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Klimaschutz-AtlasInvestitionen: Milliardenprogramme für die Dekarbonisierung
Für die Entwicklung von neuen Klimatechnologien vergibt die Regierung hohe Fördergelder. Auch der Stromnetzausbau und Energieeffizienz werden gefördert.
04.09.2023
Von Heiko Stumpf | Sydney
Für die Erreichung der Klimaziele werden im Rahmen des "Powering Australia Plan" große Förderprogramme geschnürt. Seit Übernahme der Regierungsgeschäfte im Mai 2022 hat die Labor-Regierung bereits Maßnahmenpakete mit einem Volumen von über 19 Milliarden US-Dollar (US$; 28 Milliarden Australische Dollar ($A); 1 $A = 0,69 US$) auf den Weg gebracht.
Der Staatshaushalt für das kommende Finanzjahr 2023/2024 (1. Juli bis 30. Juni) enthält neue Fördermittel für grünen Wasserstoff sowie für Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen und Privathaushalten. Zudem stehen der Ausbau des Stromnetzes und Dekarbonisierungsprojekte in der Industrie im Mittelpunkt.
Name | Förderziel | Förderrahmen |
---|---|---|
Rewiring the Nation | Ausbau des Stromnetzes zur besseren Integration von erneuerbarer Energie | Gesamtfördersumme in Höhe von rund 14 Mrd. US$ |
Hydrogen Headstart | Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft | Gesamtfördersumme in Höhe von 1,4 Mrd. US$ |
Powering the Regions Fund | Dekarbonisierungsprojekte in der Industrie | Gesamtfördersumme in Höhe von 1,3 Mrd. US$ |
Household Energy Upgrades Fund | Zinsvergünstigte Darlehen für Energieeffizienzmaßnahmen in privaten Haushalten | Gesamtfördersumme in Höhe von rund 900 Mio. US$ |
Small Business Energy Incentive | Steuervergünstigung in Höhe von 20 Prozent für Energieeffizienzmaßnahmen in Kleinbetrieben (mit einem Jahresumsatz unter 50 Mio. $A). Maximale Summe von 20.000 $A pro Betrieb | Geschätzte Gesamtfördersumme in Höhe von rund 220 Mio. US$ |
Das mit rund 10 Milliarden US$ ausgestattete Förderprogramm "National Reconstruction Fund" zielt auf die Wiederbelebung des verarbeitenden Gewerbes. Dabei sind umgerechnet knapp 2,3 Milliarden US$ für die Förderung von emissionsarmen Technologien vorgesehen. Mit den Geldern soll beispielsweise die lokale Produktion von Solarzellen, Batteriespeichern oder Elektrolyseuren angekurbelt werden.
Fördereinrichtungen stellen Mittel bereit
Eine wichtige Rolle spielt die Förderung innovativer und emissionsmindernder Technologien durch staatliche Einrichtungen wie der Australian Renewable Energy Agency (ARENA) und der Clean Energy Finance Corporation (CEFC).
ARENA betreibt zahlreiche Programme für Klimatechnologien. Dabei wird die Förderinstitution in der Frühphase aktiv und vergibt Zuschüsse für angewandte Forschung oder Demonstrationsprojekte. Bis 2032 ist die Organisation mit einem Finanzrahmen von 1,4 Milliarden US$ ausgestattet, der weiter erhöht werden kann.
Name | Förderziel | Förderrahmen |
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Driving the Nation Program | Ausbau der Elektromobilität, Zuschüsse für Ladeinfrastruktur sowie die Elektrifizierung von Kfz-Fuhrparks | Gesamtfördersumme in Höhe von 347 Mio. US$ |
Advancing Renewables Program | Effizienzsteigerung bei erneuerbaren Energien, Kommerzialisierung von Technologien für Wasserstoff und emissionsarme Metalle | Förderzuschüsse in Höhe von bis zu 38 Mio. US$ pro Projekt |
Hydrogen Research & Development Funding Round | Kommerzialisierung innovativer Wasserstofftechnologien | Gesamtfördersumme in Höhe von 17 Mio. US$ |
Iron & Steel Research & Development Funding Round | Erforschung emissionsarmer Technologien für die Stahlproduktion | Gesamtfördersumme in Höhe von 17 Mio. US$ |
Die CEFC gehört zu den größten grünen Investitionsbanken der Welt und konzentriert sich auf kommerzielle Projekte für den Markthochlauf. Anstelle von Förderzuschüssen wie bei ARENA kommen dabei Instrumente wie Förderkredite oder Kapitalbeteiligungen zum Einsatz. Zu den von der CEFC verwalteten Programmen gehört beispielsweise der mit rund 208 Millionen US$ ausgestattete "Advancing Hydrogen Fund". Über den "Clean Energy Innovation Fund" stellt die CEFC auch Wagniskapital für Start-ups bereit.
Aufbau von Wasserstoff-Hubs geplant
Einen Schwerpunkt der australischen Klimastrategie bildet der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft mit Exportausrichtung. Die Details für das im Mai 2023 angekündigte "Hydrogen Headstart Program" müssen noch konkretisiert werden. Geplant sind Zuschüsse für die Produktion von grünem Wasserstoff, welche durch ARENA vergeben werden. In der mittelfristigen Haushaltsplanung sind umgerechnet rund 1,4 Milliarden US$ für das Programm reserviert. Ein Interessenbekundungsverfahren soll bereits 2024 starten, die ersten Gelder dürften jedoch erst 2026/2027 fließen.
Über das "Clean Hydrogen Industrial Hubs Program" stehen zudem rund 365 Millionen US$ für die Entwicklung großer Leuchtturmprojekte zur Verfügung. Insgesamt acht Standorte wurden bereits ausgewählt.
Für den Klimaschutz bemüht sich Australien auch um eine verstärkte internationale Zusammenarbeit. Ein Beispiel ist der 2021 vereinbarte "Australia-Germany Hydrogen Accord".
Eine Hauptinitiative in diesem Zusammenhang ist der "German-Australian Hydrogen Innovation and Technology Incubator" (HyGATE), welcher bilaterale Pilot-, Demonstrations- und Forschungsprojekte entlang der Wasserstoffwertschöpfungskette unterstützt. Im Februar 2023 wurden vier erfolgreiche Projekte bekannt gegeben.
Bundesstaaten nehmen häufig Vorreiterrolle ein
Wichtige Akteure in Sachen Klimaschutz sind die australischen Bundesstaaten. Nach der Verfassung stehen diesen weitreichende Kompetenzen in der Energie- und Klimapolitik zu. In vielen Bereichen gelten die Bundesstaaten sogar als treibende Kraft, insbesondere beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Daraus resultiert eine vielseitige Förderlandschaft.
Name | Förderziel | Förderrahmen |
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Queensland Renewable Energy and Hydrogen Jobs Fund | Förderung von erneuerbarer Energie und Wasserstoff | Gesamtfördersumme in Höhe von rund 3,1 Mrd. US$ |
New South Wales Hydrogen Strategy | Förderung der Wasserstoffwirtschaft | Gesamtfördersumme in Höhe von rund 2,1 Mrd. US$ |
New South Wales Net Zero Industry and Innovation Program | Förderung von emissionsarmen Technologien und Dekarbonisierungsprojekten | Gesamtfördersumme in Höhe von rund 700 Mio. US$ |
South Australia Hydrogen Jobs Fund | Förderung der Wasserstoffwirtschaft | Gesamtfördersumme in Höhe von rund 412 Mio. US$ |
Victoria Energy Innovation Fund | Förderung innovativer, emissionsmindernder Technologien | Förderzuschüsse in Höhe von umgerechnet bis zu 14 Mio. US$ pro Projekt |
Handel mit Ausgleichszertifikaten wird ausgeweitet
Eine bereits 2011 durch die damalige Labour-Regierung eingeführte Steuer auf Kohlendioxid (CO₂) wurde 2014 durch eine konservative Nachfolgeregierung außer Kraft gesetzt. Stattdessen wurde der auf Freiwilligkeit beruhende Emissions Reduction Fund (ERF) ins Leben gerufen. Eine Neuauflage der CO₂-Steuer plant die seit Mai 2022 amtierende Labour-Regierung nicht. Stattdessen will sie am ERF festhalten.
Im Rahmen des ERF bekommen zugelassene Klimaschutzprojekte für jede eingesparte oder ausgeglichene Tonne CO₂ eine Australian Carbon Credit Unit (ACCU) gutgeschrieben. Die Regulierungsbehörde Clean Energy Regulator kauft diese über Umkehrauktionen zurück.
Bislang wurden mit dem ERF bereits über 1.000 emissionsmindernde Projekte gefördert, wobei sich das finanzielle Volumen auf rund 1,9 Milliarden US$ beläuft. Ein Großteil der Projekte fällt in den Bereich Landwirtschaft und -nutzung, beispielsweise durch Aufforstung.
Die ACCU sollen eine wichtige Rolle bei der Reform des "Safeguard Mechanism" spielen. Über dieses Instrument werden Unternehmen mit einem jährlichen Treibhausgasausstoß von über 100.000 Tonnen verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 4,9 Prozent pro Jahr zu reduzieren. Neben Maßnahmen zur innerbetrieblichen Emissionsminderung können die Unternehmen eine Kompensation durch den Kauf von ACCU vornehmen.
Um den freien Handel mit ACCU zu vereinfachen, wird eine "Australian Carbon Exchange" geschaffen. Als Erstes wurde die Onlineplattform des Unternehmens Xpansiv zugelassen. Weitere Anbieter sollen folgen.
An der Effizienz des ERF gab es in der Vergangenheit auch Kritik, insbesondere was die Integrität und die Anzahl der in Umlauf gesetzten CO2-Ausgleichzertifikate betrifft. Dies veranlasste die Regierung zu einer unabhängigen Überprüfung unter Leitung des ehemaligen Chief Scientist Ian Chubb. Der Abschlussbericht bezeichnet die australischen ACCU als grundsätzlich solide, unterbreitet aber auch Verbesserungsvorschläge, welche die Regierung aufgreifen will.