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Rechtsbericht | Bulgarien | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Rechtsgrundlagen sind das bulgarische Arbeitsgesetzbuch und das Sozialversicherungsgesetzbuch. Die Gesetzessammlungen gibt es in Bulgarisch und in englischer Übersetzung.

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung: individuell oder kollektiv durch Branchentarifvertrag geregelt
Mindestlohn, monatlich: 1.077 Lew (550 Euro) 1)
Wochenarbeitszeit: 40 Stunden (Art. 136 ArbGB)
Zulässige Überstunden im Regelfall (unbezahlt): Wochenarbeitszeit von 48 Stunden darf nicht überschritten werden (Art. 136a Abs. 2 u. 3 ArbGB) 2) 
Weitere zulässige Überstunden in Ausnahmesituationen (bezahlt): Insgesamt maximal 150 Stunden je Kalenderjahr, dabei laut Art. 146 Abs. 1 ArbGB nicht mehr als: 30 Stunden am Tag oder 20 Stunden Nachtarbeit innerhalb eines Kalendermonats, 6 Stunden am Tag oder 4 Stunden Nachtarbeit innerhalb einer Kalenderwoche, 3 Stunden am Tag oder 2 Stunden in der Nacht an zwei aufeinanderfolgenden Arbeitstagen, maximal 300 Stunden je Kalenderjahr mit einem laut Art. 51b ArbGB vereinbarten Tarifvertrag, laut Art. 146 Abs. 2 ArbGB
Gesetzliche Feiertage: 14 Tage (Art. 154 Abs. 1 ArbGB)
Urlaubsanspruch pro Jahr: Mindestens 20 Arbeitstage (Art. 155 Abs. 4 ArbGB)
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Der Arbeitnehmer erhält für die ersten 3 Krankheitstage 70 Prozent der durchschnittlichen Vergütung durch den Arbeitgeber. Für weitere Krankheitstage zahlt das Nationale Versicherungsinstitut bei zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit 80 Prozent und bei berufsbedingter Krankheit 90 Prozent der durchschnittlichen Vergütung, auf die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden oder bezahlt werden müssen (Art. 40 bis 42 Sozialversicherungsgesetzbuch)
Probezeit: bis zu 6 Monate
 1 ab Januar 2025; 2 innerhalb von 4 Monaten durch Freizeit auszugleichen (Art. 136a Abs. 4 ArbGB).Quelle: Arbeitsgesetzbuch 2025; Sozialversicherungsgesetzbuch 2025

Rechtsgrundlagen

Die Grundlagen des bulgarischen Arbeitsrechts sind das Arbeitsgesetzbuch (ArbGB) und das Sozialversicherungsgesetzbuch (SGB). Beide sind in bulgarischer und englischer Sprache beim Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik abrufbar.

Das bulgarische ArbGB gilt grundsätzlich für alle Arbeitgebende und für in Bulgarien tätige Arbeitnehmende. Andere Vereinbarungen können geschlossen werden. Es ist jedoch zu beachten, dass bestimmte zwingende arbeitsrechtliche Vorschriften des bulgarischen Arbeitsrechts nicht ausgeschlossen werden können und Vereinbarungen niemals nachteilig von bulgarischen Regelungen abweichen dürfen.

Neuerliche Ergänzungen

In Bulgarien gilt seit August 2022 die EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen. Sie verpflichtet Arbeitgebende, für mehr Transparenz bei der Organisation der Arbeit zu sorgen. Das heißt, interne Arbeitsanweisungen müssen unter anderem folgendes festlegen:

  • Arbeitszeit im Betrieb, Dienstzeit, Bereitschaftsdienstzeit
  • Pausenzeiten
  • Urlaubszeiten
  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • Hinweis auf freie Wahl des Arbeitsortes

Der bulgarische Gesetzgeber verlangt, dass Arbeitgeber die Dienstorte in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Vertretungen der Arbeitnehmenden festlegen. Als Dienstorte gelten die Orte, an denen die Arbeit ausgeführt wird. Zudem muss der Arbeitgebende einen Dienstplan erstellen und diesen drei Jahre aufbewahren.

Seit 2024 ist es möglich, mehrere Dienstorte für die Fernarbeit im Arbeitsvertrag vorzusehen. Arbeitnehmende können bis zu 30 Arbeitstage pro Jahr einen anderen Arbeitsort beantragen. Dadurch wird das Verfahren bei vorübergehendem Wechsel vereinfacht, da der Abschluss von Zusatzvereinbarungen entfällt.

Neues Arbeitsbuch in digitaler Form

Seit Juni 2025 werden die so genannten Arbeitsbücher zentral und digital durch die dem Finanzministerium zugeordnete Nationale Einnahmeagentur (National Revenue Agency; NRA) geführt. Jeder Arbeitnehmende in Bulgarien besitzt noch ein Arbeitsbuch aus Papier. Es gilt als Beleg über Betriebszugehörigkeit und über gezahlte Sozialversicherungsbeiträge im Laufe des Berufslebens. Das Arbeitsbuch ist vergleichbar mit der Information, die in Deutschland die Rentenversicherung verschickt.

Die neue Regelung verpflichtet die Arbeitgebende, neu eingestellte Mitarbeitende wie auch alle bereits seit längerem Beschäftigte bei der NRA anzumelden. Dafür gilt eine Frist bis Juni 2026. In diesem Zeitraum ist das Arbeitsbuch aus Papier weiterhin gültig. Für Arbeitnehmende besteht zudem die Pflicht, der NRA bereits abgeschlossene Arbeitsverhältnisse zu melden.

Das neue, digitale Arbeitsbuch enthält Angaben zu Beginn und Beendigung von Arbeitsverhältnissen, zu Kündigungen wird der Grund eingetragen. Des Weiteren gibt es Auskunft über vom Arbeitgeber gezahlte Leistungen wie Sonderurlaub, Sozialversicherung oder Krankengeld.

Vertragsabschluss 

Der Arbeitsvertrag bedarf grundsätzlich der Schriftform (Art. 62 Abs. 1 ArbGB). Er darf nicht vom bulgarischen Arbeitsrecht abweichen bezüglich Mindestlohn, der Höchstdauer der Arbeitszeit, Pausenzeiten, Mindestdauer des bezahlten Urlaubs, Mindestkündigungsfristen, Mindestvorschriften für die Beendigung des Arbeitsvertrages sowie von den bestehenden Hygiene- und Arbeitsschutzvorschriften.

Laut Arbeitsgesetzbuch können Arbeitsverträge auf unbestimmte Zeit (unbefristet) oder für eine bestimmte Zeit (befristet) geschlossen werden (Art. 67 Abs. 1 ArbGB). Ein Arbeitsvertrag wird stets als unbefristet angesehen, wenn nicht explizit eine Befristung mit dem Arbeitnehmer vereinbart und im Vertrag niedergeschrieben wurde (Art. 67 Abs. 2 ArbGB). Ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers kann ein unbefristeter Arbeitsvertrag nicht in einen befristeten umgewandelt werden. Zur Wirksamkeit einer solchen Abrede ist erforderlich, dass die Änderung schriftlich festgehalten wird (Art. 67 Abs. 3 ArbGB). Befristete Arbeitsverträge können abgeschlossen werden (Art. 68 Abs. 1 ArbGB).

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Innerhalb eines Kalenderjahres dürfen nicht mehr als 150 Überstunden angehäuft werden. Sie werden in bestimmten Ausnahmesituationen geleistet und zusätzlich vergütet, und zwar mit einem Aufschlag von nicht weniger als:

  • 50 Prozent für Arbeit an Werktagen,
  • 75 Prozent für Arbeit an Wochenenden,
  • 100 Prozent für Arbeit an offiziellen Feiertagen,
  • 50 Prozent für Arbeit, die bei Überschreitung der wöchentlichen oder anderweitig vereinbarten Arbeitszeit entsteht.

Überstunden dürfen nur auf Anweisung des Arbeitgebenden verrichtet werden. In Unternehmen, die aufgrund ihrer Arbeitsprozesse flexible Arbeitszeiten zulassen, dürfen Arbeitszeitkonten geführt werden (Art. 139 Abs. 2 ArbGB). Nach Absprache mit Vertretungen der Arbeitnehmenden kann der Arbeitgebende für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmenden sofern der Tarifvertrag dies nicht verbietet sogenannte Open-End-Arbeitszeiten einführen. Für Teilzeitbeschäftigte sind diese Arbeitszeiten jedoch ausgeschlossen. Die Überstunden sind durch zusätzlich bezahlten Jahresurlaub und bei Arbeit an Feiertagen durch Überstundenzuschläge abzugelten (Art. 139a Abs. 7 ArbGB).

Nach achtmonatiger Betriebszugehörigkeit hat der Arbeitnehmende einen Anspruch auf bezahlten Urlaub (Art. 155 Abs. 1 und 2 ArbGB). Der Jahresurlaub darf nicht weniger als 20 Arbeitstage betragen (Art. 155 Abs. 4 ArbGB). Es gibt 14 gesetzliche und damit bezahlte Feiertage (Art. 154 ArbGB).

Vertragsbeendigung 

Jegliche Vertragsbeendigung bedarf der Schriftform (Art. 335 ArbGB). Bei nicht eingehaltener Kündigungsfrist endet der Vertrag nach Ablauf der Restzeit der Kündigungsfrist. In den Fällen, in denen eine fristlose Kündigung erfolgt, ist das Arbeitsverhältnis mit Zugang der schriftlichen Feststellung über dessen Beendigung beendet (Art. 335 ArbGB).

Sofern nicht die in Art. 330 ArbGB genannten Gründe für eine fristlose Kündigung vorliegen, ist ein Arbeitgeber lediglich zu einer ordentlichen Kündigung nach Art. 328 ArbGB berechtigt. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gilt dafür bei einem unbefristeten Vertrag eine Mindestfrist von 30 Tagen, sofern nicht anders vereinbart. Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis beträgt die Kündigungsfrist drei Monate (Art. 326 Abs. 2 ArbGB).

Eine ordentliche Kündigung setzt einen im Artikel 328 ArbGB geregelten betriebs-, personen- oder verhaltensbedingten Grund voraus. Zusätzlich zu den in Art. 328 Abs. 1 ArbGB genannten Gründen nennt Art. 328 Abs. 2 ArbGB weitere Kündigungsgründe für Angestellte in Managementpositionen. Hier können im Arbeitsvertrag gesonderte Kündigungsgründe aufgenommen werden.

Vertragsbeendigung gegen Abfindung

Als speziellen Beendigungstatbestand hält Art. 331 ArbGB rechtliche Lösungen bereit, die auf eine einvernehmliche Vertragsaufhebung gegen Zahlung einer Abfindung abzielen. Die Initiative für eine solche Vertragsaufhebung muss allerdings vom Arbeitgebenden ausgehen. Äußert sich der Arbeitnehmende dazu nicht binnen sieben Tagen schriftlich, so gilt das Angebot als nicht angenommen. Bei Zustimmung durch den Arbeitnehmenden beträgt die Abfindung mindestens das Vierfache seiner letzten monatlichen Bruttovergütung. Die Abfindung muss innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden. Geschieht dies nicht, so gilt der Arbeitsvertrag als weiterbestehend.

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