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Rahmenbedingungen
Brasiliens Steuerreform kommt der Nahrungsmittelindustrie zugute. Außerdem vereinfacht das Land die Verfahren zur Gesundheitsüberwachung und die Einfuhr nach Brasilien.
30.07.2025
Von Gloria Rose | São Paulo
Brasilien reformiert sein Steuersystem. Dies hat auch Auswirkungen auf die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Detaillierte Regulierungen stehen zwar noch aus, doch es steht fest, dass das neue System die Industrieproduktion und insbesondere den Export verarbeiteter Güter weniger stark belasten wird als bisher. Eine Studie der Banco Santander zählt die Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie zu den Sektoren, die am meisten von der Reform profitieren. Allerdings erfolgt die Umstellung über einen Zeitraum von zehn Jahren.
Einige Grundnahrungsmittel, die eine wichtige Rolle für einkommensschwache Haushalte spielen, werden zukünftig steuerfrei. Dies betrifft die Produkte des Warenkorbs "Cesta Básica". Hierzu gehören Reis, Bohnen, Fleisch, Maniok- und Weizenmehl, Zucker, Nudeln, gewöhnliches Brot, Milch und verschiedene Käsesorten. Auch Kaffee, Obst, Gemüse und Eier wurden in die Liste aufgenommen. Die Steuererleichterung wird etappenweise eingeführt und dürfte sich ab 2027 zunehmend auf die Preisbildung auswirken.
Dagegen werden auf alkoholische und zuckerhaltige Getränke in dem neuen System künftig Sondersteuern erhoben. Der Tarif "Imposto Seletivo" (IS) soll Produkte, die für die Gesundheit oder für die Umwelt schädlich sind, verteuern.
Neue Vorgaben für das System zur Gesundheitsüberwachung (SNVS)
Im Februar 2024 führte Brasiliens Gesundheitsaufsicht Anvisa neue Vorschriften für die Regulierung von Lebensmitteln und Verpackungen ein. Die Verordnung RDC Nr. 843/2024 und die Norm IN Nr. 281/2024 ersetzen die bisherigen Verordnungen Nr. 22 und 23/2000 sowie RDC Nr. 27/2010 und sind seit September 2024 in Kraft.
In dem neuen Mitteilungsverfahren (Sistema Nacional de Vigilância Sanitária - SNVS) werden die Nahrungsmittel in vier Kategorien eingeteilt; davon sind drei registrierungspflichtig. Je nach Kategorie gelten unterschiedliche Anpassungsfristen an die neuen Vorgaben, die zwischen 18 bis 31 Monaten liegen. Durch die Kategorisierung wird die Regulierung von Nahrungsmitteln vereinfacht. Für Produkte der vierten Kategorie entfällt die Registrierungspflicht sogar ganz:
- I - Registrierung (Anpassung bis September 2026): betroffene Produkte u.a. Säuglingsnahrung und Sondennahrung
- II - Mitteilung (Anpassung bis September 2025): betroffene Produkte u.a. funktionelle Nahrungsmittel und Nahrung für Kleinkinder
- III - Meldung des Herstellungs- beziehungsweise Importbeginns (Anpassung bis zum Ablauf der aktuellen Produktregistrierung): gilt u.a. für Zucker, Bonbons, Schokolade, Lebensmittelzusatzstoffe, Diätnahrung, Kekse, Getreideprodukte, Brot, Kaffee, Tees, Gewürze, Verarbeitungshilfsstoffe, Obst- und Gemüseprodukte, gefrorene Desserts, Eis, Mineralwasser, Fertiggerichte, Öle und Fette etc.
- IV - ohne Registrierungspflicht: beispielsweise Rohstoffe, frische Nahrungsmittel, Geräte und Produkte, die ausschließlich zur Produktion industriell verarbeiteter Lebensmittel verwendet werden sowie Nahrungsmittelprodukte, die in gastronomischen Betrieben verarbeitet und zubereitet werden, wenn sie für den direkten Verkauf an den Verbraucher bestimmt sind.
Neue Auflagen für ultrahocherhitze Milch
Seit dem 17. April 2025 gilt die Verordnung MAPA 783/2025. Ziel ist die Qualitätssteigerung und Harmonisierung mit Mercosur-Richtlinien. Die neuen Standards für UHT-Milch traten ohne Übergangsfrist in Kraft. Unternehmen müssen ihre Produktionsprozesse, Laboranalysen und Etikettierung anpassen sowie in neue Technik, Mitarbeiterschulungen und Audits investieren.
Erweiterte Positivlisten
Anvisa veröffentlichte im Februar 2025 neue Vorgaben für Kunststoffe, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen:
- Die Verordnung RDC 961/25 erweitert die Positivliste der Monomere, Initiatoren und Polymere, die für die Herstellung von Verpackungen und Kunststoffausrüstungen zugelassen sind. Bereits zugelassen waren die Monomere und Polymere der Resolutionen RDC 56/12 und RDC 589/21.
- Die RDC 963/25 erweitert die Positivliste der Zusatzstoffe, die bei der Herstellung von Kunststoffmaterialien und Polymerbeschichtungen verwendet werden. Bereits zugelassen waren die Zusatzstoffe der Resolution RDC 326/19.
Änderungen bei der Einfuhr nach Brasilien
Seit 2014 hat die Regierung das Verfahren für die Zollabfertigung vereinfacht und beschleunigt. Über die Außenhandelsplattform "Portal Único" werden nun alle Schritte zentral abgewickelt. Dadurch soll sich die Importabfertigung beschleunigen.
Nahrungsmittelstandards und -zulassungen für den brasilianischen Markt obliegen der Gesundheitsaufsichtsbehörde Anvisa. Im Jahr 2023 verschärfte Anvisa die Regeln zur Auszeichnung von importierten Nahrungsmitteln und Getränken.
Für den Import tierischer Produkte bedarf es einer Zulassung durch das Departamento de Inspeção de Produtos de Origem Animal des Landwirtschaftsministeriums MAPA. Dank der Digitalisierung des Verfahrens können die Einfuhrgenehmigungen schneller erteilt werden. Aktuell sind 416 deutsche Hersteller für den Export tierischer Produkte nach Brasilien akkreditiert. Aufgrund von Fällen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist die Einfuhr von Schweinefleisch aus Deutschland stark eingeschränkt.
Für Maschinen, die nicht in Brasilien hergestellt werden, können über das Sonderregime Ex-Tarifário vorübergehende Senkungen der Importzölle genehmigt werden. Außerdem setzte Brasilien den Zollsatz auf einige Nahrungsmittel, wie etwa Kaffee, Fleisch und Mais, im März 2025 auf 0 Prozent.
Der Import von Maschinen sowie von Nahrungsmitteln und Getränken nach Brasilien unterliegt hohen Einfuhrzöllen. Nach Inkrafttreten des ausgehandelten EU-Mercosur-Abkommen sollen die Zölle zukünftig abgebaut werden. Dadurch würden auch die deutschen Landwirte und die deutsche Ernährungswirtschaft einen besseren Marktzugang erhalten. Dies gilt insbesondere für Bier und Wein, Schokolade, Käse und Milchpulver.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
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