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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

Sparmaßnahmen setzen Infrastrukturprojekte unter Druck, Schienenprojekte haben Vorrang.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Auch im Jahr 2025 stehen in der Türkei weniger Mittel für öffentliche Investitionen zur Verfügung. Finanzminister Mehmet Şimşek hat im Rahmen der restriktiveren Geldpolitik die öffentlichen Budgets gekürzt. Infrastrukturprojekte werden geprüft, verschoben oder gestrichen, wenn sie nicht als notwendig gelten. Auch laufende Vorhaben könnten von finanziellen Engpässen betroffen sein. Priorität haben Projekte mit besonderer Bedeutung, insbesondere bei der Eisenbahn.

Mitte Januar wurde das staatliche Investitionsprogramm 2025 vorgestellt, das bewilligte Projekte auflistet. Trotz eines höheren Projektvolumens (291 Milliarden Euro, 2024: 210 Milliarden Euro) stehen weniger staatliche Mittel bereit (40 Milliarden Euro, 2024: 49 Milliarden Euro).

Finanzierungsprobleme und die volatile türkische Lira bremsen Privatisierungs- und BOT-Projekte (Build-Operate-Transfer). Verzögerungen entstehen durch fehlende geeignete Angebote und mehrfach verschobene Ausschreibungen. Hohe Baukosten führen häufig zu Projekten mit hoher Verschuldung und Währungsschwankungen zwingen Unternehmen, ihre Rentabilitätskalkulationen anzupassen.

Eisenbahnprojekte im Mittelpunkt

Schienenprojekte für den Güter- und Personenverkehr bleiben oben auf der Agenda. Rund 12 Milliarden Euro sind für 2025 eingeplant – 38 Prozent mehr als 2024. Geplante Mittel umfassen 804 Millionen Euro für die Hochgeschwindigkeitsstrecke Çerkezköy - Kapıkule, 626 Millionen Euro für das Projekt Mersin - Gaziantep und 541 Millionen Euro für Ankara - Izmir.

Das türkische Schienennetz soll bis 2053 von 13.000 auf 28.000 Kilometer wachsen. Die staatliche Eisenbahngesellschaft TCDD plant ein landesweites Hochgeschwindigkeitsnetz, das weiterhin hohe Investitionen erfordert. Seit dem Vorstoß der Regierung im letzten Jahr schreiten viele bisher feststeckende Projekte nun voran. Auch der Ausbau von Metrolinien in Großstädten steht auf der Agenda. Grenzüberschreitende Schienenprojekte rücken ebenfalls in den Fokus, allen voran das Irak-Türkei Development Road Projekt. Mit geplanten Investitionen von 17 Milliarden US-Dollar (US$) eröffnet es nicht nur Chancen im Eisenbahnbau.

Wasser- und Abwasserprojekte kommen nur schleppend voran

Zahlreiche Dämme zur Trinkwasserversorgung und Kläranlagen sind landesweit in Planung. Allerdings treten häufig Verzögerungen auf. Für die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung sind kommunale Versorgungsunternehmen, wie ISKI in Istanbul, ASKI in Ankara und BUSKI in Bursa, die wichtigsten Projektträger. Bei landwirtschaftlicher Bewässerung und der Trinkwasserversorgung der Großstädte ist die staatliche Generaldirektion für Wasserwirtschaft DSI (Devlet Su Isleri Genel Müdürlügü) der größte Projektträger. Im Investitionsplan 2025 stehen 2,6 Milliarden Euro für Vorhaben im landwirtschaftlichen Sektor bereit, insbesondere zur Bewässerung.

Hohe Investitionen in Energie und Bergbau

Für Projekte in der Energiebranche sind rund 3 Milliarden Euro vorgesehen, weitere 4 Milliarden Euro sollen in den Bergbau fließen. Zudem will die türkische Regierung 3,9 Milliarden Euro in die Entwicklung der Erdgas- und Erdölproduktion investieren, davon allein 2 Milliarden Euro in das Sakarya-Gasfeld. Zukünftig sind auch erhebliche Mittel für Erdgasspeicher und Stromübertragungsnetze eingeplant.

Energiepolitische Ziele der türkischen Regierung

Indikator

2022 *)

2023 *)

2028

Primäre Energienachfrage (in 1.000 t Erdöläquivalent)

159.500

163.350

190.000

Elektrizitätsnachfrage (in Mrd. kWh)

331

325

430

Primärer Energieverbrauch pro Einwohner (in t Erdöläquivalent)

1,8

1,9

2,0

Elektrizitätsverbrauch pro Einwohner (in kWh/Person)

3.883

3.780

4.700

Anteil des Erdgases an der Elektrizitätserzeugung (in %)

22,9

23,0

15,0

Anteil der erneuerbaren Energien an der Elektrizitätserzeugung (in %)

42,4

40,0

50,0

Elektrizitätserzeugung aus lokalen Energiequellen (in Mrd. kWh)

190,4

176,0

270,0

Installiert Kraftwerkskapazitäten (in MW)

103.809

106.800

136.000

* Bei den Daten handelt es sich mit Ausnahme der Angaben zur installierten Stromkapazität um Schätzungen.Quelle: Türkischer Fünfjahresplan 2024 bis 2028, Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen 2023

Erneuerbare Energien sollen deutlich zulegen

Im Januar 2023 legte die Türkei ihren Nationalen Energieplan und ihre Wasserstoffstrategie vor. Bis zum Jahr 2053 möchte die Türkei ihre Emissionen auf "Netto-Null" reduzieren. Gleichzeitig  sollen Investitionen in Atomkraft, erneuerbare Energien und Kohlekraft die Abhängigkeit der Türkei von Energieimporten verringern.

Nationaler Energieplan 2035 der türkischen RegierungInstallierte Kapazität in Gigawatt
 

2021 (Ist)

2035 (Plan)

Insgesamt

99,9

189,7

Erneuerbare Energien

49,9

117,6

  Solar

7,8

52,9

  Wind

10,6

29,6

  Wasser

31,5

35,1

Atomkraft

0

7,2

Erdgas

25,9

35,5

Kohle

20,5

24,3

Quelle: Nationaler Energieplan (Türkiye Ulusal Enerji Planı), Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen 2023

Der Ausbau der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien, vor allem Wind- und Solarenergie, soll mit Unterstützung des Privatsektors jährlich um rund 5.000 Megawattstunden gesteigert werden. Allerdings kommt es bei der Vergabe und Umsetzung von Projekten immer wieder zu Verzögerungen. Einige Vorhaben mussten in der Vergangenheit sogar neu ausgeschrieben werden. Künftige Ausschreibungen sollen laut türkischem Energieminister deshalb Mindestpreise und langfristige Stromabnahmegarantien vorsehen, um die Finanzierung von Investitionen zu erleichtern.

Ziele der türkischen Wasserstoffstrategie 2035

  • Senkung der Produktionskosten auf unter 2,4 US-Dollar pro Kilogramm Wasserstoff bis 2035 und unter 1,2 US-Dollar pro Kilogramm Wasserstoff bis 2053
  • Ausbau der Wasserstoff-Elektrolyseure-Kapazitäten von 2 Gigawatt im Jahr 2030 über 5 Gigawatt 2035 bis auf 70 Gigawatt 2053

Bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff laufen bereits erste Pilotprojekte. Die bestehende Energiepartnerschaft mit Deutschland könnte auch bei grünem Wasserstoff Chancen für gemeinsame Projekte eröffnen. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung unterstützt die türkische Energiebranche als wichtiger Kreditgeber und beteiligt sich zudem an Unternehmen vor Ort.

Prestigeprojekte auf Eis

Der aktuelle Stand des Prestigeprojekts Kanal Istanbul ist unklar, es ist ruhig um das Vorhaben geworden. Der 45 Kilometer lange, künstlich angelegte Kanal soll den Frachtschiffsverkehr im Bosporus entlasten und rund 25 Milliarden US$ kosten. Geplant ist das Projekt als BOT, die Ausschreibung steht jedoch noch aus. Als Berater fungiert Yüksel Proje. Es ist wahrscheinlich, dass Präsident Erdoğan weiterhin an der Umsetzung festhalten möchte. Die ursprünglich geplante Fertigstellung im Jahr 2026 dürfte jedoch nicht mehr realistisch sein.

Der geplante 3-Level-Bosporus-Tube-Tunnel kommt ebenfalls nicht voran. Das Projekt sieht einen 6,5 Kilometer langen Tunnel vor, der sowohl den Autoverkehr als auch eine Metroverbindung unter dem Bosporus ermöglicht. Die Baukosten werden auf rund 3,5 Milliarden US$ geschätzt. Geplant ist das Projekt als BOT, doch die Ausschreibung wurde mehrfach verschoben. Yüksel Proje ist für das FEED (Front End Engineering Design) und die Beratung verantwortlich. Bisher gibt es jedoch keine konkreten Fortschritte.

Das Sinop-Kernkraftwerk steckt seit Jahren fest. Laut der Projektdatenbank MEED sind die Korea Electric Power Corporation (KEPCO) und die russische Rosatom nun in Gesprächen zur Projektentwicklung.

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