Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

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Special | Bulgarien, Rumänien | Produktionsstandorte

Kostendruck treibt Unternehmen nach Osteuropa

Geringe Kosten und Fachkräftepotenzial machen Bulgarien und Rumänien attraktiv als Standorte für Nearshoring. Erdgasvorkommen im Schwarzen Meer beeinflussen die Standortauswahl.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Jedes fünfte Unternehmen in Deutschland kann sich mittelfristig vorstellen, Produktionsaktivitäten in Mittel- und Osteuropa aufzubauen. Dies geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft KPMG und dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft vom Februar 2025 hervor. Rumänien zählt neben Polen und der Ukraine zu den wichtigsten Zielländern. Der Kostendruck treibt die meisten der Umfrageteilnehmer dazu.

Investitionstrends: Erste chinesische Produzenten vor Ort

Das verarbeitende Gewerbe hat in Rumänien mit gut einem Drittel den größten Anteil an den gesamten Direktinvestitionen. Das meiste davon entfällt auf die Automobil-, Reifen- und Elektroindustrie. Bulgarien gewinnt dagegen die meisten Investitionen im Handel. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes beträgt dort nur ein Fünftel an den ausländischen Direktinvestitionen. Diese fließen größtenteils in die Metall-, Elektro- und Automobilindustrie.

Dabei interessieren sich nicht nur europäische Investoren für Bulgarien. "Wir beobachten insgesamt mehr Interesse aus Asien", sagt Yankov, Managing Director der Trakia Economic Zone. Das ist eines der größten bulgarischen Industriezonen. Dies spricht dafür, dass Rumänien und Bulgarien als Industriestandorte international wettbewerbsfähiger werden. Er berichtet, dass sich im vergangenen Jahr zum ersten Mal ein chinesisches Unternehmen in der Trakia Economic Zone niedergelassen hat. Das Unternehmen produziert Aluminiumkomponenten für die Automobilindustrie.

Fokusbranchen: Bauwirtschaft als Wachstumsmarkt

Ein weiteres Argument für eine Investition in Bulgarien oder Rumänien ist das Wachstumspotenzial, das beide Länder noch zu bieten haben, insbesondere in Bereichen wie Dekarbonisierung der Industrie, bei der Automatisierung und Digitalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen. Hierfür stehen EU-Fördermittel bereit. Die EU fördert zum Beispiel Heidelberg Materials im bulgarischen Devnya. Es geht um CO2-Abscheidung in der Zementproduktion.

Ein künftiger Wachstumsmarkt ist die Baubranche. Bulgarien, Rumänien und die Nachbarländer Serbien und die Republik Moldau haben etwa Nachholbedarf beim energieeffizienten Bauen. Zudem stimuliert der Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur in der Ukraine die Nachfrage nach Bau- und Dämmstoffen. So hat der Hersteller Knauf Insulations seine Produktion in Rumänien erweitert. Für ein neues Werk in Huedin profitierte das Unternehmen eigenen Angaben zufolge von EU-Fördermitteln.

Treiber und Risiken: Lieferketten und Energielieferungen robuster aufstellen

Unternehmen, die Lieferketten robuster aufstellen wollen, haben Rumänien und Bulgarien als Nearshoring-Standorte innerhalb der EU entdeckt. So hat das Pharmaunternehmen STADA Ende 2024 eine neue Produktionsstätte im rumänischen Turda eröffnet. "Der Standort liegt strategisch günstig im Herzen der europäischen Märkte unseres Unternehmens und innerhalb der Europäischen Union", sagt Miguel Pagan, Chief Technical Officer von STADA.

Der Kfz-Teileproduzent Kayser Automotive entschied sich im Juli 2024 eine Produktion in der bulgarischen Stadt Pleven zu starten. "In Bulgarien finden wir tolle Profis auf jedem Ausbildungsniveau", sagt Boris Venkov, Direktor des bulgarischen Werks von Kayser Automotive. Die Verfügbarkeit von Ingenieuren und Experten sowie die Arbeitskosten waren wichtige Gründe, aber nicht die einzigen. Auch die EU-Mitgliedschaft Bulgariens sei ein wesentlicher Pluspunkt gewesen. "Wir wollen mindestens zehn Jahre hier bleiben", sagt Venkov. Das Unternehmen baut Leitungen für Flüssigkeiten in Autos, etwa für Bremsenflüssigkeit oder Scheibenwischerwasser und beliefert BMW, Porsche, VW und Daimler.

EU-Mitgliedschaft ist Pluspunkt

Rumänien und Bulgarien sind seit Januar 2025 volle Mitglieder im Schengenraum und damit tiefer in den europäischen Binnenmarkt integriert. Dies wertet sie als Sourcing-Märkte für die deutsche Industrie auf. Rumänien exportiert Kfz-Teile, elektronische Komponenten, Metall- und Gummiprodukte. Bulgarien liefert Vorprodukte aus Gold, Kupfer, Zinn und Blei, etwa für die Elektroindustrie.

Unternehmen prüfen daher, Produktionen unter anderem nach Rumänien oder auch nach Bulgarien zu verlagern. Beide Länder bieten innerhalb der EU das größte Wachstumspotenzial. Gleichzeitig hemmen aber politische Krisen und Korruption den Zustrom von Investitionen aus dem Ausland. Intransparente und lange dauernde bürokratische Verfahren gelten nach wie vor als die größten Risiken.

Neue Rolle als europäische Energielieferanten

Rumänien und Bulgarien verfügen außerdem über Erdgasvorkommen im Schwarzen Meer. Rumäniens Bestrebungen, das Erdgasfeld Neptun Deep auszubeuten, ist am weitesten fortgeschritten. Deutschland will von dort über das staatseigene Gasunternehmen Uniper ab 2027 Erdgas beziehen. Bulgarien hat sich bereits als Erdgas-Hub positioniert. Das Land profitiert von dem Transit aus Aserbaidschan nach Südosteuropa.

Durch das Erdgas aus dem Schwarzen Meer hoffen Politiker und Unternehmen, mittelfristig Energiepreise wettbewerbsfähig zu halten. Aktuell sind die Energiepreise für Industriekunden in beiden Ländern überdurchschnittlich hoch. Im EU-weiten Vergleich sind diese in Griechenland, Portugal oder Italien erheblich günstiger, wie Eurostat berichtet.

Rumänien und Bulgarien produzieren Solarstrom hauptsächlich für den heimischen Strommarkt. Perspektivisch sind Investitionen in erneuerbare Energien, unter anderem für den Export nach Deutschland interessant, wenn genügend länderübergreifende Stromleitungen in die Nachbarländer in Betrieb sind.

Der Druck, wichtige Infrastruktur weiter auszubauen, steigt. Dabei helfen sollen die Drei-Meere-Initiative und die EU-Initiative Global Gateway. Letztere plant das Unterseekabel im Schwarzen Meer, mit dem grüne Energie aus Aserbaidschan nach Rumänien gelangen wird. In Rumänien und Bulgarien mangelt es nicht an Geld. Für sie stehen reichlich EU-Fördermittel bereit. Doch oft scheitern große Projekte, weil bürokratische Prozesse lange dauern und Investitionen unvorhersehbar machen.

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