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Australien baut Stromnetz für die Energiewende

Die Solar- und Windkraft wird deutlich ausgebaut. Doch der grüne Strom muss auch in die Verbrauchszentren transportiert werden. Dies erfordert den Bau neuer Stromtrassen.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Australien unternimmt große Anstrengungen für den Ausbau des Stromübertragungsnetzes. An der Ostküste des Landes sollen bis Anfang des kommenden Jahrzehnts neue Stromtrassen mit einer Länge von rund 5.000 Kilometer entstehen. Das Investitionsvolumen der acht größten Einzelprojekte liegt bei umgerechnet etwa 15 Milliarden US-Dollar (US$).

Die Stärkung der Übertragungskapazitäten gilt als zentraler Baustein für das Gelingen der australischen Energiewende. "No Transition without Transmission" lautet der allgegenwärtige Slogan in der Energiebranche. Nach den Zielen der Regierung in Canberra soll die Stromerzeugung an der Ostküste bis 2030 zu 82 Prozent aus erneuerbaren Quellen erfolgen. Dies würde bedeuten, dass sich der Wert von 2021 – damals rund 31 Prozent – mehr als verdoppelt.

Mangelnde Netzkapazitäten entpuppten sich zuletzt als Haupthemmnis für den Ausbau der regenerativen Erzeugungsleistung. Zahlreiche Wind- und Solarprojekte hatten mit Verzögerungen zu kämpfen. Die Engpässe sollen durch eine Stärkung wichtiger Übertragungsnetzabschnitte überwunden werden.

Besonders dringend ist der Bau des HumeLink im Bundesstaat New South Wales. Diese 360 Kilometer lange Hochspannungsleitung soll den Großraum Sydney mit dem sich in Bau befindlichen Pumpspeicherkraftwerk Snowy 2.0 (2 Gigawatt) sowie den geplanten Wind- und Solarparks im Landesinneren verbinden. Eine Fertigstellung bis 2026 gilt als wichtiger Beitrag zur Sicherstellung der Netzstabilität, um die geplante Abschaltung von Kohlekraftwerken auszugleichen.

Da die geplante Trasse durch Gebiete mit produktiver Landwirtschaft führt, formieren sich auch Protestbewegungen. Die Regierung des Bundesstaates New South Wales verdoppelt deshalb die Entschädigungszahlungen für von Hochspannungsprojekten betroffene Landbesitzer auf einen Betrag von 200.000 australischen Dollar ($A) pro Kilometer. Diese Summe entspricht rund 150.000 US$ (1$A=0,75 US$). Der zuständige Übertragungsnetzbetreiber Transgrid hofft, dass die Genehmigungen für den Bau des HumeLink bis Ende 2023 eingeholt werden können.

Bundesstaaten sollen besser vernetzt werden

Ebenfalls in Planung befinden sich eine Reihe von Interkonnektoren zwischen den einzelnen Bundesstaaten. Die australische Verfassung gewährt den Bundesstaaten weitreichende Kompetenzen in der Energiepolitik, wodurch diese über jeweils eigene Übertragungsnetzbetreiber verfügen. Auch der Spotpreis am Strommarkt wird für die Bundesstaaten individuell festgelegt.

Bislang sind die bundesstaatlichen Übertragungsnetze nur durch wenige Interkonnektoren verbunden. Durch zusätzliche Anschlüsse soll ein modernes Netz entstehen, das Strom in alle Regionen transportieren kann und gleichzeitig einen Lastfluss in unterschiedliche Richtungen ermöglicht.

Zu den geplanten Vorhaben gehört der Marinus Link, ein 255 Kilometer langes Doppelseekabel zwischen Tasmanien und Victoria. Die Gesamtkapazität soll 1,5 Gigawatt erreichen, wobei die erste Phase für 750 Megawatt bis 2028 fertiggestellt werden soll. Dank reicher Ressourcen für Wind- und Wasserkraft beträgt der Anteil erneuerbarer Energie in Tasmanien bereits 100 Prozent. Bis 2040 will Tasmanien 200 Prozent des Eigenbedarfs aus regenerativen Quellen erzeugen und grünen Strom im großen Stil an die australische Ostküste exportieren.

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Bis zum Jahr 2031 entsteht mit "Victoria to New South Wales Interconnector West" (VNI West) auch ein zweiter Interkonnektor zwischen den beiden Bundesstaaten. Das Projekt soll unter anderem dabei helfen, Strom aus geplanten Offshore-Windfarmen in Richtung Norden zu transportieren. Mit QNI Connect befindet sich auch ein zusätzlicher Interkonnektor zwischen Queensland und New South Wales in Planung.

Bereits gestartet sind die Bauarbeiten für EnergyConnect. Die 900 Kilometer lange Hochspannungsleitung schafft erstmals einen direkten Anschluss zwischen New South Wales und South Australia. Das Projekt ebnet den Weg für im Outback geplante Solar- und Windfarmen mit einer Gesamtleistung von 5,3 Gigawatt.

Sonderzonen für erneuerbare Energie geplant

Eine weitere Ausbauoffensive entsteht im Zusammenhang mit den durch mehrere Bundesstaaten geplanten Renewable Energy Zones (REZ). Diese Sonderzonen sollen mit gut ausgebauter Infrastruktur die Probleme beim Netzanschluss beheben. Besonders ragt dabei Queensland heraus. Die drei geplanten REZ sollen bis 2035 eine regenerative Erzeugungsleistung von 22 Gigawatt beherbergen.

Für die erforderliche Stromübertragung entsteht das Queensland SuperGrid mit einem Investitionsvolumen von 5,4 Milliarden US$. Insgesamt erreicht das in mehreren Phasen geplante Hochspannungsnetz eine Länge von etwa 1.500 Kilometern.

New South Wales will insgesamt fünf REZ errichten. Als Erstes werden die Zonen Central-West Orana und New England in Angriff genommen, welche für eine installierte Leistung von mindestens 12 Gigawatt ausgelegt sind. Auch hier wird bereits der erforderliche Netzanschluss geplant. So könnte der New England Transmission Link rund 1,4 Milliarden US$ kosten.

Die sechs geplanten REZ in Victoria sehen eine installierte Leistung von 16 Gigawatt vor. Die staatliche Gesellschaft VicGrid arbeitet derzeit an dem Victorian Transmission Investment Framework. Für eine erste Phase stehen rund 400 Millionen US$ bereit, die weitergehenden Maßnahmen dürften mindestens 3 Milliarden US$ kosten.

Regierung stellt zusätzliche Gelder bereit

Finanzielle Unterstützung kommt aus der Hauptstadt Canberra. Die seit Mai 2022 regierende Labor-Partei stellt mit dem "Rewiring the Nation"-Programm rund 15 Milliarden US$ für den Ausbau des Hochspannungsnetzes zur Verfügung. Die Mittel werden als zinsvergünstigte Kredite durch die staatliche Clean Energy Finance Corporation vergeben und können von beteiligten Übertragungsnetzbetreibern abgerufen werden. Die erste Tranche umfasst 3 Milliarden US$ und fördert die Projekte Marinus Link, VNI West sowie den Anschluss der REZ in Victoria.

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