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Bauwirtschaft benötigt Investitionen

Algeriens Bauindustrie steckt nach wie vor in einer schwierigen Situation. Ausländische Zulieferer sollten den Markt nicht aus dem Blick verlieren.

Von Peter Schmitz | Tunis

Nach schwierigen Jahren steht Algeriens Regierung wieder genügend Geld für Investitionen zur Verfügung. Seit dem rasanten Anstieg der Energiepreise schwimmt die Regierung förmlich im Geld. Der fiskalische Breakeven-Point liegt bei einem Ölpreis von etwa 72 US-Dollar (US$). Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für 2022 mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als 4 Prozent.

Bauwirtschaft leistet wichtigen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt

Für viele lokale Bauunternehmen könnte das zu spät kommen. Die vergangenen Jahre trafen besonders einheimische Unternehmen. Da der Staat jahrelang seinen Zahlungsverpflichtungen kaum nachgekommen ist, stehen sie mit dem Rücken zur Wand. 

Zudem kommt Kritik aus der Branche, dass ausländische Angebote bevorzugt würden. Starke Konkurrenten im Bausektor sind ohne Zweifel die chinesischen Konglomerate, die den Infrastrukturbau seit Jahren dominieren. Zuletzt kamen Unternehmen aus der Türkei in den Markt, die sich im Wohnungsbau etliche Projekte sichern konnten.

Unabhängig von der schwierigen Situation der lokalen Branchenvertreter leistet der Bausektor einen wichtigen Beitrag zur algerischen Wirtschaft. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei 11 Prozent. Das größte lokale Unternehmen ist die staatliche Groupe Cosider, die zu den größten Bauunternehmen des Kontinents gehört. 

Sehr leistungsfähig ist die algerische Baustoffindustrie in einigen Segmenten. Auch hier sind ausländische Unternehmen aktiv, die den Weltmarkt von Algerien aus bedienen. Vor allem Zement und Betonstahl werden exportiert. Die Regierung will diese Industriezweige auch in Zukunft unterstützen. Hierzu zählt vor allem die nachhaltige Versorgung mit Energie, was durch den Einsatz erneuerbarer Energien und grünem Wasserstoff sichergestellt werden soll.

Ausbaupläne für Wohnungen, Stadien und mehr Energieeffizienz im Hochbau 

Die Schaffung von angemessenem Wohnraum ist seit Jahren eine Priorität der Regierung. Auch Abdelmadjid Tebboune kündigte nach seiner Wahl zum Präsidenten im Dezember 2019 an, 1 Millionen neue Wohneinheiten schaffen zu wollen. Trotz eines wochenlangen Stillstands auf den Baustellen waren bis Ende März 2022, nach Angaben des Ministeriums für Wohnungs-, Städte- und Siedlungswesen, mehr als 400.000 Einheiten fertig gestellt, etwa 390.000 seien im Bau.

Nachdem in den vergangenen Jahren bereits mehrere Stadien neu gebaut (wie das Olympiastadion Oran anlässlich der Mittelmeerspiele 2022) oder renoviert wurden, soll noch 2022 das neue Stadion von Tizi-Ouzou mit einer Kapazität von 50.000 Plätzen fertig gestellt werden. Die Kosten dürften dann etwa 350 Millionen Euro betragen. Im Oktober 2022 kündigte der Minister für Wohnungs-, Städte- und Siedlungswesen den Startschuss für neue Projekte in Constantine, Annaba, Ouargla und Béchar an. 

Aus deutscher Sicht dürfte die energetische Sanierung von Gebäuden mittelfristig interessant werden. Die Agence nationale pour la promotion et la rationalisation de l'utilisation de l'énergie (APRUE) schlägt einen Energieausweis zur Bestimmung der Energieeffizienz von Gebäuden vor. Dieser soll bis 2024 eingeführt werden. Algerien will laut seinem nationalen Klimaplan bis 2010 zehn Prozent seines Energieverbrauchs einsparen. Fast die Hälfte des Energieverbrauchs gehen auf das Konto des Wohnsektors. Neben der Wärmedämmung von Neubauten liegt laut APRUE großes Potenzial in der Renovierung bestehender Gebäude und der Gebäudeautomatisierung.

Entwicklung der Infrastruktur geht weiter

Ambitionierte Pläne zur Schaffung neuer Handelsrouten setzt Algerien langsam, aber stetig um. Die Erschließung der südlichen Regionen des Landes nimmt dabei eine wichtige Rolle ein. Für das Jahr 2022 waren etwa 750 Millionen Euro für den Straßenbau vorgesehen, davon 50 Millionen für Sanierungsmaßnahmen. So steht der Trans-Sahara-Highway in Algerien kurz vor der Fertigstellung. In einer zweiten Phase steht nun die Verbindung seiner beiden Adern im Süden Algeriens durch den Abschluss der N55 zwischen Silet und Tin-Zaouatine (367 Kilometer) an. Auch die Ostwest-Autobahn im Norden des Landes ist bis auf ein Teilstück von 32 Kilometern bis zur tunesischen Grenze fertig gestellt. Im Bau sind aktuell insgesamt 740 Kilometer von Zubringern in mehreren Städten, unter anderem Blida, Bejaja, Djen Djen und Jijel.

Der Ausbau des Schienennetzes wird konsequent weiterverfolgt. Es soll von 4.200 Kilometern auf 12.500 Kilometer anwachsen, wobei der Zeitplan nicht mehr zu halten sein dürfte. Federführend ist die staatliche Planungsgesellschaft Agence nationale d’études et de suivi de la réalisation des investissements ferroviaires (ANESRIF). Auch im Schienenverkehr spielt die bessere Verbindung zwischen Norden und Süden des Landes eine zentrale Rolle. Berichten zufolge sind Ausschreibungen für eine Reihe von Projekten auf der Strecke Alger–Tamamrasset in Vorbereitung.

Um die wirtschaftliche Integration des Landes voranzutreiben, sollen die elf Seehäfen des Landes mit den industriellen Zentren verbunden werden. Dazu werden in Zukunft auch vermehrt Bergbaugebiete gehören. Daher ist, neben der Phosphatlinie Annaba-Tebessa-Djebel Onk, der Anschluss der Eisenlagerstätte Gara Djebilet im äußersten Südwesten an die Mittelmeerhäfen geplant.   

Im Jahr 2022 fiel der Startschuss für das Hafen-Megaprojekt El Hamdania, etwa 90 Kilometer westlich von Algier. Mit einer geplanten Kapazität von 6,5 Millionen Containern (TEU) würde er zu den größten des Kontinents und der Mittelmeerregion gehören. Die Export-Import Bank of China beteiligt sich an dem Projekt, das für die Wirtschaft des Landes und der Region ein Game-Changer sein könnte. Auch für bestehende Häfen gibt es Ausbaupläne. In Bejaia, dem zweitgrößten Hafen Algeriens, sollen beispielsweise fünf neue Quais gebaut und die bestehenden Docks ausgebaggert werden.

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