Wirtschaftsausblick | Ägypten
Ägyptens Wirtschaft mit stabilen Wachstumsaussichten
Investitionen in Infrastruktur und Produktion sorgen für eine weiterhin gute Konjunktur in Ägypten. Die Kooperation mit ausländischen Partnern ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.
23.12.2025
Von Marcus Knupp | Kairo
Top-Thema: Zusammenarbeit mit Golfstaaten und EU
Der Zufluss von ausländischen Investitionen (FDI) und Finanzhilfen stärkt und stabilisiert die ägyptische Wirtschaft. Vor allem aus den arabischen Golfstaaten kommen umfangreiche Investitionszusagen. Die bisherige Spitze markierte Mitte 2024 Abu Dhabi mit 24 Milliarden US-Dollar (US$) für die geplante neue Stadt Ras El-Hekma an der Mittelmeerküste. Nun plant auch das Emirat Katar den Bau einer neuen Stadt bei Alam El Roum, ebenfalls an der ägyptischen Nordküste, mit Investitionen von insgesamt 29,7 Milliarden US$. Allein 3,5 Milliarden US$ fließen zum Start in den Landerwerb und damit direkt an den Staat.
Kuwait und Saudi-Arabien wollen einen Teil ihrer Guthaben bei der ägyptischen Zentralbank in Höhe von 4 Milliarden und 10,3 Milliarden US$ in Investitionen fließen lassen. Diese könnten vor allem Infrastrukturprojekten in Bereichen wie Häfen, Flughäfen, Logistik und Energie zugute kommen.
Zu einem europäisch-ägyptischen Gipfeltreffen in Brüssel kamen im Oktober 2025 die Führungsspitzen der EU und Ägyptens zusammen. Die EU bestätigte dabei ihre im März 2024 beschlossene makroökonomische Hilfe in Höhe von 7,4 Milliarden Euro. Davon war bereits 1 Milliarde Euro ausgezahlt worden. Weitere 4 Milliarden Euro sollen nun folgen.
Darüber hinaus engagiert sich die EU mit der Unterstützung der Berufsausbildung, der Verbesserung der lokalen Verwaltung oder der Nachhaltigkeit, etwa beim Programm Nexus of Water, Food and Energy (NWFE). Neu beschlossen wurde der Zugang Ägyptens zum europäischen Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe.
Wirtschaftsentwicklung: Wachstum stabilisiert sich
Das Zutrauen in die ägyptische Wirtschaft festigt sich. Mit einem stabilen Wechselkurs, gesunkener Inflationsrate und weiter fließenden Auslandsinvestitionen haben sich makroökonomische Basisdaten deutlich verbessert. Das zeigt sich in den Aussichten für die kommenden Jahre. Gegenüber ihren Einschätzungen von Anfang des Jahres haben Finanzinstitutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), Entwicklungsbanken und Wirtschaftsinstitute ihre Prognosen nach oben angepasst.
Die reale Zunahme des Bruttoinlandsproduktes (BIP) wird in den nächsten Jahren demnach bei rund 5 Prozent liegen. Für 2025 geht der IWF von einem Wachstum von 4,3 Prozent aus, das sich 2026 auf 4,5 Prozent erhöhen soll. Die Economist Intelligence Unit (EIU) erwartet sogar 5,3 Prozent für 2026 und Werte von 5,5 bis 5,7 Prozent in den folgenden Jahren.
Die Inflationsrate lag in der 2. Jahreshälfte 2025 bei circa 12 Prozent und damit abermals niedriger als zu Beginn des Jahres. Eine weitere Abschwächung auf einstellige Werte könnte 2026 oder 2027 möglich sein. Erleichterung erhalten die Konsumenten auch durch die Überweisungen von Auslandsägyptern. Im Zeitraum Januar bis Juli 2025 lagen diese bei 23,2 Milliarden US$ und damit fast 50 Prozent über dem Vorjahr. Um rund 21 Prozent erhöhte sich in den ersten neun Monaten 2025 die Zahl der ausländischen Besucher. Der Spitzenwert von 15,78 Millionen Touristen und Einnahmen von 15,3 Milliarden US$ dürfte also übertroffen werden.
Positive Signale gibt es zudem bei den Einnahmen aus dem Suezkanal. In den ersten drei Quartalen 2025 erhöhte sich die Zahl der Durchfahrten gegenüber 2024 um etwa ein Drittel. Die Einnahmen aus den Durchfahrtsgebühren stiegen nicht im gleichen Maße, da die passierenden Schiffe im Durchschnitt kleiner waren. Anfang Dezember 2025 hat aber beispielsweise die Reederei CMA CGM angekündigt, ihren Containerverkehr zwischen Indien und den USA ab Januar 2026 wieder durch das Rote Meer zu leiten.
Schuldendienst belastet Haushalt
Ägypten bleibt auf absehbare Zeit auf Finanzzuflüsse aus dem Ausland angewiesen. Neben Direktinvestitionen, Auslandsüberweisungen und Einnahmen aus dem Dienstleistungssektor gehören dazu vor allem ausländische Einlagen bei der Zentralbank sowie Kredite internationaler Finanzinstitutionen. Die dafür anfallenden Zinsen schränken den Spielraum für öffentliche Ausgaben erheblich ein. Die gesamte öffentliche Verschuldung wird 2025 nach Einschätzung des IWF bei 87 Prozent des BIP liegen und 2026 leicht auf 85 Prozent sinken. Nach Angaben der ägyptischen Zentralbank erreichte das Volumen der Auslandsschulden im 1. Quartal 2025 einen Wert von 44,5 Prozent des BIP.
Ein- und Ausfuhren steigen
In den ersten acht Monaten 2025 stiegen die Einfuhren Ägyptens gegenüber dem Vorjahr um 7,4 Prozent. Die Exporte erhöhten sich sogar um 15,4 Prozent. Gleichzeitig verändert sich die Struktur der Ausfuhren: Der Anteil von Rohstoffen nimmt ab, während Zwischenprodukte den stärksten Zuwachs verzeichnen und an Bedeutung gewinnen. Wichtigste Zielländer sind 2025 die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Italien, Saudi-Arabien, die Türkei und die USA.
Zu den wichtigsten Importgütern Ägyptens gehören neben mineralischen Brennstoffen Maschinen, Anlagen, elektrische Ausrüstungen und Geräte sowie Fahrzeuge (auch in Teilen) und Kunststoffe. Wichtigste Lieferländer sind 2025 China mit einem Anteil von 18,5 Prozent, die USA (12,2 Prozent), Saudi-Arabien (9,4 Prozent), Russland (4,9 Prozent) und Deutschland (4,3 Prozent).
Deutsche Perspektive: Mögliche Produktion von Volkswagen
Vor allem chinesische Hersteller steigen derzeit in die lokale Montage von Autos ein. Anfang Dezember 2025 hat nun auch Volkswagen angekündigt, zunächst die Montage von Fahrzeugen in East Port Said aufzunehmen. Partner ist das bestehende Unternehmen Egyptian-German Automotive (EGA). Perspektivisch steht der Aufbau einer echten Fertigung auf dem Plan, wie Presseberichte nach einem Austausch zwischen Industrieminister Kamel Al-Wazir und VW-Chef Thomas Schäfer meldeten. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Ansiedlung von Zulieferbetrieben. Bereits im November hatte das Unternehmen Leoni Pläne für einen weiteren Standort in Ägypten zur Produktion von Kabelbäumen vorgestellt.