Nach Jahren der Stagnation sieht die Branche die Zukunft verhalten optimistisch. Das Rezessionsende sollte den Menschen höhere Lebensmittelausgaben erlauben. Die Importe steigen.
15.05.2025
Von Stefanie Schmitt
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Santiago de Chile
Ausblick der Nahrungsmittelindustrie Argentinien
Die Politik hat eine Marktöffnung und eine Reduzierung staatlicher Eingriffe versprochen.
Eine Reihe von Maßnahmen wurde bereits umgesetzt, viele stehen noch aus.
In- und externe Unwägbarkeiten können den Erfolg verlangsamen oder sogar zunichtemachen - doch insgesamt überwiegt die Hoffnung.
Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Mai 2025.
Die Zeichen stehen auf Marktöffnung, vorsichtiger Produktdifferenzierung und ausgewogenerer Ernährung - immer vorausgesetzt, dass es der Geldbeutel zulässt. Investiert wird wenig.
Entgegen der Politik der Importsubstitution der Vergangenheit hat die aktuelle Regierung begonnen, die Grenzen für importierte Nahrungsmittel zu öffnen. Sie will mit Hilfe günstigerer Einfuhren über mehr Konkurrenz die hohen Preise drücken und die lokale Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen.
Zwar gibt der Handel die niedrigeren Importpreise bislang nur bedingt an die Endkunden weiter. Doch mittel- bis langfristig werden vor Ort neue heimische Anbieter in den Markt kommen und sich mehr Absatzchancen für Importwaren ergeben.
Milei hat es geschafft, die Stimmung in der Wirtschaft zu drehen. Deshalb ist jetzt der richtige Moment, um sich in Argentinien passende Partner zu suchen und sich in Position zu bringen, um bereit zu sein, wenn es in Argentinien wieder `losgeht´.
Panel-Statement auf der AHK-Veranstaltung "Vision 2025" in Buenos Aires im März 2025
Auch deutsche Nahrungsmittelimporte können profitieren
Mit Ausnahme vielleicht von Buenos Aires sind Bier, Kekse oder andere Produkte deutscher Provenienz bislang kaum in den argentinischen Supermarktregalen zu finden – und wenn, dann zu prohibitiven Preisen. Dies spiegeln auch die Importzahlen wider. Laut Comtrade importierte Argentinien 2024 aus Deutschland gerade einmal Nahrungsmittel und Getränke für 34 Millionen US-Dollar (US$). Umgekehrt war der Warenstrom etwa zehnmal so groß.
Generell hatten Branchenerzeugnisse aus dem Ausland angesichts von Finanzknappheit und Importrestriktionen einen schweren Stand: Insgesamt kamen 2024 lediglich Waren im Wert von knapp 2 Milliarden US$ ins Land; die Ausfuhr war etwa 13 Mal so groß.
Zwar muss sich der Absatzmarkt für deutsche Waren erst entwickeln. Trotzdem haben einige deutsche Lebensmittelkonzerne die Vorgänge in Argentinien bereits aufmerksam im Blick.
9,3%
soll der Umsatz des argentinischen Lebensmittelmarktes bis 2030 durchschnittlich jährlich wachsen.
Zugleich erhöht sich der Druck, speziell auf kleinere Firmen. Dabei liegen hinter der argentinischen Ernährungswirtschaft bereits schwierige Jahre. Bis zum Amtsantritt Mileis "strangulierten" Preiskontrollen die Margen; sogar von einem "toxischen Geschäftsklima“ spricht beispielsweise Juan Manuel Airoldes, Präsident des argentinischen Nudelverbands (Uifra). Somit war die nach Amtsantritt erfolgte Aufhebung der Preiskontrollen für die Branche eine enorme Erleichterung.
Hoffnung für Verbraucher
Die letzten beiden Rezessionsjahre hatten dazu geführt, dass viele Menschen den Gürtel buchstäblich enger schnallen mussten. Besonders schmerzte der Verzicht auf das geliebte "Asado“ mit Rindfleisch. Tatsächlich aßen die Argentinier 2024 das erste Mal in der Geschichte mehr preiswertes Hühnchen. Die Nachfrage nach Rindfleisch war auf dem niedrigsten Stand seit 28 Jahren (wobei Argentinien beim Fleischkonsum pro Kopf nach wie vor weltweit auf Rang 2 lag).
Vor diesem Hintergrund belief sich der Umsatz mit Lebensmitteln auf Einzelhandelsbasis 2024 auf schätzungsweise 58,9 Milliarden US-Dollar (US$), recherchierten Verax Consultores.
Mit Ende der Rezession wächst auch die inländische Kaufkraft wieder. Laut Statista wird der Umsatz auf dem Lebensmittelmarkt 2025 auf knapp 63 Milliarden US$ zulegen.
Geschätzter Umsatz mit Lebensmittel in Argentinien 2024Preise auf Einzelhandelsbasis in Milliarden US-Dollar; Anteile in Prozent
Laut dem nationalen Institut für Statistik und Volkszählung in Argentinien (Instituto Nacional de Estadística y Censos; INDEC) ist im großen Massenmarkt angesichts einer Armutsquote von 38,1 Prozent (2. Halbjahr 2024) und um 18 bis 25 Prozent gesunkenen Haushaltseinkommen im Jahr 2024 vor allem der Preis kaufentscheidend. Selbst Gutverdiener achten inzwischen auf Sonderangebote und kaufen nicht mehr frei nach Gusto.
Die Lebensmittelfirmen tragen dem Rechnung, indem sie Produktlinien in verschiedenen Preiskategorien sowie in kleineren Verpackungsgrößen anbieten. Darüber hinaus haben viele ihr Angebot auf wenige Basisprodukte "eingedampft". Vor den Krisendekaden habe es zum Beispiel noch eine deutlich größere Auswahl von Milch- und Molkereiprodukten gegeben, erinnert sich Kristian Lerche Nielsen von der dänischen Molkerei Arla Foods Ingredients. Denn nicht nur für Käufer ist Argentinien teuer – das Gleiche gilt für die Produzenten angesichts der zahlreichen Ineffizienzen im System wie bürokratische Prozesse, hohe Arbeitskosten und ein inflexibles Arbeitsrecht.
Das Angebot wird sich auffächern
Mit dem Wirtschaftsaufschwung sollte daher als Nächstes eine Differenzierung der Produktpalette einhergehen. So ist der Verkauf günstiger Nudeln laut Uifra seit der Pandemie ganz erheblich nach oben gegangen. Für die Firmen rechnen sich diese nur über die Masse. Für qualitativ hochwertige Nudeln etwa in besonderen Geschmacksrichtungen, ohne Gluten oder aus Vollkorn ist der Markt noch sehr klein. Abgedeckt werden Spezialitäten in der Regel von Nischenanbietern und nicht von großen, eher unflexiblen Firmen. Doch diese Nischen wachsen. Ähnliche Entwicklungen gibt es in vielen Segmenten des Lebensmittelsektors.
Generell lasse sich ein Trend zu mehr ausgewogener Ernährung feststellen, speziell unter jüngeren Menschen, meint Daniel Urcia vom Instituto de Promoción de la Carne Vacuna (IPCVA), einer Organisation, die sich der Förderung und Vermarktung von argentinischem Rindfleisch widmet. Dazu trägt auch die seit 2022 bestehende Pflicht bei, Lebensmittelpackungen mit hohem Sodium-, Zucker-, Fett- sowie Kaloriengehalt zu kennzeichnen. Dagegen spielen Themen wie umweltfreundliche Verpackungen, fairer Handel, Tierwohl oder Bio nur eine nachgeordnete Rolle. Nur 5 Prozent bis 6 Prozent der Bevölkerung ernähren sich vegan oder vegetarisch, schätzt Urcia.
Investitionen müssen noch warten
Große Neuinvestitionen sind vorerst nicht zu erwarten. In vielen Fabriken sind die Maschinen nicht ausgelastet – und nach wie vor ist es für die eher kleinen und mittelgroßen Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor schwierig bis unmöglich, zu akzeptablen Zinsen Bankkredite zu erhalten. Hinzu kommt die fehlende Planungssicherheit sowohl im In- als auch im Auslandsgeschäft.
Das heißt aber nicht, dass es keine Ausnahmen gäbe. Beispielsweise werden Branchenangaben zufolge derzeit Brotbacköfen verstärkt nachgefragt. Hintergrund ist der Trend zu glutenfreien Produkten – weshalb immer mehr Firmen eine Zweitlinie brauchen. Besonders Firmen aus dem formellen Sektor klagen über hohe Arbeitskosten und ein inflexibles Arbeitsrecht. Vor diesem Hintergrund ist allgemein mit einem gewissen Mechanisierungs- und Automatisierungsschub zu rechnen.
Außerdem gäbe es, so ein Branchenvertreter, noch viel Luft nach oben in Richtung nachhaltige Produktion und Minderung des Kohlendioxidausstoßes. Doch ohne Druck von außen dürfte sich daran wenig ändern.
Fallbeispiel Arla Foods Ingredients: Molkereikonzern investiert in Trockenturm
2024 begann der dänische Molkereikonzern Arla Foods Ingredients in Porteña/Córdoba mit dem Bau eines dritten Trockenturms. Die Erweiterung kostet laut La Nación zwischen 50 Millionen und 60 Millionen US$. Lieferant ist ein Molkereitechnologieanbieter aus den USA.
Die Anlage zur Herstellung von Molkepermeatpulver, einem Nebenprodukt der Käseherstellung und der Gewinnung von Proteinkonzentraten aus Molke, soll 2026 fertig sein. Ziel ist es, die wachsende Nachfrage nach dieser Zutat in der Lebensmittelindustrie zu bedienen. Arla beliefert nicht nur den argentinischen Markt, sondern exportiert vor allem auch Richtung Brasilien.
Traditionell kamen für die argentinische Ernährungswirtschaft aus dem Export immer wieder positive Impulse. Doch angesichts der gegenwärtigen weltpolitischen Achterbahn ist selbst diese Auslandsnachfrage keine sichere Bank mehr. Dies zeigte sich etwa jüngst anhand Chinas vorübergehenden Stopp für Rindfleischimporte unter anderem aus Argentinien. "Und was würde etwa passieren, wenn sich Lula und Milei derart zerstreiten, dass Brasilien seine Tore für argentinische Produkte schließt? "Ausschließen lässt sich doch heutzutage gar nichts mehr", fragt sich ein besorgter Firmenvertreter.
Gegenwärtig zeigt sich die argentinische Nahrungsmittelbranche überaus fragmentiert und in Teilen ineffizient. Jetzt geht der Trend hin zu mehr Automatisierung.
Argentinien verfügt über eine hochentwickelte und sehr breit aufgestellte Landwirtschaft und auf dieser basierend über eine sehr diversifizierte Ernährungsindustrie – nicht allein für den Endverbrauch, sondern auch als Zulieferer für Weiterverarbeiter.
Zum Beispiel produzierte Argentinien 2024 laut der argentinischen Kammer der Geflügelproduzenten(Cámara Argentina de Productores Avícolas) über 17 Milliarden Eier, davon ging etwa eine Milliarde als Vollpulver, Eigelbpulver oder Albumin in industrielle Anwendungen.
Nach Angaben der Beobachtungsstelle der argentinischen Milchlieferkette (Observatorio de la Cadena Láctea Argentina; OCLA) werden täglich rund 27 Millionen Liter Milch produziert, die hauptsächlich zu Käse, Milchpulver, Trinkmilch und Kasein weiterverarbeitet werden. Die etwa 600 Molkereien sind überwiegend auf den Binnenmarkt ausgerichtet. Dennoch exportierte Argentinien im Jahr 2024 für mehr als 1,4 Milliarden US-Dollar (US$) rund 383.000 Tonnen Milchprodukte, hauptsächlich Milchpulver und Käse, ins Ausland, wobei über die Hälfte der Exporte nach Brasilien ging. Zu den exportierten Produkten gehört auch Dulce de Leche, eine Spezialität der argentinischen Gastronomie.
Gemäß Informationen des nationalen Statistikamtes INDEC wurden rund 8,4 Millionen Tonnen Sojabohnenöl sowie 1,7 Millionen Tonnen Sonnenblumenöl produziert. Beim Export von Sonnenblumenöl steht Argentinien 2024/25 damit weltweit voraussichtlich an dritter Stelle nach Russland und der Türkei, während das Land beim Export von Sojabohnenöl seit Jahren Platz eins belegt, so das US Foreign Agricultural Service.
Situation der Winzer typisch für viele kleine Produzenten in Argentinien
Nicht nur Steaks – auch Wein aus Argentinien lässt das Herz vieler Genießer höherschlagen. Namen wie Malbec oder Torrente haben in der Weinwelt einen besonderen Klang. Laut Gesetz ist Wein sogar Nationalgetränk. Doch die Winzer hatten es in den letzten Jahren schwer. Aufgrund der schwierigen makroökonomischen Situation ist der Inlandskonsum seit Jahren rückläufig. Hatte er 2007 noch bei 124 Millionen Kisten gelegen, waren es 2024 nur noch 85 Millionen. Überdies sanken die Exporte von 44 Millionen Kisten im Jahr 2000 auf etwa 24 Millionen 2024. Vor diesem Hintergrund attestierte der Finanzdienstleister Supervielle in seinem Jahresbericht 2024/25 den fast geringsten Gesamtumsatz auf Weingüterebene der letzten zwei Jahrzehnte bei einem Durchschnittspreis auf einem Niveau von vor fast zwanzig Jahren.
In der Folge geht die Produktion seit Jahren zurück; mit 8,8 Millionen Hektoliter im Jahr 2023 rutschte Argentinien im Ranking der Weinbaunationen innerhalb von zwei Jahren von Platz 6 auf Platz 8 ab, so die International Organization of Vine and Wine (OIV). Doch es gibt Hoffnung: Der Inlandsmarkt scheint sich zu stabilisieren – und mit der Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen ("Cepo") wird auch der Export wieder attraktiver. Bis dato waren die Winzer - wie andere Unternehmen auch - gezwungen, ihre Deviseneinnahmen aus dem Export bei der Zentralbank zum offiziellen Wechselkurs einzutauschen statt zum deutlich günstigeren "Blue-Dollar-Kurs". Dies bedeutete einen Verlust von 30 bis 40 Prozent, was viele den Betrieb einstellen ließ. Nun denken einige wieder über den Ausbau ihrer Aktivitäten nach.
Weit aufgefächerte Unternehmensstruktur mit großem informellem Anteil
Die Politik jahrelanger Importsubstitution hat in Argentinien zu einer überaus fragmentierten, nicht immer effizienten Unternehmenslandschaft im Ernährungsbereich geführt. Allein im Süßwarenbereich gibt es zum Beispiel mehr als 120 Hersteller, darunter überwiegend kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Generell werden in Folge der Marktreformen viele weniger finanzstarke Firmen aufgeben müssen, doch nimmt dies die Regierung als Teil ihrer schmerzhaften, aber notwendigen "Schocktherapie" in Kauf.
In der Folge produziert außerdem eine Vielzahl internationaler Player vor Ort. Die wichtigsten Firmen in der Backwaren-Industrie beispielsweise sind:
Grupo Bimbo/Mexiko, einschließlich Wickbold/Brasilien (2024 von Bimbo aufgekauft)
Barilla/Italien
Campell Soup Company/USA
Europastry/Spanien
Gruma/Mexiko
Con Alimentos/Mexiko
Selbstverständlich sind auch all die Großen der internationalen Lebensmittel- und Getränkeindustrie wie Nestlé, Unilever, Danone, Coca-Cola, PepsiCo oder Mondelez mit eigener Herstellung präsent. Zu den größten argentinischen Unternehmen mit breiter Produktpalette gehören Arcor, Aceitera General Deheza (AGD), Molino Cañuelas, Molinos Río de la Plata, Frigorífico Paladini oder La Serenísima (Mastellone Hnos).
Neben dem formellen Sektor spielt in der Lebensmittelverarbeitung – wie in der gesamten argentinischen Wirtschaft - der informelle Sektor eine herausragende Rolle. In der Fleischverarbeitung beispielsweise gibt es nach Informationen des Instituto de Promoción de la Carne Vacuna Argentina (IPVA) landesweit rund 350 offizielle Schlachthöfe (davon etwa 70, die für den Export arbeiten) – aber darüber hinaus unzählige informelle lokale Schlachter, Metzgereien und Kühlhäuser.
Marktanteile der wichtigsten Anbieter
2024, Anteile in Prozent
Firma / Hauptsitz (Land)
Standort, Provinz
Anteil
Unilever / Großbritannien
Munro, Provinz Buenos Aires
19,0
Aceitera General Deheza / Argentinien
General Deheza, Provinz Córdoba
15,5
Arcor / Argentinien
Munro, Provinz Buenos Aires
11,7
Molino Cañuelas / Argentinien
Cañuelas, Provinz Buenos Aires
7,2
Molinos Río de la Plata / Argentinien
Victoria, Provinz Buenos Aires
5,3
* Speiseöle, Fertigsoßen und -dips, Fertiggerichte und -suppen, Gewürze, süße Brotaufstriche. Quelle: Verax Consultores 2025 und Firmenwebseiten
2024, Anteile in Prozent
Firma / Hauptsitz (Land)
Standort, Provinz
Anteil
Molinos Río de la Plata / Argentinien
Victoria, Provinz Buenos Aires
6,4 2)
Frigorífico Paladini / Argentinien
Villa Gobernador Gálvez, Provinz Santa Fe
3,8
Marfrig Global Foods / Brasilien
Munro, Provinz Buenos Aires
2,9
Grupo Bimbo / Mexiko
San Fernando, Provinz Buenos Aires
2,6
Arcor / Argentinien
Munro, Provinz Buenos Aires
2,5
Anmerkung: 1 Backwaren, Müsli, weiterverarbeitete Früchte und Gemüse, weiterverarbeitetes Fleisch und weiterverarbeiteter Fisch, Reis und Nudeln; 2 nach Uifra hält Molino Río de la Plata etwa 40 Prozent Marktanteil im Segment Nudeln/Pasta. Quelle: Verax Consultores 2025 und Firmenwebseiten
2024, Anteile in Prozent
Firma / Hauptsitz (Land)
Standort, Provinz
Anteil
Arcor / Argentinien
Munro, Provinz Buenos Aires
42,0
Mondelez / USA
Villa Adelina, Provinz Buenos Aires
11,1
PepsiCo / USA
Munro, Provinz Buenos Aires
5,6
Nestlé / Schweiz
Vicente López, Provinz Buenos Aires
3,1
La Dolce / Argentinien
Mataderos, Stadt Buenos Aires
2,2
* Süßwaren; Speiseeis; herzhafte Snacks; süße Kekse, Snack-Riegel und Fruchtsnacks.Quelle: Verax Consultores 2025 und Firmenwebseiten
2024, Anteile in Prozent
Firma / Hauptsitz
Standort, Provinz
Anteil
Mastellone (La Serenísima) / Argentinien
General Rodríguez, Provinz Buenos Aires
26,9
Danone / Frankreich
Almirante Brown, Provinz Buenos Aires
9,5
Savencia / Frankreich
Frank, Provinz Santa Fe
9,0
Saputo / Kanada
Rafaela, Provinz Santa Fe
7,3
Punta del Agua / Argentinien
Villa María, Provinz Córdoba
4,5
Quelle: Verax Consultores 2025 und Firmenwebseiten
Weniger Menschen - mehr Maschinen
Grundsätzlich gilt Argentinien als teurer Produktionsstandort. Besonders Firmen, die sich im formellen Sektor bewegen, klagen über hohe Arbeitskosten und ein inflexibles Arbeitsrecht. "In Argentinien sind Arbeitskräfte gut, aber teuer. Hinzu kommen die starken Gewerkschaften", so ein Branchenvertreter gegenüber GTAI.
Vor diesem Hintergrund ist abhängig von Unternehmensgröße, Finanzkraft und Kapazitätsauslastung mit einem gewissen Mechanisierungs- und Automatisierungsschub zu rechnen. Auch mit Blick auf Nachhaltigkeit oder Minderung des Kohlendioxidausstoßes schnitten argentinische Unternehmen im Vergleich zu anderen Ländern etwa in Europa aktuell eher unterdurchschnittlich ab, heißt es von internationalen Firmen. Doch ohne Druck von außen oder finanzielle Anreize sind Bestrebungen in diese Richtung, sofern sie sich nicht rechnen, kein Thema. Ebenfalls bisher kaum zur Debatte steht der Einsatz von künstlicher Intelligenz. "Aber das liegt vor allem daran, dass wir noch wenig über potenzielle Nutzungsmöglichkeiten wissen", kommentierte ein Verbandsvertreter.
Mehr Wettbewerbsdruck von außen und die Aussicht auf erneutes Wirtschaftswachstum mit erhöhter Inlandsnachfrage könnten in der Ernährungswirtschaft einen Modernisierungsschub auslösen. Denn tatsächlich geht es nicht allein um die Auslastung überzähliger Kapazitäten, sondern auch um die Erhöhung der Produktivität respektive die Optimierung der Prozesse angesichts der stark gestiegenen Faktorkosten für Wasser und Energie, aber vor allem für Personal. Dies eröffnet speziell neue Chancen für effiziente deutsche Maschinen und Anlagen. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob auf diesen später eher Premium- oder Mainstream-Projekte hergestellt werden. Zwar sind noch sehr viele makroökonomische Probleme zu lösen, doch die bereits getätigten Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Unsere Kunden sind optimistisch.
Geschäftsführender Direktor
der argentinischen Tochter eines deutschen Maschinenzulieferers
Argentinien als Kunde für deutsche Firmen
Damit gibt es auch wieder gewisse Chancen für Anbieter von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen "Made in Germany".
Tatsächlich war 2024 für deutsche Lieferanten von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen nach Argentinien kein gutes Jahr: Der Absatz brach um satte 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 28 Millionen US$ ein. Zugleich verloren sie ihre Position als wichtigstes Bezugsland an die USA, welche ihre Zulieferungen trotz der insgesamt schwachen Konjunktur um 54 Prozent auf 45,4 Millionen US$ steigern konnten. China und Brasilien folgten auf Rang drei (26 Millionen US$) und vier (24 Millionen US$).
Trotz des schwierigen Umfelds liefen insbesondere Verpackungsmaschinen (sowie Teile) gut; diese machten 2024 fast 44 Prozent der Branchenexporte aus Deutschland aus und verzeichneten einen Zuwachs von satten 41 Prozent. Weitere 22 Prozent entfielen auf Maschinen, Apparate (sowie Teile) für die Nahrungsmittel- und Genussmittelindustrie, ein Plus von 34 Prozent zu 2023.
Dagegen ging die Nachfrage nach Maschinen zur Fleischverarbeitung (8 Prozent Anteil) um 29 Prozent zurück. Ganz hart traf es Molkereimaschinen (minus 85 Prozent), Maschinen zum Herstellen von Süßwaren (minus 73 Prozent) sowie Maschinen zum Herstellen von Teigwaren (minus 67 Prozent).
Um hier wieder Fuß zu fassen, bedarf es Präsenz, Präsenz, Präsenz.
Zu Beginn 2025 hat die Regierung Milei die Lebensmitteleinfuhr erheblich vereinfacht. Für EU-Neuimporte entfallen kostenintensive Genehmigungsverfahren.
Die Regierung Milei drückt besonders kräftig aufs Reformtempo. Wichtigste, speziell die Ernährungswirtschaft betreffende jüngste Änderung ist die Modifikation des argentinischen Lebensmittelkodex (Código Alimentario Argentino/CAA; Dekret 35/2025). Mit Wirkung vom 21. Januar 2025 wurden Ein- und Ausfuhr von Lebensmitteln markant erleichtert.
Angesichts ständig wechselnder Rahmenbedingungen ist kreatives Denken erforderlich. Man muss alle möglichen Szenarien berücksichtigen und immer einen Plan B oder C haben.
Carla Martín Bonito
Präsidentin des Verbands der Lebensmittelindustrien Copal auf der Ingenieurwoche in Buenos Aires 2024
Neue Regelung vereinfacht Import aus Ländern mit hohen Gesundheitsstandards
Von der Neuregelung profitieren Produkte aus Ländern,
mit strengen Gesundheitsauflagen (Europäische Union, USA, Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Israel, Schweiz und Großbritannien)
die den Kodex der Welternährungsorganisation (FAO) anwenden, oder
mit Handelsabkommen oder gegenseitigen Gesundheitsabkommen, nach Überprüfung der Lebensmittelkontrollen im Herkunftsland.
Einfuhren von Lebensmitteln und Lebensmittelbehältnissen aus diesen Herkunftsländern gelten automatisch als CAA-konform. Importeure müssen lediglich eine eidesstattliche Einfuhrerklärung zusammen mit einer Marktzulassung oder einem ähnlichen Dokument der Gesundheitsbehörde des Herkunftslandes vorlegen.
Für Exporte gelten weiterhin die Anforderungen der Bestimmungsländer, sodass sich die Verfahren für Verkäufe in die EU grundsätzlich nicht ändern. Die argentinischen Gesundheitsbehörden dürfen jedoch keine weiteren Auflagen mehr fordern.
Ziel dieser Maßnahmen ist es, Doppelkontrollen für Lebensmittel aus Ländern mit ähnlichen oder höheren Gesundheitsstandards zu vermeiden, ohne den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung außer Acht zu lassen.
Zwar fehlen noch die erforderlichen Durchführungsbestimmungen von Seiten der dem Gesundheitsministerium unterstehenden Administration Nacional de Medicamentos, Alimentos y Tecnología Médica (ANMAT) und des für Lebensmittelregistrierungen zuständigen Instituto Nacional de Alimentos (INAL). Doch nach ersten Gesprächen mit Importeuren wertet die EU-Delegation in Buenos Aires die Änderungen als äußerst positiv. Mit dem Wegfall der bisher erforderlichen Registrierungen für Produkte aus den genannten Ländern sparen sie Genehmigungsverfahren und die damit verbundenen hohen Kosten. Diese dauerten bisher - nach unterschiedlichen Angaben - laut Cámara de Industriales de Productos Alimenticios (CIPA) zwischen vier- und zwölf Monaten, nach Einschätzung der EU-Delegation mitunter aber bis zu zwei Jahren.
Tipps für den Markteinstieg
Das Einzige, was in Argentinien konstant ist, ist der Wandel - wer nicht flexibel und pragmatisch agiert, ist hier falsch.
Präsenz, Präsenz, Präsenz!
Lokale Partner suchen!
Kurzfristig läuft in Argentinien nichts - langer Atem ist gefragt!
Gegen Konkurrenz aus China mit gutem und schnellem Service vor Ort und individuellen Lösungen punkten!
Für viele Angebote muss die Nachfrage erst noch geschaffen werden.
Messe für Lebensmitteltechnik, Zutaten und Zusatzstoff, alle zwei Jahre, organisiert von der Messe Frankfurt, nächster Termin 15. bis 18.09.2026 in Buenos Aires
Wie entwickelt sich die argentinische Wirtschaft aktuell und welche Standortfaktoren zeichnen das Land aus? Wie sehen die Trends in den wichtigsten Branchen Argentiniens aus?
Automatisierung, Smart Farming, Klima- und Ressourcenschutz – die Agrarwirtschaft ist weltweit im Wandel. Informieren Sie sich zu den neuesten Markttrends und Absatzchancen im Ausland.