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Laser, schneiden aus Metall Metallverarbeitung: Laser, schneiden aus Metall | © GettyImages/prescott09

Special | Bulgarien | Beschaffung

Bulgariens Bedeutung als Sourcing-Markt wächst

Die Elektroindustrie und die Kfz-Industrie beschaffen zunehmend Metallprodukte aus Bulgarien. Ganz oben auf der Einkaufsliste stehen Produkte aus Aluminium und Kupfer.

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Seit dem Beitritt Bulgariens zur EU im Jahr 2007 integriert sich das Land zunehmend in internationale Wertschöpfungsketten. Beim Handel mit Deutschland erzielt Bulgarien einen Handelsüberschuss. Das südosteuropäische Land belegt in der aktuellen Rangfolge der 238 Einfuhrländer Deutschlands Platz 36. Damit rangiert Bulgarien als Beschaffungsmarkt für die deutsche Industrie knapp hinter Lieferländern wie Kanada und Slowenien.

Besonders eng verflochten mit der deutschen Wirtschaft sind die bulgarische Elektro- und Automobilindustrie. Sie liefern Kfz-Teile und andere Vorprodukte an deutsche und europäische Abnehmer. Zu den wichtigsten Exportprodukten Bulgariens zählen Vorprodukte aus Metall für den Maschinenbau. Deutsche Unternehmen greifen zunehmend auf bulgarische Auftragsfertiger zurück, um lohnintensive Produkte günstiger herzustellen und Lieferketten für Komponenten wie Schrauben zu diversifizieren. In Bulgarien sind einzelne Produktionskosten, wie Strom und Löhne, niedriger als in Deutschland.

Die Metallindustrie des Landes liefert rund ein Vierteil ihrer gesamten Fertigung nach Deutschland. Im regionalen Vergleich mit Konkurrenzmärkten wie Rumänien und Serbien zeigen sich zudem strukturelle Unterschiede. So ist Bulgariens Metallindustrie geprägt durch große Unternehmen, während es in Serbien und Rumänien im Vergleich mehr kleine und mittelständische Unternehmen gibt.

Bulgarien liefert Münzen und Batteriekästen

Bulgarien ist für die deutsche Industrie ein wichtiger Lieferant von Vorprodukten aus Kupfer, etwa für Leitungen und Umspannwerke. Der größte Hersteller von Kupferprodukten vor Ort ist Aurubis. Das Hamburger Unternehmen ist zugleich der größte deutsche Investor in Bulgarien. Es produziert in Pirdop Kupferkathoden. Sie bilden den Ausgangsstoff für elektrische Leitungen oder für Kupferlegierungen.

Darüber hinaus liefern bulgarische Unternehmen Rohlinge für Münzen. Die Europäische Zentralbank beschafft diese für ihre Euro-Cent-Münzen aus Bulgarien, berichtet der Branchenverband Bulgarian Association of the Metallurgical Industry (BAMI). Größter Kunde sind die USA. Mit einem Handelsvolumen von 208 Millionen US-Dollar war Bulgarien 2023 der drittgrößte Sourcing-Partner der Vereinigten Staaten für Münzen (Warenverzeichnis SITC 961), hinter Australien und Österreich. Dies zeigen internationale Handelsdaten der Vereinten Nationen. Zu den wichtigsten Zulieferunternehmen, die Rohlinge für die Zentralbanken anbieten, gehört das Unternehmen Sofia Med, eine Tochterfirma des belgischen Montanunternehmens Viohalco.

Im Zuge der Transformation der Energiewirtschaft wird der Bedarf an Kupferprodukten weiter wachsen, etwa für Ladestationen für Elektroautos, für Stromleitungen und andere Kabel. Damit steigt die Bedeutung bulgarischer Kupferproduzenten als Lieferanten für den europäischen Binnenmarkt. Denn die EU will die Importabhängigkeit von Kupfer aus Drittländern reduzieren. So steht Kupfer seit 2023 auf die Liste der kritischen Rohstoffe. Die EU will damit unter anderem die Produktion kritischer Rohstoffe regional fördern und deren Import aus einem Drittland pro Jahr auf maximal 65 Prozent begrenzen. "Die EU-Politik befördert die Nachfrage nach bulgarischen Metallprodukten", bestätigt Nikolov Rangelov vom Verband BAMI.

Neben der Kupferverarbeitung bauen bulgarische Unternehmen Kästen für Autobatterien oder Karosserieteile aus Aluminium. Dafür gewinnen sie das Aluminium aus Bauxit. Auch in diesem Segment bestimmen die Energiewende und der Einsatz von Batterien eine stärkere Nachfrage. Im Jahr 2024 investierte das chinesische Unternehmen Shanghai Unison Aluminium und errichtete ein Werk für Batteriekomponenten und andere Kfz-Teilen aus Aluminium in Plowdiw. Dies bedeutet, dass sich der Wettbewerb um Kunden und Aufträge zwischen europäischen und asiatischen Herstellern weiter verschärft.

Mitgliedschaft im Schengenraum senkt Transportkosten

Die volle Integration Bulgariens in den Schengenraum seit Anfang 2025 verbessert die Bedingungen für Lieferungen ins Ausland. Sie verkürzt Wartezeiten der Lkw an den Binnengrenzen erheblich. Die bulgarische Transportbranche spart durch offene Binnengrenzen bis zu 870 Millionen Euro an Kosten für den Transport von Personen und Waren, rechnet der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss vor. Chancen bietet auch der aktuelle Ausbau der Infrastruktur, den die EU mit Förderprogrammen unterstützt. Geplant ist zum Beispiel, die Verkehrswege und Stromtrassen in Richtung Rumänien auszubauen.

Hinweise zu Transport und Logistik

Bulgarien entwickelt die Transportinfrastruktur. Die Stadt Ruse, an der Grenze zu Rumänien, etwa plant ein intermodales Terminal an der Donau. Ebenso entsteht in Vidin, im Dreiländereck mit Serbien und Rumänien, ein Industriepark mit intermodalem Terminal.

Weitere Informationen zu zollrechtlichen Regeln bietet unser Überblick zur Wareneinfuhr in die EU.

Unternehmen hoffen zudem darauf, dass Bulgarien den Euro als Zahlungsmittel einführen wird. Dies würde Kreditaufnahmen und Zahlungsvorgänge vereinfachen. Die Euro-Einführung hängt davon ab, ob die Inflation im Jahresverlauf noch abnimmt. Ende März 2025 rangierte die jährliche Teuerungsrate mit 4,0 Prozent über der Zielmarke, die Bulgarien nach Maßgabe der Europäischen Zentralbank erreichen muss. So darf die Inflationsrate maximal 1,5 Prozent über jener der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten des Vorjahres liegen. Dieser Wert betrug zuletzt 2,57 Prozent.

Metallteile aus Bulgarien bleiben wettbewerbsfähig

Seit Jahresbeginn sinkt die Nachfrage nach Metallprodukten aus Bulgarien. Der Verband BAMI rechnet damit, dass die Metallexporte 2025 stagnieren werden. Ein Grund ist die schwache Konjunktur des größten Exportpartners Deutschland. Die Zölle der US-Regierung trüben die Absatzaussicht der Branche zusätzlich ein. Einkäufer aus Deutschland wiederum haben dadurch eine gute Verhandlungsposition gegenüber bulgarischen Lieferanten.

Auch die steigenden Energiekosten belasten die produzierenden Unternehmen in Bulgarien. Denn seit Beginn des Jahres 2025 fallen Subventionen für Unternehmen mit energieintensiver Produktion weg. Wettbewerbsfähige Löhne und Steuern kompensieren dies jedoch. Zudem sind die Energiekosten im regionalen Vergleich immer noch niedrig. Auch dies spricht für weiterhin wettbewerbsfähige Preise bulgarischer Metallprodukte.

Bulgarien bietet regional wettbewerbsfähige StandortkostenStromkosten für Nicht-Haushaltskunden und Arbeitskosten in Euro für das Jahr 2024
 

Stromkosten pro Kilowattstunde 1

Arbeitskosten pro Stunde 2

Bulgarien

0,11

10,6

Griechenland

0,13

16,7

Serbien

0,14

11,4

Rumänien

0,14

12,5

EU-Durchschnitt

0,16

33,5

Deutschland

0,2

43,4

1 Jährlicher Verbrauch zwischen 500 und 2.000 Megawattstunden; 2 Arbeitsentgelt zuzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen abzüglich erhaltener Subventionen.Quelle: Eurostat 2025

Hinweise zur Geschäftspraxis

  • Zahlungen dauern oft mindestens 60 Tage.
  • Geschäftsbeziehungen leben von persönlichen Netzwerken.
  • Es lohnt sich, bulgarisches Personal zu engagieren, um Kontakte anzubahnen.
  • Achtung, andere Körpersprache: Mit dem Kopf nicken, bedeutet "Nein", den Kopf schütteln bedeutet "Ja".

Das Metallverarbeitende Gewerbe in Bulgarien beschäftigte 2023 rund 495.000 Personen und trägt rund 6,9 Prozent zur Bruttowertschöpfung Bulgariens bei. Zu den stärksten Segmenten der Branche zählen Kupferprodukte, Aluminiumprodukte, der Stahl- und Leichtbau sowie die Waffenproduktion. Letztere generierte seit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine mehr Aufträge, weil Bulgarien Munition für Waffen aus dem postsowjetischen Raum produzieren kann.

Kontaktadressen
BezeichnungAnmerkung
AHK BulgarienAnlaufstelle für deutsche Unternehmen
Bulgarian Association of the Metallurgical Industry (BAMI)Bulgarischer Branchenverband 
Bulgarian Chamber of Industry and CommerceBulgarische Industrie- und Handelskammer
Mach Inno Tech Messe der Metallbranche, nächste Veranstaltung: 29. September bis 3. Oktober 2025, Sofia
ITF - International Technical Fair (Autumn) Messe der Metallbranche, nächste Veranstaltung: 24. bis 27. September 2025, Plowdiw

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