Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Algerien | Außenhandel, Struktur

Algerien schaut nach Afrika

Im Nichtölsektor kann Algier kleine Exporterfolge vorzeigen. Die Ausfuhren nach Afrika steigen jedoch nicht so schnell wie geplant.

Von Friedrich Henle | Berlin

1 Milliarde US-Dollar (US$) – so viel will Algerien für Wirtschafts- und Entwicklungshilfe auf dem afrikanischen Kontinent bereitstellen. Verkündet hat das medienwirksam der algerische Premierminister Aymen Benabderrahmane auf dem Gipfel der Afrikanischen Union Mitte Februar 2023 in Addis Abeba. Details zu den einzelnen Projekten oder Zielländern enthielt die Ankündigung nicht.

Die Nachricht reiht sich ein in eine Serie diplomatischer und wirtschaftspolitischer Aktivitäten, mit denen das Land als wichtiger Akteur in Afrika wahrgenommen werden will – und das auch vor dem Hintergrund politischer Konkurrenz zu anderen Akteuren in der Region, die ähnliche Ambitionen haben. Der „Blick nach Süden“ ist eine Konstante des im Jahr 2019 gewählten Präsidenten Abdelmadjid Tebboune und seiner Regierung. Im Februar 2020 hatte Tebboune per Dekret die algerische Entwicklungshilfeorganisation ALDEC (Agence Algérienne de Coopération Internationale pour la Solidarité et le Développement) ins Leben gerufen. Es ist nun die ALDEC, die die angekündigte Summe in konkrete Projekte ummünzen soll.

Algerien exportiert bisher wenig nach Afrika

Die wirtschaftliche Integration Algeriens mit dem restlichen Kontinent ist indes weiter ausbaufähig. Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 gingen gerade einmal 6 Prozent aller Ausfuhren in afrikanische Länder. Ein klarer Trend nach oben lässt sich an den Zahlen noch nicht ablesen. Dies liegt an der bisher einseitigen Ausrichtung des Exports auf Energierohstoffe, die vor allem der europäische Markt abnimmt. Auch im Geschäft mit Afrika dominiert das Geschäft mit Öl und Gas, aber in geringerem Maß als mit anderen Handelspartnern. Im Jahr 2021 betrug der Anteil „nur“ noch rund drei Viertel aller Ausfuhren auf den Kontinent.

Erste Erfolge bei Industrieexporten erkennbar

Bei der Exportstatistik der letzten Jahre zeigt sich, dass Algerien die große Abhängigkeit vom Öl- und Gasgeschäft zumindest leicht verringern konnte. Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da der Ausfuhrwert der Energierohstoffe großen Schwankungen bei den Weltmarktpreisen ausgesetzt ist.

Gleichzeitig können die algerischen Branchen tatsächlich gewisse Exporterfolge aufweisen, die sich auch in der Handelsbilanz zeigen. Zu nennen sind hier Baustoffe, Medikamente und Nahrungsmittel. So haben algerische Werke im Jahr 2021 für etwa 900 Millionen US$ Eisen- und Stahlprodukte exportiert. Im selben Jahr profitierte das Land von hohen Ammoniakpreisen bei der Ausfuhr. Erste bekannt gewordene Zahlen für das Jahr 2022 scheinen den Trend zu bestätigen: Nach rund 4,5 Milliarden US$ sollen es nun rund 6,7 Milliarden US$ gewesen sein, die außer Gas und Öl wertmäßig exportiert wurden. Diese Zahl erwähnte eine Vertreterin des Handelsministeriums im Januar 2023 in einem Radiointerview und nannte dabei als Zielmarke einen Wert von 10 Milliarden US$ für das laufende Jahr.

Die algerische Außenwirtschaftsförderung soll ihren Teil dazu beitragen. Sie besteht in erster Linie aus Steueranreizen. So müssen Unternehmen auf den Anteil des Umsatzes, der mit Exporten generiert wird, keine Körperschaftsteuer zahlen. Algerien (ko-)organisiert außerdem Leistungsschauen für Produkte „Made in Algeria“, so in Libyen im Februar 2023, zum zweiten Mal nach 2022, und in Mauretanien im Januar 2023. Algerische Banken haben jüngst Filialen im Nachbarland Mauretanien eröffnet, um den grenzüberschreitenden Handel zu fördern.

Staat baut Logistikinfrastruktur weiter aus

Die algerische Regierung untermauert ihre Exportziele und die strategische Ausrichtung auf Afrika auch mit Vorhaben im Infrastruktur- und Logistikbereich. Im Verkehrsbereich ist der Transsahara-Highway via Niger nach Lagos in Nigeria auf algerischer Seite inzwischen komplett betoniert. Mit Mauretanien hat es im Jahr 2022 einen Vertrag gegeben, um eine neue Straße von Tindouf im Südwesten Algeriens nach Zouérate im Nachbarland zu bauen. Medienberichten zufolge soll die 775 Kilometer lange Straße von den algerischen Unternehmen COSIDER, GITRAMA und GITRA gebaut werden. Das Projekt befindet sich aktuell in der Studienphase.

Seit Februar 2022 besteht zudem eine von Algier initiierte Handelsschiffsroute mit Mauretanien. Laut Presseberichten reicht das bisherige Handelsvolumen aber noch nicht aus, um die monatlich geplante Verbindung tatsächlich dauerhaft auszulasten.

Größere Schienenprojekte betreffen vor allem lange Strecken in die südlichen Landesteile, um zunächst Rohstoff-Lagerstätten anzuschließen. Ein Beispiel dafür ist die geplante Verlängerung der Linie von Béchar nach Tindouf im Südwesten – eine Strecke von 1.000 Kilometern –, um das Eisenerz aus der Lagerstätte Gara Djebilet abzutransportieren. Verkehrsminister Kamel Beldjoud kündigte Mitte Februar 2023 in Algier an, dass der Bau von Eisenbahnstrecken, die den Norden mit dem Süden des Landes verbinden, "die Priorität des laufenden Jahres" sei.   

Beim Thema Energieinfrastruktur sticht die diskutierte Transsahara-Gaspipeline von Nigeria über Niger bis nach Algerien hervor. Bis durch die 4.000 Kilometer-Trasse Gas fließt, dürfte es aber noch eine Weile dauern. Zwar haben die drei betroffenen Staaten im Juli 2022 eine entsprechende Absichtserklärung abgeschlossen. Die finale Investitionsentscheidung ist aber noch lange nicht gefallen. Ein kritischer Punkt dürfte neben der Sicherheitslage im Sahel die Aufteilung der veranschlagten Kosten von etwa 13 Milliarden US$ sein.

Auch die Luftfahrt soll zu einer stärkeren Vernetzung mit dem Kontinent beitragen. Die staatliche Fluggesellschaft Air Algérie hat für März 2023 neue Verbindungen angekündigt und wird nun auch Äthiopien, Gabun und Südafrika anfliegen. Außerdem will sie ihre Flotte vergrößern. Aktuell läuft eine Ausschreibung zur Anschaffung von 15 neuen Flugzeugen.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.