Wirtschaftsumfeld | Bulgarien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
In Bulgarien verzeichnen die Branchen mit Fachkräftemangel den stärksten Lohnzuwachs. Trotzdem hat das Land im EU-Vergleich die niedrigsten Lohnkosten.
18.07.2024
Von Dominik Vorhölter | Sofia
Die Lohn- und Lohnnebenkosten in Bulgarien sind mit durchschnittlich 9,30 Euro pro Stunde die niedrigsten in der Europäischen Union (EU). Das macht das Land zu einem attraktiven Standort für Nearshoring, Lohnfertigung und Outsourcing. Insbesondere in Branchen, in denen Fachkräfte knapp sind, steigen die nominalen Mindestlöhne aber. Das Lohnwachstum dürfte im Jahr 2024 zwischen 12 und 15 Prozent betragen.
Regierung plant Erhöhung des Mindestlohns
Seit Beginn des Jahres 2024 beträgt der Mindestlohn 933 Lew (umgerechnet 475 Euro). Das Parlament muss bis November 2024 die EU-Richtlinie über den Mindestlohn umsetzen. Diese legt eine Referenzgröße für einen angemessenen Mindestlohn fest. Demnach soll der Mindestlohn mindestens 60 Prozent vom Medianlohn oder 50 Prozent vom Durchschnittslohn betragen. Welche genaue Referenzgröße die Regierung beschließen wird, ist schwer vorherzusagen. Derzeit verhandelt sie mit den Sozialpartnern darum, den Mindestlohn im Jahr 2025 um weitere 15,7 Prozent auf umgerechnet 550 Euro zu erhöhen.
Lohnstatistiken können von ausgezahlten Gehältern abweichen
Die Höhe von Löhnen und Gehältern variiert beträchtlich zwischen verschiedenen Branchen und Regionen. Weitere Einflussfaktoren sind Position, Qualifikation, Betriebszugehörigkeit, das Unternehmen selbst, dessen Größe und Herkunft.
Offizielle Statistiken müssen mit Vorsicht behandelt werden. Es ist gängig, dass in der Privatwirtschaft ein Teil des Gehalts außerhalb der regulären Lohnabrechnung gezahlt wird und somit nicht Statistik erscheint. Bargeldzahlungen sind üblich und können dazu führen, dass das offiziell deklarierte Gehalt vom tatsächlich erhaltenen Betrag abweicht. Die statistischen Daten sind am verlässlichsten für den öffentlichen Sektor.
Für internationale Arbeitgeber könnten die Informationen von Personalberatern aussagekräftiger sein als die des Statistikamtes, da ausländische Firmen in der Regel höhere Gehälter zahlen als lokale Unternehmen.
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 1.123 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 788 |
Verarbeitendes Gewerbe | 942 |
Strom-, gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 1.552 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 830 |
Baugewerbe | 860 |
Groß und Einzelhandel, Reparatur von Kfz | 994 |
Transport und Lagerhaltung | 951 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 699 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 2.685 |
Finanz- und Versicherungswesen | 1.735 |
Position | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 1.123 |
Führungskraft | 2.863-8.232 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 1.074-2301 |
Techniker:in | 1.688-2.298 |
Unterstützende Bürokraft | 1.225-1.789 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 1022-1.534 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 819-1.636 |
Handwerker:in | 1.228-1.533 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 1.279-1.892 |
Hilfskraft | 870-1483 |
Es gilt ein höherer steuerlicher Freibetrag für Lebensmittelcoupons
Einige Angestellte erhalten monatlich einen Lebensmittelcoupon (voucher for food). Im Jahr 2022 wurde der Anwendungsbereich erweitert. Mit den Coupons können ihre Besitzer Strom, Fernwärme, Erdgas und Wasser bezahlen oder Haushaltswaren einkaufen. Zuvor galten die Lebensmittelgutscheine nur in Supermärkten oder Restaurants.
Den steuerlichen Freibetrag für diese Coupons hat die Regierung ebenfalls erhöht, von 80 auf 200 Lew pro Monat (von 41 Euro auf 102 Euro). Der Gutschein wird erst versteuert, wenn der pro Monat ausgegebene Betrag 200 Lew übersteigt. Seit Januar 2024 dürfen die Coupons digital ausgegeben werden. Die Coupons sind seitdem per mobiler Anwendung einlösbar.
Sozialversicherungsbeiträge unterscheiden sich je nach Branche
Seit 1. Januar 2003 gilt eine Einteilung der Arbeitsbedingungen in die Kategorien I (schwere Arbeitsbedingungen), II (erschwerte Arbeitsbedingungen) und III (normale und leichte Arbeitsbedingungen). Für Beschäftigte der Kategorien I und II gilt eine Pflicht zu einer zusätzlichen Rentenversicherung über Berufsrentenfonds. Diese Beiträge zahlt der Arbeitgeber alleine.
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 10,92 |
Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 4,8 |
Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz (Arbeitgeberanteil) | 2,1 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 0,4-1,1 |
Zusätzliche gesetzliche Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 2,8 |
Die sozialversicherungspflichtige Höchstgrenze der Beitragsbemessungsgrundlage liegt im Jahr 2024 bei 3.750 Lew (rund 1.912 Euro). Die sozialversicherungspflichtige Mindestgrenze der Beitragsbemessungsgrundlage ist für die verschiedenen Branchen und Berufsgruppen unterschiedlich. In der Dienstleistungsbranche liegt sie derzeit bei 1.008 Lew (515 Euro). In übrigen Branchen gilt der Mindestlohn als geringste Beitragsbemessungsgrundlage. Aktuell beträgt der Mindestlohn 933 Lew (etwa 475 Euro).