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Wirtschaftsausblick | Finnland
Das Jahr 2023 wird für die finnische Volkswirtschaft schwierig. Inflation und steigende Zinsen drücken die Kaufkraft. 2024 soll sich das Blatt wenden.
01.06.2023
Von Niklas Becker | Helsinki
Finnlands Wirtschaftsleistung wird 2023 in etwa auf dem Niveau des Vorjahres verharren. Mit wenigen Ausnahmen prognostizieren die Institute eine reale Veränderung des finnischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Spektrum von minus 0,2 bis plus 0,2 Prozent. Grund hierfür sind die schwache Inlandsnachfrage und das abgekühlte außenwirtschaftliche Umfeld. 2024 und 2025 soll sich die Situation jedoch merklich verbessern. Einzige Ausnahme dürfte das Baugewerbe bleiben. In der zweiten Jahreshälfte 2022 hatte Finnland bereits eine technische Rezession verzeichnet.
Die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe Finnlands hat sich seit Herbst 2022 merklich verschlechtert. Das zeigen Unternehmensbefragungen des Zentralverbands der finnischen Wirtschaft EK. Zurückgegangen ist auch die Kapazitätsauslastung der Betriebe. Nach Einschätzung der befragten Unternehmen lag diese im April 2023 bei 63 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es 92 Prozent.
Von Mai bis Juli 2023 dürfte das Produktionsvolumen weiter abnehmen. Die Mehrzahl der Firmen erwartet für die drei Monate einen Rückgang der eigenen Fertigung. Unternehmensbefragungen der finnischen zentralen Handelskammer zufolge könnte sich die Situation in der zweiten Jahreshälfte 2023 verbessern. Dies gilt sowohl für die heimische Industrie als auch den Dienstleistungssektor. Negative Signale kommen hingegen von der finnischen Baubranche.
Sowohl die Europäische Kommission als auch der Internationale Währungsfonds (IWF) mahnen an, dass Finnland seinen Haushalt konsolidieren muss. Dies sei notwendig, damit die finnische Schuldenquote sinkt und Raum für Ausgaben für die alternde Gesellschaft geschaffen wird. Eine Reduzierung der finnischen Staatsausgaben war das große Thema der Parlamentswahlen im April 2023. Wo der Rotstift angesetzt werden soll, ist im Sommer Gegenstand der Koalitionsverhandlungen. Ergebnisse werden frühestens Ende Juni 2023 erwartet.
Indikator | 2021 | 2022 | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. Euro) | 250,6 | 266,7 | 3.869,9 |
BIP pro Kopf (Euro) | 45.220 | 47.990 | 46.182 |
Bevölkerung (Mio.) | 5,5 | 5,5 | 83,4 |
Finnlands Bauwirtschaft befindet sich derzeit in einer starken Rezession. Das Forschungsinstitut ETLA erwartet 2023 einen Rückgang der Bautätigkeit um 2,8 Prozent. Hohe Material- und Personalkosten sowie steigende Zinsen und die hohe Inflation haben den finnischen Wohnungsmarkt stark getroffen. Für 2023 und 2024 prognostiziert die Europäische Kommission daher einen Rückgang der Bauinvestitionen um 2 und 1,2 Prozent. Mit einem Wachstum der Baubranche ist erst 2025 wieder zu rechnen.
Positivere Nachrichten gibt es für den Maschinen- und Anlagenbau. Die finnischen Ausrüstungsinvestitionen werden der Kommission zufolge 2023 um 2,5 und 2024 sogar um 4,1 Prozent steigen. Finnland will bis 2035 CO₂-neutral werden. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, sind weitere Investitionen - besonders in die Energiegewinnung - notwendig. In den kommenden Jahren sollen zudem die finnischen Forschungs- und Entwicklungsausgaben steigen. Im Jahr 2030 werden sie den Plänen zufolge 4 Prozent des BIP erreichen. Im Jahr 2021 waren es laut Zahlen von Eurostat 2,99 Prozent.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. Euro) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Inkoo, Produktionsanlage für umweltfreundlichen Stahl inklusive Wasserstoffanlage | 4.000 | Planung | |
Korsnäs, Offshore-Windpark, 1,3 GW | 2.000 bis 3.000 | Planung | Vattenfall und Metsähallitus (Staatliche Organisation für Dienstleistungen im Bereich der natürlichen Ressourcen) |
Kotka, Batteriezellenfabrik | 2.500 bis 4.000 | Ankündigung | Suomen Malmijalostus Oy (Finnish Minerals Group) |
Nordfinnland, Wasserkraftausbau/Pumpspeicherwerke als Regelstromquelle | 2.000 bis 3.000 | Planung | |
Sokli, Phosphatabbau und Gewinnung seltener Erden | 1.000 bis 1.500 | Planung | Suomen Malmijalostus Oy (Finnish Minerals Group) |
Krankenhaus Helsinki-Laakso (Laakson sairaala) | 1.003 | Planung, Bauvorbereitung | Krankenpflegebezirk Helsinki und Uusimaa (HUS, Helsingin ja Uudenmaan sairaanhoitopiiri) |
Sakatti, Sodankylä, Kupfer-Nickel-Grube | 1.000 | Planung (Antrag auf Umweltgenehmigung eingereicht) | |
800 | Planung | ||
Kokkola, Produktionsanlage für grünen Wasserstoff und grünes Ammoniak | 500 | Planung | |
Solarkraftwerke Aurinkonevat und Keinosuo | k.A. | Planung | |
k.A. | Planung |
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Der finnische Privatkonsum dürfte 2023 keinen Wachstumsimpuls geben. Steigende Zinsen für Immobilienkredite und die hohe Inflation drücken die Kaufkraft der Konsumenten. So sank das Realeinkommen der Finnen 2022 nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts PTT um 2,8 Prozent. Für 2023 ist nach Einschätzung der Experten mit einem erneuten Rückgang zu rechnen. Erst 2024 soll das Realeinkommen der finnischen Haushalte wieder steigen.
Da sich die Haushalte auf die höheren Preise einstellen, erwartet PTT beim Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs einen Rückgang. Aufgrund der Nachholeffekte nach der Coronapandemie wird die Nachfrage im Dienstleistungsbereich zunächst wachsen, vor allem beim Tourismus. Zum Jahresende 2023 wird sich das Blatt infolge des Rückgangs der Realeinkommen jedoch wenden.
Das Vertrauen der finnischen Konsumenten lag zum Jahresende 2022 auf einem historischen Tiefpunkt. Noch nie seit Beginn der Datenerhebung 1995 war der Indikator so deutlich im negativen Bereich. Zu Jahresbeginn und im Frühjahr 2023 hat sich die Stimmung zwar schrittweise verbessert, der Indikator lag im April 2023 jedoch weiterhin im negativen Bereich.
Für die finnische Wirtschaft spielt die Auslandsnachfrage eine große Rolle. So stammen rund drei Viertel der Aufträge in der technischen Industrie aus dem Ausland. Besonders die Konjunktur bei den beiden größten finnischen Handelspartnern Schweden und Deutschland ist für die Unternehmen daher entscheidend. Die derzeitigen Herausforderungen der internationalen Wirtschaft spiegeln sich daher auch in der finnischen Exportnachfrage wider.
Bereits 2022 wurden die Ausfuhren des Landes vor allem durch die Dienstleistungsexporte angetrieben. Im Jahr 2023 wird sich nach Einschätzung von PTT ein ähnliches Bild ergeben. Während die Experten für die Warenausfuhr einen realen Rückgang um 2,5 Prozent erwarten, prognostizieren sie für den Dienstleistungsexport ein Plus von 5 Prozent. Insgesamt sollen Finnlands Ausfuhren 2023 rund 0,5 Prozent niedriger ausfallen als im Vorjahr. Noch deutlicher, um 1,2 Prozent, werden PTT zufolge die Importe zurückgehen. Erst 2024 dürfte sich der finnische Außenhandel wieder positiv entwickeln.
2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 | |
---|---|---|---|
Importe | 67.936 | 88.676 | 30,5 |
Exporte | 70.237 | 87.436 | 24,5 |