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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsausblick | Dänemark
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat geringen Einfluss auf die dänische Konjunktur. Schwerer wiegen Lieferengpässe, vor allem aber der akute Fachkräftemangel.
15.12.2022
Von Michał Woźniak | Stockholm
Das dänische Wirtschaftswachstum hat nach dem starken Vorjahr bereits Anfang 2022 an Fahrt verloren. Nach Prognosen der Nationalbank könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 4. Quartal sogar unter dem Niveau des gleichen Vorjahreszeitraums liegen. Trotzdem dürfte das BIP-Wachstum 2022 bis zu 3 Prozent betragen. Im kommenden Jahr scheint dann ein Nullwachstum als bestmöglicher Ausgang.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. Euro) | 331,8 | 336,7 | 3.602 |
BIP pro Kopf (Euro) | 53.480 | 57.520 | 43.292 |
Bevölkerung (Mio.; jeweils zum 1. Januar) | 5,8 | 5,9 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = … Dänische Kronen) | 7,4542 | 7,4370 | - |
Treiber dieser Entwicklung sind die weltweit wachstumshemmenden Faktoren Inflation und Lieferengpässe. Daneben bremsen in Dänemark zusätzlich die Arbeitsmarktsituation sowie die Lage auf dem Wohnungsmarkt.
Die Teuerung erreichte im Früherbst zweistellige Werte, lag aber noch gut im EU-Durchschnitt. Laut Prognosen der Nationalbank wird die Inflation im Gesamtjahr bei 8,6 Prozent liegen. Prognosen zufolge werden vor allem fallende Energiepreise den Wert 2023 halbieren und ein Jahr später auf unter 2 Prozent sinken lassen.
Eine längerfristige Herausforderung dürfte die Kerninflation sein, also der Anstieg der Verbraucherpreise ohne Berücksichtigung von Energie. Getrieben durch Gehaltserhöhungen und steigende Produktionskosten liegt sie bereits etwa 1 Prozentpunkt über dem Mittelwert der Euroländer.
Für den Zeitraum 2022 bis 2024 soll die Wachstumsdynamik in der verarbeitenden Industrie bei etwa 4 Prozent pro Jahr liegen. Dies begünstigt die schnelle Erholung auf dem Arbeitsmarkt. Mitte des Jahres 2022 lag die Beschäftigung bereits etwa 6 Prozent über dem Wert von Ende 2019. Seitdem sinkt die Zahl von Jobangeboten. Auch hat sich der Anteil der Unternehmen deutlich reduziert, die den Fachkräftemangel als limitierenden Faktor für Wachstum ansehen. Laut einer quartalsmäßigen Umfrage des Statistikamtes DST bemängelte dies Ende 2022 aber weiterhin jedes fünfte Industrieunternehmen. Bei Herstellern von Basismetallen, Kunststoffen und Maschinen war es etwa jeder dritte. Die Anzahl unbesetzter Stellen ging im 3. Quartal 2022 um etwa 10 Prozent gegenüber dem Rekord-Vorquartal zurück, blieb mit über 67.000 aber bei nahezu dem doppelten Wert von vor dem Pandemieausbruch.
„Die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt und der hohe Kapazitätsdruck haben zum Investitionswachstum beigetragen“, unterstreichen Experten der Nationalbank. Gegenüber dem Vorpandemie-Level sei die Industrieproduktion in Dänemark um über ein Fünftel gewachsen – bei gleichzeitiger Nahezu-Stagnation im Euroraum, den USA und China.
Entsprechend sollen die Bruttoanlageinvestitionen 2022 laut der Europäischen Kommission um 4,5 Prozent wachsen. Die Nationalbank rechnet für das Jahr mit einem Plus von 5 Prozent bei Unternehmensinvestitionen.
In den nachfolgenden 24 Monaten sollen bei dänischen Firmen die Investitionsausgaben um insgesamt über 3 Prozent zurückgehen. Verschieben dürfte sich auch der Fokus: Statt in den Neubau von Werks- und Produktionshallen wird in Maschinen und Ausrüstungen investiert. Laut EU-Kommission werden die Ausgaben dafür, nach einem Minus von fast 4 Prozent 2022, in den beiden nachfolgenden Jahren um 0,6 beziehungsweise 0,9 Prozent zulegen. Laut einer Investitionsumfrage von DST im Oktober 2022 zeigen sich allerdings nur in wenigen Sektoren größere Investitionsambitionen. So wollen der Bergbau (vor allem Erdgas), Ölraffinerien und Elektronik- sowie Möbelhersteller deutlich mehr ausgeben. Außer dem Pharmasektor und den Elektrogeräteherstellern prophezeiten die übrigen Sektoren aber teilweise deutliche Rückgänge.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. Euro) | Projektstand | Projektträger |
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Wasserstoff-Wertschöpfungskette Esbjerg | k.A. | Bau eines Elektrolyseurs mit 1 GW in Dänemark; 250 Wasserstofftankstellen in Deutschland und Österreich; Umrüstung bestehender Erdgaspipeline von Dänemark nach Deutschland für Wasserstofftransport; Absichtserklärung unterzeichnet im Mai 2022; erste Tankstelleneröffnungen 2024 | |
Ausbau Autobahn E45 | 471 | Ausbau eines 38 km langen Abschnitts von 4 auf 6 Spuren; Detailplanung läuft; Arbeiten sollen im 1. Hj. 2023 beginnen | Vejdirektoratet |
Lärmschutzwände | 403 | Projekt zum Aufstellen von Lärmschutzwänden entlang "besonders lärmbelasteter Landstraßenabschnitte" im Zeitraum 2022-2025; Ausschreibungen erfolgen individuell durch betroffene Kommunen | Vejdirektorat |
Kalundborg-Autobahn | 254 | Umbau einer Landstraße zur Autobahn mit zusätzlichen Abschnitten; öffentliche Konsultationen im November 2022 abgeschlossen; Routenplanung läuft | Vejdirektoratet |
Gleis- und Fahrstromanlagen für Fehmarntunnel | 200 | auf einer Strecke von 25 km, davon 18 km innerhalb des Tunnels; geplantes Publikationsdatum der Ausschreibung: 14.3.22 | Femern |
Werk für Bauplatten aus Karton- und Verpackungsabfällen | 81 | Absichtserklärung zur Investition mit GreenLab Skive unterzeichnet im Mai 2022 | Unwasted |
Werk für Test- und Analysetechnik für die Lebensmittelindustrie | k.A. | Grundstück in Vinge wurde im Juni 2022 gekauft; geplante Fertigstellung 2025 | Foss |
Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen bietet GTAI auf ihrer Internetseite an. Öffentliche Vorhaben in Dänemark werden über ein digitales Portal ausgeschrieben.
Die Bauinvestitionen dämpfen die Stimmung der Verbraucher. Insgesamt sollen sie 2023 und 2024 um zusammen knapp 8 Prozent sinken, im Wohnungsbau wird das Minus zweistellig. Steigende Zinsen erschweren die Rückzahlung von Immobilienkrediten und hemmen die Kauflust bei Hauseigentümern in spe. Das führt wiederum zu starkem Preisverfall. Die Prognosen weichen hier stark voneinander ab, ein zweistelliger prozentualer Rückgang zwischen Sommer 2022 und Ende 2023 ist jedoch nicht ausgeschlossen.
Mit einem Minus der Reallöhne von etwa 5 Prozent in diesem Jahr und einer allenfalls minimalen Steigerung 2023 drohen zwei aufeinanderfolgende Jahre des Konsumrückgangs. Für 2022 kreisen die Prognosen um -1,5 Prozent. Im Jahr 2023 könnten Wechselkursschwankungen entscheiden, ob gemessen in Euro eine leicht positive oder leicht negative Entwicklung registriert wird.
Am erfolgreichsten gegen die widrige Weltkonjunktur scheint sich der dänische Außenhandel zu stemmen. Dank des hohen Anteils von Pharmaprodukten und grünen Energietechnologien dürften die Exporte dieses Jahr um etwa 5 Prozent zulegen. Im Jahr 2023 sollten 2 bis 3 Prozent Wachstum möglich sein. Bei den Einfuhren scheint im gleichen Zeitraum eine positive Dynamik von jeweils 2 bis 3 Prozent realistisch.
2020 1 | 2021 1 | Veränderung 2021/2020 2 | |
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Importe | 150,5 | 176,4 | 16,9 |
Exporte | 171,1 | 200,4 | 16,8 |
Nach den ersten drei Quartalen 2022 ergab sich laut DST in dänischen Kronen gerechnet ein nominaler Anstieg des Importbedarfs um 24 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Angetrieben wurde er hauptsächlich durch Treibstoffe und Konsumprodukte. Angesichts von Lieferkettenproblemen konnten Maschinen und Kfz um insgesamt 10 Prozent zulegen.
Ein ähnliches Bild gaben Importe aus Deutschland ab, zumeist aber mit einigen Prozentpunkten weniger Zuwachs. Die Ausnahme von der Regel stellten Chemieprodukte, die mit 18 Prozent schneller zulegten als die dänische Chemie-Importnachfrage insgesamt.
An der deutschen Dominanz unter den weltweiten Lieferländern ändert sich nichts: Das zweitplatzierte Schweden kommt auf etwa zwei Drittel der deutschen Einnahmen aus dem Dänemarkgeschäft.