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Ab dem 9. September 2021 müssen Unternehmen die geänderten Vorschriften der Dual-Use Verordnung beachten.
20.08.2021
Von Dr. Achim Kampf
Dual-Use-Waren umfassen Güter, Software und Technologie, die sowohl zu zivilen als auch militärischen Zwecken genutzt werden können. Die Behandlung dieser Güter ist ein zentraler Baustein des Exportkontrollrechts. Speziell geregelt war sie in der Dual-Use Verordnung (EG) Nr. 428/2009 vom 5. Mai 2009, die nunmehr durch die Verordnung (EU) 2021/821 vom 20. Mai 2021 neu gefasst worden ist. Sie tritt am 9. September 2021 in Kraft. Bis zu diesem Datum werden Anträge auf Ausfuhrgenehmigung auf der Grundlange der noch geltenden Dual-Use-Verordnung beschieden.
Die Neufassung umfasst sowohl die bislang erfolgten Änderungen als auch bisher noch nicht geregelte neue Aspekte.
Weiterhin Bestand haben die Genehmigungspflichten für solche Güter, die in Anhang I der VO aufgeführt sind. Deshalb bleibt ein Blick in diese Güterlisten für den Unternehmer unerlässlich , wenn er das Erfordernis einer Ausfuhrgenehmigung prüft. Rechtsgrundlage dafür ist Art. 3 der VO.
Sind die Güter nicht gelistet, ist dies auch weiterhin kein „Freibrief“. Vielmehr kann eine Genehmigungspflicht dann unter dem Gesichtspunkt der „sensitiven Verwendung“ bestehen („Catch-all-regelung“). Geregelt ist dies in Art. 4., wo auch die einzelnen (kritischen) Verwendungen aufgeführt sind.
Die auch in anderen Zusammenhängen des Wirtschaftsrechts gesteigerte Bedeutung der Wahrung der Menschenrechte schlägt sich auch in der neuen Dual-Use-Verordnung nieder.
So regelt Art. 5 eine spezielle Genehmigungspflicht für die Ausfuhr nicht gelisteter digitaler Überwachungsgüter („cyber surveillance items“). Diese besteht dann, wenn der Ausführer durch die zuständige Behörde unterrichtet wurde, dass „die betreffenden Güter ganz oder teilweise für eine Verwendung im Zusammenhang mit interner Repression und/oder der Begehung schwerwiegender Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht bestimmt sind oder bestimmt sein können“. Welche Güter davon erfasst sind, ergibt sich aus Art.2 Nr. 20 der Verordnung. Hat der Ausführer aufgrund seiner Sorgfaltspflichten Kenntnis von solchen Verwendungen erlangt, muss er davon die zuständige Behörde unterrichten. Diese entscheidet dann über eine Genehmigungspflicht.
Ebenfalls neu auf EU-Ebene ist die Einbeziehung technischer Unterstützung. Gemäß Art. 8 erfordert auch eine technische Unterstützung in Zusammenhang mit den gelisteten Gütern des Anhangs I eine Genehmigung. Voraussetzung ist, dass die Güter „ganz oder teilweise für eine der Verwendungen im Sinne des Art. 4 Abs.1 bestimmt sind oder bestimmt sein können“. Es geht dabei um Verwendungen in Zusammenhang mit chemischen, biologischen oder Kernwaffen sowie Trägerraketen für diese Waffen.
Die Genehmigungspflichten für technische Unterstützung auf der Grundlage der §§ 49 ff. AWV (Außenwirtschaftsverordnungen) bleiben davon unberührt.
Gemäß Art. 10 der Verordnung können auch Güterlisten anderer EU-Mitgliedstaaten eine Genehmigungspflicht auslösen, wenn das entsprechende Gut nicht in Anhang I der Verordnung enthalten ist. Voraussetzung ist, dass sich das entsprechende Gut auf einer solchen Liste befindet, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus Menschenrechtserwägungen für die in der Liste enthaltenen Güter deren Ausfuhr untersagt oder eine Genehmigungspflicht vorschreibt. Außerdem ist erforderlich, dass eine solche Liste im Amtsblatt der Europäischen Kommission veröffentlicht ist.
Das Instrument des Erlasses allgemeiner Ausfuhrgenehmigungen ist um zwei weitere Genehmigungen erweitert worden. Sind Güter von allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen erfasst, hat das die Genehmigung zur Folge, ohne dass diese vorher zu beantragen ist. Mit der neuen Allgemeingenehmigung EU 007 ist der konzerninterne Technologiertransfer in bestimmte Länder erfasst. Die Allgemeingenehmigung EU008 bezieht sich auf die Ausfuhr bestimmter Verschlüsselungsgüter (also solche, die Informationen verschlüsseln).
Mit dem Ziel, ein einheitliches Exportkontrollsystem zu fördern, sieht Art. 24 der Verordnung eine sich aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten zusammensetzende Koordinierungsgruppe vor. Sie erörtert und prüft Fragestellungen zur Anwendung der Dual-Use Verordnung.
Die Neufassung der Dual-Use Verordnung führt dazu, dass weiterhin bestehende Regelungen teilweise anders als vorher nummeriert sind. Darauf ist bei Bezugnahmen auf die Dual-Use-Verordnung zu achten.
Bei aller Aufmerksamkeit für die neuen Regelungen ist bei jeder Ausfuhr auch die nationale Ausfuhrliste zu berücksichtigen. Auch wenn die meisten Güter mit doppeltem Verwendungszweck im Anhang der Dual Use-Verordnung gelistet sind, kann sich im Einzelfall auch eine Listung und damit Genehmigungspflicht gemäß der nationalen Ausfuhrliste (Teil I B) ergeben. Denn die Möglichkeit, durch nationale Ausfuhrlisten Genehmigungspflichten über die Dual-Use Verordnung hinaus zu schaffen, sieht auch die reformierte Dual-Use Verordnung vor.