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Branchen | Ägypten | Wasserversorgung, Bewässerung

Ägypten sucht neue Wege im Wassermanagement

Knappe Ressourcen und steigender Bedarf: Für das vom Nil abhängige Ägypten hat die Wasserversorgung seit jeher hohen Stellenwert. Neue Ansätze sollen sie auch in Zukunft sichern.

Von Marcus Knupp | Kairo

Die zweite Generation des Wassersystems in Ägypten kündigte der ägyptische Minister für Wasserressourcen und Bewässerung, Hani Sewilam, anlässlich der deutsch-ägyptischen Wasserkonferenz WaTnexT am 24. September 2025 in Kairo an. Was er damit meint, erläuterte er in einem detailreichen Vortrag. Die wesentlichen Strategien zur Sicherung der Wasserversorgung sind demnach Wiederaufbereitung gebrauchten Wassers, Entsalzung von Meeres- und Brackwasser, ein besseres Management durch Digitalisierung, der Aufbau einer resilienteren Infrastruktur und die bessere Qualifizierung der beteiligten Arbeitskräfte.

Ein neues Trink- und Abwassergesetz, das im März 2026 in Kraft treten soll, eröffnet zudem weitere Möglichkeiten für den Privatsektor, sich an Projekten der Wasserinfrastruktur zu beteiligen. Dies betrifft sämtliche Stufen der Wertschöpfungskette: vom Bau der Anlagen über die Wasseraufbereitung und Entsalzung, die Verteilung und Ableitung bis zur Abwasserbehandlung. Vorgesehen sind rein private Betriebe ebenso wie öffentlich-private Partnerschaften (PPP). Unter dem Gesetz wird die 2004 geschaffene Regulierungsbehörde für Wasser und Abwasser beauftragt, die Durchführung zu koordinieren.

Wasser wird knapper

Über 90 Prozent des Wassers in Ägypten stammen aus dem Nil. Die bewässerten Anbauflächen des Niltals und des Nildeltas ziehen sich als grünes Band durch die Wüstengebiete, die nur von wenigen Oasen unterbrochen sind. Grundwasservorkommen sind begrenzt und überwiegend fossil, werden also nicht durch natürliche Wasserzufuhr wieder aufgefüllt. Lediglich der Küstenstreifen am Mittelmeer erhält regelmäßig Niederschläge. Diesen weitgehend feststehenden Ressourcen steht eine laufend zunehmende Bevölkerung entgegen. Die Bevölkerung erreichte im Jahr 2024 nach Angaben der Weltbank 117 Millionen Menschen, bei einer Zunahme von 1,7 Prozent. Pro Kopf steht heute rechnerisch nur noch ein Drittel der von 50 Jahren verfügbaren Wassermenge bereit.

Schon heute liegen die zur Verfügung stehenden Ressourcen unter der Nachfrage, die vor allem von der Landwirtschaft ausgeht. Die Lücke füllt insbesondere die Wiederaufbereitung bereits verwendeten Wassers. Für die Bewässerung bestehen geringere Anforderungen als für Trinkwasser. Rechnerisch füllt sogenanntes virtuelles Wasser eine weitere große Lücke: Produkte, zu deren Erzeugung große Mengen an Wasser benötigt werden, werden aus dem Ausland importiert werden, etwa Getreide. Verluste, beispielsweise durch schadhafte Infrastruktur, sind zwar beträchtlich. Verbesserungen würden allerdings bei Weitem nicht ausreichen, die Balance auszugleichen.

Ägypten hat zu wenig WasserWasserressourcen und -nachfrage (Milliarden Kubikmeter pro Jahr)
Ressourcen

 

Nachfrage 
Nil

55,5

Landwirtschaft

61,5

Entsalzung

0,4

Trinkwasser

11,8

Niederschlag

1,3

Industrie

5,4

Grundwasser

2,4

Verluste

2,5

Zusammen

59,6

Zusammen

81,2

Wiedernutzung nach Aufbereitung

21,6

Virtuelles Wasser 

(Import von Produkten wie Getreide)

38,8

Verfügbar

81,2

Theoretischer Bedarf

120,0

Quelle: Ministry of Water Resources and Irrigation, 2025

Angesichts der hohen Abhängigkeit vom Nilwasser reagiert Ägypten sehr empfindlich auf jedwede Beeinträchtigung des Zuflusses. Die großen Nilanrainer Äthiopien, Sudan und Ägypten haben sich in einem Vertrag 1959 auf die jedem Land zustehenden Anteile geeinigt. Mit dem Bau des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) verfügt Äthiopien über die Möglichkeit, einen größeren Teil des Wassers zurückzuhalten. Bisher sind die Spannungen zwischen den Ländern auf verbaler Ebene geblieben, das Konfliktpotenzial ist jedoch erheblich.

Potenziale in der Bewässerung

Die Landwirtschaft als größter Verbraucher von Wasser in Ägypten bietet entsprechende Potenziale für die effizientere Nutzung. Die Bedingungen für einen geregelteren Einsatz des Bewässerungswassers sind heute zudem anders als in früheren Epochen. Während traditionell das Nilhochwasser saisonal Wasser und fruchtbaren Schlamm auf die Felder gebracht hat, ist der Abfluss seit dem Bau des Assuan-Staudamms sehr viel regelmäßiger und ganzjährig. Die Bewässerung der Felder erfolgt nun über Kanäle, deren Pflege und Instandhaltung ebenso wichtig ist wie die ausreichende Drainage, um Versalzungen zu verhindern.

Mit seiner Strategie einer Bewässerung 2.0 setzt Ägypten verstärkt auf digitale Hilfsmittel bei der Planung und Überwachung der Wasserverteilung und -nutzung. Der Zustand der Bewässerungskanäle kann zum Beispiel mit Drohnen ständig kontrolliert werden. Satellitendaten ermöglichen die Beobachtung der Anbauflächen und den Zustand der Nutzpflanzen, um die Wasserzu- und -ableitung an den jeweiligen Bedarf anzupassen. Die Infrastruktur hierfür muss entsprechend aufgebaut und vernetzt werden. Anbieter von Mess- und Steuerungstechnik finden hier vielfältige Anwendungsfelder.

Smarte BewässerungDigitalisierung macht Wasserinfrastruktur resilienter
AufgabeVorgehen/Lösung
Wasserfügbarkeit einschätzenVorhersagemodelle für Niederschlag, Temperaturen
Wasserbedarf der Nutzpflanzen bestimmenSatellitengestützte Anbauanalysen
Zustand der Bewässerungsanlagen überprüfenZum Beispiel Kartierung der Ausbreitung von Wasserhyacinthen in Kanälen bzw. deren Beseitigung
Überwachung der Funktionsfähigkeit von Infrastrukturen, Zustand von NutzpflanzenMonitoring mithilfe von Drohnen
Steuerung von Bewässerung und DrainageDigitalisierung mit Messgeräten und Satellitenüberwachung
Quelle: Ministry of Water Resources and Irrigation

Wiedernutzung ist Schlüssel

Um die Anbauflächen über die bisherigen Gebiete im Niltal und im Delta hinaus auszudehnen, setzt Ägypten auf die erneute Nutzung des in der Bewässerung eingesetzten Wassers. Über ein ausgedehntes Drainagenetz fließt das gebrauchte Wasser zu Aufbereitungsanlagen. Dort wird es soweit gereinigt, dass es in der Landwirtschaft wieder verwendet werden kann. Drei - bereits bestehende - Großklärwerke, die rund um das Nildelta angeordnet sind, sollen die verfügbaren Wasserressourcen einmal um insgesamt 4,8 Milliarden Kubikmeter im Jahr erhöhen, mit nachfolgenden Kapazitäten:

  • New Delta Treatment Plant El Hammam, 7,5 Millionen Kubikmeter pro Tag, südwestlich von Alexandria
  • Bahr El-Bakar Treatment Plant, 5,6 Millionen Kubikmeter pro Tag, südlich von Port Said
  • Mahsama Treatment Plant, 1,0 Millionen Kubikmeter pro Tag, nahe Ismailia

Im Rahmen des New Delta-Projektes sollen 890.000 Hektar Wüstenland für die landwirtschaftliche Nutzung erschlossen werden. Die Aufbereitungsanlage El Hammam kann hierzu Wasser für die Bewässerung von rund 200.000 Hektar bereitstellen. Das aufbereitete Wasser aus der Anlage Bahr El-Bakar südlich von Port Said ist für die Erschließung von Anbauflächen im nordwestlichen Sinai vorgesehen. Das Wasser aus der Kläranlage Mahsama geht in die Agrarentwicklung östlich des Suezkanals.

Eine weitere zusätzliche Quelle ist die Entsalzung nicht nur von Wasser aus dem Meer, sondern auch von Brackwasser, das in den von Bodenversalzung betroffenen Anbauflächen und Lagunen anfällt.

Unterstützung vor Ort

Mit fundiertem Marktkenntnissen und einem starken Netzwerk steht der Branchenexperte Wasserwirtschaft des Wirtschaftsnetzwerks Afrika deutschen Unternehmen in Ägypten zur Seite.

Kontakt: Dr. Peter Riad

In Zusammenarbeit mit der AHK Ägypten und dem German Water Partnership hat Dr. Riad die Fachkonferenz WaTnexT mit rund 100 Unternehmensvertretern organisiert.

 

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