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Rechtsbericht | Brasilien | Wirtschaftsrecht

Brasilien setzt Gesetz zur Wirtschaftsreziprozität um

Das Dekret regelt den brasilianischen Widerstand gegen Missbrauchspraktiken im internationalen Handel, die Unternehmen mit Sitz im Land betreffen könnten.

Von Dr. Julio Pereira

Am 9. Juli 2025 hat US-Präsident Donald Trump die Einführung von Zöllen in Höhe von 50 Prozent auf alle aus Brasilien eingeführten Produkte ab dem 1. August angekündigt. Als Hauptgrund nannte der US-Präsident offiziell laufende Rechtsstreitigkeiten in Brasilien, die vor dem Obersten Gerichtshof Brasiliens (STF) zu entscheiden sind. Als Reaktion auf die Ankündigung betonte der brasilianische Präsident Lula erneut die Souveränität Brasiliens, die Gewaltenteilung und die Anwendbarkeit des brasilianischen Gesetzes über die Wirtschaftsreziprozität. Das Gesetz ist nun durch das Dekret Nr. 12.551 vom 14. Juli 2025 konkretisiert worden. Es dient dem Schutz in- und ausländischer Unternehmen, die in Brasilien tätig sind.

In diesem Bericht werden die wichtigsten Punkte des Dekrets und der Kontext seiner Regelung erläutert.

Zweck des Dekrets

Der Hauptzweck des Dekrets besteht darin, das am 14. April 2025 erlassene Gesetz über die Wirtschaftsreziprozität umzusetzen. Mit diesem Gesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, Handelszugeständnisse, Investitionen und Rechte an geistigem Eigentum als Reaktion auf einseitige Missbrauchspraktiken von Ländern oder Wirtschaftsblöcken auszusetzen das heißt Maßnahmen, die sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Brasilien auswirken. Um das Gesetz technisch wirksam zu machen, schafft das Dekret ein auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhendes Rechtsverfahren, das Brasilien in die Lage versetzt, koordiniert und schnell zu reagieren.

Wie wird das Verfahren aussehen?

Um die Entwicklung einseitiger Missbrauchspraktiken ausländischer Regierungen zu überwachen und zu unterbinden, wurde ein interministerieller Ausschuss (Comitê Interministerial de Negociação e Contramedidas Econômicas e Comerciais – CINCE) eingerichtet. Da die Angelegenheit wirtschaftlicher Natur ist, wird CINCE dem Ministerium für Entwicklung, Industrie, Handel und Dienstleistungen (Ministério do Desenvolvimento, Indústria, Comércio e Serviços MDIC) unterstellt sein. Neben anderen hochrangigen brasilianischen Regierungsbehörden ist auch der Staatsminister für Auswärtiges ein ständiges Mitglied.

Entsprechend der rechtlichen Struktur des CINCE besteht das Verfahren aus zwei Säulen: Verhandlungen und Gegenmaßnahmen.

Verhandlungen

Das Dekret legt fest, dass ständige Verhandlungen die Hauptaktionslinie der Regierung sein sollen. Sie müssen der Anwendung von Gegenmaßnahmen vorausgehen. Ziel ist es, die tatsächlichen Auswirkungen der missbräuchlichen ausländischen Praxis auf die brasilianischen Exporte rational zu bewerten. Selbst wenn die zuständige Stelle beschließt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, müssen die Verhandlungen fortgesetzt werden. Dies geschieht im konkreten Beispiel der Verhängung von Zöllen durch die USA.

Gegenmaßnahmen

Das Dekret sieht zwei Arten von Gegenmaßnahmen vor:

Außergewöhnliche und vorläufige Gegenmaßnahmen

Das Dekret ermächtigt Brasilien, außerordentliche und vorläufige Gegenmaßnahmen zu ergreifen, die rasch umgesetzt werden können. Bevor der CINCE eine Entscheidung trifft, sieht das Dekret ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass Vertreter des Privatsektors an den Konsultationen teilnehmen (Art. 6). Im aktuellen Kontext entsprechen diese Gegenmaßnahmen einer Art direkter und tatkräftiger Antwort Brasiliens, die hauptsächlich in zwei Fällen angewandt wird:

  1. Ausländische Einmischung in die brasilianische Souveränität durch kommerzielle und finanzielle Taktiken; und
  2. Verletzung von Handelsabkommen, die in Brasilien und in dem verstoßenden Land/Wirtschaftsblock gelten.

Im Anschluss an die Beratungen wird CINCE selbst unverzüglich die für das Inkrafttreten der Gegenmaßnahme erforderlichen Prozeduren einleiten.

Gewöhnliche Gegenmaßnahmen

Gewöhnliche Gegenmaßnahmen hingegen erfordern ein förmliches Verfahren und haben eine dauerhaftere Wirkung. Die endgültige Entscheidung hierüber obliegt dem Strategischen Rat der brasilianischen Außenhandelskammer CAMEX (Câmara de Comércio Exterior). Sowohl der Privatsektor als auch andere Länder können sich an dem Prozess der Annahme von gewöhnlichen Gegenmaßnahmen beteiligen. In Art. 13 des Dekrets heißt es ausdrücklich, dass der vorläufige Vorschlag für die Annahme von Gegenmaßnahmen Gegenstand einer öffentlichen Konsultation ist (mit einer Frist von bis zu 30 Tagen). Ziel ist es, allen „interessierten Parteien“ und „potenziell betroffenen Handelspartnern“ die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern. In der Praxis bedeutet dies eine Gelegenheit für deutsche Unternehmen, ihren Austausch mit der brasilianischen Regierung zu verstärken und aktiv an der Entwicklung von Gegenmaßnahmen mitzuwirken, die ihre Interessen wahren.

Reziprozität und Kontext

Die Regulierung des Gesetzes über die Wirtschaftsreziprozität erfolgt in einem besonderen Szenario, in dem der US-Präsident versucht, durch Zolltarife in das reguläre Funktionieren der brasilianischen Judikative einzugreifen. Der vom US-Präsidenten ausdrücklich angeführte Grund für die Verhängung des 50-prozentigen Zolls gegen Brasilien steht im Zusammenhang mit der laufenden Klage vor dem Obersten Gerichtshof Brasiliens (Supremo Tribunal Federal STF), die unter anderem den ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro trifft. Es handelt sich um ein Strafverfahren im Nachgang zu den Wahlen 2022. Trump forderte in einem Brief an den amtierenden Präsidenten das Strafverfahren gegen Bolsonaro „sofort zu stoppen“, andernfalls würde er ab dem 1. August Zölle verhängen.

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