Branchen | Finnland | Maschinen- und Anlagenbau
Deutschland ist der wichtigste Lieferant von Maschinen
Das Auslandsgeschäft ist für die finnischen Maschinenbauer elementar. Trotz eines starken heimischen Sektors importiert Finnland viele Anlagen aus Deutschland. Tendenz steigend.
05.09.2023
Von Niklas Becker | Helsinki
Der finnische Maschinenbauer Wärtsilä kann sich nicht über zu wenig Arbeit beschweren. Ende Juni 2023 summierten sich die Aufträge in den Auftragsbüchern des Unternehmens auf mehr als 6,2 Milliarden Euro. Ende Juni 2022 waren es noch 5,9 Milliarden Euro. Wärtsilä bietet Technologien für die Schifffahrt und den Energiemarkt an. Gemessen am Auftragsbestand ist das Unternehmen nach Kone der zweitgrößte finnische Maschinenbauer.
Laut eigener Aussage profitiert das Unternehmen von einem anhaltenden Wachstum im Servicebereich. Auch die positive Entwicklung im Energiespeichergeschäft kommt Wärtsilä zugute. So unterzeichnete das Unternehmen mit dem australischen Kunden Origin Energy den bisher größten Energiespeichervertrag in der Unternehmensgeschichte. Ein Rückgang der Preise für Batterierohstoffe hat allerdings dazu geführt, dass Aufträge verschoben wurden: Einige Kunden warten darauf, dass die Preise weiter sinken. Im Kraftwerksgeschäft behindern höhere Zinssätze, volatile Gaspreise und längere Genehmigungszeiten neue Projekte.
Die maritime Sparte des finnischen Maschinenbauers profitiert von einer positiven Marktstimmung in den wichtigsten Segmenten. Dies ist unter anderem auf anhaltende Investitionen in neue Terminals für Flüssigerdgas (LNG), eine verbesserte Stimmung bei der Passagierschifffahrt sowie eine wachsende Nachfrage nach Offshore-Windkraftanlagen zurückzuführen.
Auftragseingang bereitet zunehmend Sorge
Insgesamt meldet der finnische Maschinenbau für das 1. Halbjahr 2023 eine positive Umsatzentwicklung. Das zeigen vom finnischen Statistikamt veröffentlichte Zahlen. "Der Auftragsbestand ist gut, sodass Umsatz und Ergebnis in diesem Jahr gesichert sind", berichtet Jussi Mikkonen, Senior Analyst bei der OP Bank, im Gespräch mit der Tageszeitung Kauppalehti.
"Entscheidend sind jedoch neue Aufträge, weil sie Aufschluss über die zukünftige Gewinnentwicklung geben", ergänzt der Experte. Hier aber trübt die Entwicklung der Branche ein, geht aus einer Unternehmensbefragung des finnischen Verbandes der technischen Industrie (Teknologiateollisuus) hervor. Zwischen Januar und Juni 2023 konnten sich die Firmen neue Aufträge mit einem Wert von 10 Milliarden Euro sichern, 4,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Für Mikkonen ist das keine Überraschung: "Das ist etwas, das seit langem erwartet wurde, da sich die Makroökonomie abgeschwächt hat. Die Situation macht sich nun auch bei den finnischen Maschinenbauunternehmen bemerkbar." Deutlich wird diese Entwicklung auch bei den Investitionsausgaben der finnischen Maschinenbauer. Bereits im Frühjahr 2023 kündigten die Firmen einen Rückgang ihrer gesamten Ausgaben für das laufende Jahr an. Detailangaben weisen allerdings deutliche Unterschiede auf. Während die Branche bei Investitionen in Gebäude und Infrastruktur sparen will, prognostiziert sie für ihre Ausrüstungsinvestitionen einen Zuwachs.
Großunternehmen bestimmen das Bild
Der Maschinenbau zählt zu den wichtigsten Industriezweigen der finnischen Wirtschaft. Fast 15 Prozent der Bruttowertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes wurde 2022 von dem Sektor erwirtschaftet. Damit ist die Branche nach dem Holzbau die zweitwichtigste Industriesparte im Land. Finnlands Maschinenbausektor zählte 2021 laut heimischen Statistikamt fast 1.600 Unternehmen. Geprägt wird die Branche vor allem durch 33 Großunternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitenden. Sie machten 2021 mehr als 70 Prozent des Branchenumsatzes aus. Sechs von ihnen beschäftigen jeweils mehr als 1.000 Personen.
Firma | Umsatz in Millionen Euro | Veränderung 2022/2021 in Prozent | Mitarbeitende |
---|---|---|---|
Kone Oyj | 10.907 | 3,7 | 63.186 |
Wärtsilä Oyj Abp | 5.842 | 22,3 | 17.482 |
Metso Outotec Oyj (Metso Oyj) | 5.295 | 25,0 | 16.168 |
Valmet Oyj | 5.074 | 28,9 | 16.554 |
Cargotec Oyj | 4.089 | 23,3 | 11.405 |
Konecranes Oyj | 3.365 | 5,6 | 16.563 |
Das Auslandsgeschäft spielt für die finnischen Maschinenbauer eine sehr wichtige Rolle. Teknologiateollisuus zufolge machten Bestellungen aus dem Ausland zur Jahresmitte 2023 mehr als 80 Prozent der Bestellungen in den Auftragsbüchen der Branche aus. Größter Absatzmarkt sind die USA: 2022 gingen mit 1,1 Milliarden Euro 9,3 Prozent aller exportierten Maschinen dorthin.
Deutschland ist mit 880 Millionen Euro beziehungsweise einem Anteil von 7,6 Prozent vor Schweden der zweitwichtigste Absatzmarkt für die finnischen Maschinenbauer. Sie verkauften vor allem Zugmaschinen auf Rädern, Wechselstrom- und Kolbenverbrennungsmotoren sowie Teile für Land- und Forstwirtschaftsmaschinen nach Deutschland.
Importe aus Deutschland um 14 Prozent gestiegen
Deutschland spielt für Finnland aber nicht nur als Absatzmarkt eine wichtige Rolle. Mit einem Importvolumen von mehr als 2,3 Milliarden Euro war Deutschland 2022 auch der mit Abstand wichtigste Lieferant von Maschinen. Nachbarland Schweden und China lieferten Waren von 1,2 Milliarden beziehungsweise 900 Millionen Euro. Deutscher Verkaufsschlager in Finnland: Kolbenverbrennungsmotoren für den Antrieb von Fahrzeugen. Auch Teile für Motoren und Kraftmaschinen (zum Beispiel für Wind- und Wasserkraftmaschinen oder Strahltriebwerken) liegen hoch im Kurs.
Im Vergleich zu 2021 stieg der Wert der aus Deutschland nach Finnland importierten Maschinen nominal um 14 Prozent. In den kommenden Jahren könnte die Nachfrage weiter steigen. Zum einen beteiligen sich eine Reihe von deutschen Unternehmen am Ausbau der Windenergie in Finnland. So liefert beispielsweise der Hamburger Hersteller von Windenergieanlagen Nordex regelmäßig nach Finnland.
Gesamte Industrie will mehr investieren
Zum anderen kündigen die finnischen Industriefirmen einen Zuwachs ihrer Investitionen für Maschinen und Anlagen an. Das zeigt eine vom finnischen Zentralverband der Industrie (Elinkeinoelämän keskusliitto, EK) erhobene Unternehmensbefragung. Im Jahr 2023 werden die Betriebe demnach fast 25 Prozent mehr in ihren Maschinenpark investieren als im Vorjahr.
Davon können vor allem deutsche Maschinenbauer profitieren. Denn die finnischen Konkurrenten sind vor allem im Spezialmaschinenbau tätig und kommen dadurch weniger zum Zuge. Zusätzliche Anreize schaffen erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten von Maschinen und Anlagen. Diese werden in Finnland noch bis einschließlich 2025 gewährt.