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Rechtsbericht | Brasilien | Arbeits- und Steuerrecht

Brasilien ändert Regeln für die Anpassung des Mindestlohns

Am 28. August 2023 wurde das Gesetz 14.663/23 erlassen, das die Regeln für die Anpassung des Mindestlohns in Brasilien ändert. Dies geschieht im Wesentlichen durch drei Maßnahmen.

Von Dr. Julio Pereira | Berlin

Neben anderen Maßnahmen sieht das Gesetz 14.663/23 die sogenannte permanente Wertsteigerung des Mindestlohns (Política de Valorização do Salário Mínimo - PVSM) vor. Dies bedeutet, dass der Mindestlohn jährlich an die Inflation und das Bruttoinlandsprodukt angepasst sein wird, um den Arbeitnehmenden reale Gewinne zu sichern. Auch die Befreiung von der Einkommensteuer (IRPF) wird ausgeweitet.

Was sieht das Gesetz vor?

Das Gesetz sieht drei Maßnahmen vor (Art. 1 Gesetz 14.663/23):

  1. Bestätigung der Erhöhung des Mindestlohns auf 1.320,00 Reais (R$; rund 250,27 Euro), gültig vom 1. Mai bis 31. Dezember 2023,
  2. Änderung der Berechnungsgrundlage für die jährliche Erhöhung des Mindestlohns ab 1. Januar 2024 und
  3. Befreiung von der Einkommensteuer (IRPF) für Personen, die bis zu zwei Mindestlöhne verdienen.

Diese drei Maßnahmen zusammengenommen zielen in erster Linie auf eine jährliche reale Erhöhung des Mindestlohns sowie auf den Erhalt der Kaufkraft der Beschäftigten ab.

Wie werden die Maßnahmen umgesetzt?

Die oben genannten Maßnahmen werden wie folgt umgesetzt:

Erhöhung des Mindestlohns im Jahr 2023

Erstens ist die Erhöhung des Mindestlohns für das Jahr 2023, die von der brasilianischen Regierung am 1. Mai 2023 durch eine vorläufige Maßnahme (Medida Provisória - MP 1.172/23) bewilligt worden war, nun Gegenstand des neuen Gesetzes und wird zur Staatspolitik. Der Wert des Mindestlohns pro Tag wird auf 44,00 R$ (ca. 8,34 Euro) und pro Stunde auf 6,00 R$ (ca. 1,14 Euro) festgelegt, und zwar bis zum 31. Dezember 2023, Art. 2 Gesetz 14.663/23.

Regeln für die Anpassung des Mindestlohns ab 2024

Ab dem 1. Januar 2024 wird der Mindestlohn automatisch eine sogenannte reale Erhöhung (aumento real) erfahren. Das bedeutet, dass die neue Berechnung zur Bestimmung des Mindestlohns (Art. 3 Gesetz 14.663/23) auf zwei Indikatoren basiert:

  • Inflation (Veränderung der Verbraucherpreise) - Indikator, der dazu dient, die Erhaltung der Kaufkraft des Lohns zu schützen und
  • Bruttoinlandsprodukt (Veränderung der Wirtschaftstätigkeit des Landes) - Indikator, der dazu dient, den Wert des Lohns tatsächlich zu erhöhen.

Nach dem neuen Gesetz entspricht die Berechnung des jährlichen Mindestlohns der Summe aus dem Inflationsindex des Vorjahres und dem Wachstumsindex des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der letzten zwei Jahre. Die Inflation wird in Brasilien anhand des nationalen Verbraucherpreisindexes (Índice Nacional de Preços ao Consumidor - INPC) gemessen, der vom brasilianischen Institut für Geografie und Statistik (Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística - IBGE) berechnet und veröffentlicht wird. Im Falle einer negativen BIP-Wachstumsrate wird der Mindestlohn nur um den INPC angepasst.

Auf der Grundlage der oben genannten Berechnung legt die Bundesregierung den monatlichen, täglichen und stündlichen Mindestlohn per Dekret fest (Art. 4 Gesetz 14.663/23).

Einkommensteuerbefreiung (IRPF)

Das neue Gesetz sieht auch eine Befreiung von der Einkommensteuer (Imposto de Renda da Pessoa Física - IRPF) für diejenigen vor, die bis zu 2.112 R$ (rund 400,44 Euro) pro Monat verdienen, Art. 5 Gesetz 14.663/23. Vor dem Gesetz war die Befreiung auf Gehälter von bis zu 1.903,98 R$ (rund 361 Euro) pro Monat begrenzt. In der Praxis sind jedoch alle Beschäftigten, die bis zu zwei Mindestlöhne pro Monat erhalten, von der IRPF befreit, da ein automatischer Nachlass von 528 R$ (rund 100,11 Euro) gewährt wird, Art. 6 Gesetz 14.663/23. Der Nachlass ist auf die sogenannte Declaração Simplificada do IRPF zurückzuführen, eine Methode zur Steuervereinfachung. Wer also bis zu 2.640 R$ (rund 500,55 Euro) verdient, wird von der Einkommensteuer befreit. Diese Regelung soll Steuerzahlern mit geringem Einkommen zugute kommen, indem die Steuerlast auf ihre Gehälter verringert wird.

Die Änderung der Steuerbefreiungsregeln wird sich ab 2024 auf die Erhebung der IRPF auswirken, aber Unternehmen, die von ihren Mitarbeitenden Steuern einbehalten, müssen die Änderung bereits ab September 2023 umsetzen.

Regierungspolitik versus Staatspolitik

In Brasilien wurde die permanente Wertsteigerung des Mindestlohns (PVSM) während der ersten beiden Amtszeiten von Präsident Lula da Silva zwischen 2003 und 2011 als Regierungspolitik eingeführt, das heißt ohne ein spezielles Gesetz. Mit der Verabschiedung des Gesetzes 14.663/23 wurde die PVSM zu einer Staatspolitik, das heißt ihre Regeln können nur durch ein zukünftiges Gesetz widerrufen werden. Mit anderen Worten: Die derzeitige Regierung und künftige Regierungen sind nun verpflichtet, den Mindestlohn gemäß dem neuen Gesetz zu erhöhen. Ebenso sind die in Brasilien tätigen Unternehmen verpflichtet, ihre Personalkosten an die neuen Vorschriften anzupassen.

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