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Personalsuche und Personalmanagement
Immer mehr Firmen in Finnland nutzen Headhunter für die Rekrutierung. Deutsche Unternehmen sollten die Kulturunterschiede bei der Personalsuche beachten.
06.05.2025
Von Niklas Becker | Helsinki
In Finnland gewinnt die Auslagerung der Personalsuche an Bedeutung. Immer häufiger nehmen Firmen im Land Headhunter in Anspruch. "Der Trend, dass Unternehmen Mitarbeiter aktiv suchen, ist deutlich stärker geworden", berichtet Marcus Honkanen, Gründungspartner der deutsch-finnischen Personalberatung Nordic Minds. Das Unternehmen hat sich auf Personalsuche für Schlüsselpositionen in den nordischen Ländern und Deutschland spezialisiert.
Neue Mitarbeiter ohne aktive Suche zu finden, ist schwierig geworden. Größere Firmen in Finnland haben deshalb damit begonnen, eigene Headhunter-Abteilungen aufzubauen. Zudem weitet sich das Dienstleistungsportfolio der in Finnland aktiven Headhunter aus. So gibt es mittlerweile nicht nur Anbieter für die Suche von Executives für die Führungsebene, sondern auch für Fachkräfte und Universitätsabsolventen. Die Suche einer Führungskraft kostet rund ein Drittel des Jahreseinkommens der zu besetzenden Stelle.
Vitamin B hilft auch bei der Personalsuche
Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Netzwerke in Finnland. Häufig werden Stellen besetzt, ohne dass jemals eine Stellenanzeige veröffentlicht wurde. Wenn Firmen jedoch eine Stellenanzeige schalten und auf diesem Weg keinen geeigneten Kandidaten finden, gehen sie im zweiten Schritt zum Headhunter.
Auf der Suche nach Fachkräften müssen Unternehmen in Finnland attraktive Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Das finnische Ministerium für Arbeit und Wirtschaft betreibt auch auf Englisch eine Homepage mit vielen Informationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer rund um das Thema Personalsuche.
Es gibt Kulturunterschiede und die sind entscheidend
Bei der Personalsuche im deutsch-finnischen Kontext ist es wichtig, auf die Unterschiede in der Arbeits- und Führungskultur zu achten. Laut Honkanen arbeiten Finnen und Deutsche trotz vieler kultureller und verhaltensbezogener Unterschiede grundsätzlich gut zusammen. Doch immer wieder muss der Headhunter auch zwischen dem potenziellen deutschen Arbeitgeber und dem potenziellen finnischen Arbeitnehmer aufgrund der Kulturunterschiede in der Arbeitswelt vermitteln.
Wesentliche Unterschiede sieht der Experte beim Thema Hierarchie. "In Deutschland wird Respekt oft durch Titel und Formalitäten erworben, angefangen bei der Kleidung und dem Parkplatz des Managements vor dem Büro. In Finnland hingegen werden die Mitarbeitenden als gleichwertig angesehen. Respekt wird durch die Leistungen verdient, die man erbracht hat, und dadurch, welchen Einfluss man als Person hat", berichtet Honkanen.
Auch bei der Aufteilung von Arbeits-, Privat- und Familienleben gibt es dem Experten zufolge - auch in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter - Unterschiede. "Die Familienorientierung spielt in Finnland eine größere Rolle als in Deutschland, vor allem bei den Männern", sagt Honkanen. So sei es auch unter männlichen Geschäftsführern und Führungskräften üblich, Elternzeit zu nehmen oder von zu Hause aus zu arbeiten, um Beruf und Familie besser zu vereinbaren.
Viele Arbeitgeber sind familienfreundlich und bieten entsprechende Unterstützung und Zusatzleistungen an. Andernfalls können sie laut Honkanen Talente kaum für sich gewinnen. Und die öffentliche Hand bietet Kinderkrippen, Kindergärten und Ganztagsschulen, damit beide Elternteile Vollzeit arbeiten können.
"Schnellerer und transparenterer Bewerbungsprozess"
Den finnischen Bewerbungsprozess beschreibt Honkanen als direkter und transparenter als in Deutschland. Es sei sehr wichtig, mit potenziellen Kandidaten auf Augenhöhe zu sprechen, damit diese Interesse an der Stelle entwickeln. Zudem ist es üblich, am Anfang des Prozesses einen Ausblick zu geben, wie lange der Bewerbungsprozess dauern wird. Betriebe in Finnland geben sich Mühe, einen authentischen Eindruck beim potenziellen Arbeitnehmer zu hinterlassen und ihre Unternehmenskultur zu zeigen.
"Der potenzielle Arbeitgeber verkauft sich in dem Bewerbungsprozess auch als Unternehmen. Das ist für deutsche Firmen teilweise eine Herausforderung", sagt der Experte. Deshalb sei es wichtig, sich und seine Methode an die finnischen Standards anzupassen. "Finnland ist kleiner, da fließen die Informationen schnell und es kann schnell zu einem Reputationsschaden kommen", warnt Honkanen.
Finnische Mitarbeitende gelten als loyal. Dabei ist die Loyalität in Familienunternehmen am höchsten. Auch die wirtschaftliche Entwicklung hat hier einen Einfluss: Aufgrund der schwachen Konjunktur im Land ist die Wechselbereitschaft der Beschäftigten 2024 und zum Jahresbeginn 2025 vergleichsweise niedrig.