäische Parlament beobachtet aufmerksam die Entwicklung von Streitigkeiten und der Ausschuss für internationalen Handel des Parlaments nimmt zu den jeweiligen Handelsstreitigkeiten Stellung.