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Frankreich: Gewährleistungsrecht

Die grundlegenden Regelungen finden sich im Zivilgesetzbuch (Code civil). Für den Verbrauchsgüterkauf ist das Verbraucherschutzgesetz (Code de la consommation) lex specialis.

Von Nadine Bauer, Katrin Grünewald, Dr. Achim Kampf | Bonn

Ist die gelieferte Sache mangelhaft, ist für die Gewährleistung entscheidend, ob es sich um einen offensichtlichen oder verborgenen Mangel handelt. Besonderheiten gelten bei Bauverträgen und im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs. Im Unterschied zum deutschen Recht geht in Frankreich bereits mit Abschluss des Kaufvertrages das Eigentum auf den Käufer über, Art. 1583 Code civil.

Vorliegen eines Mangels

Nur verborgene, nicht erkennbare Mängel (vices cachés) lösen eine Gewährleistungshaftung aus. Ein Mangel liegt vor, wenn die Sache für ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch untauglich oder nicht nur unerheblich vermindert gebrauchstauglich ist. Darüber hinaus muss der Mangel der Sache zur Zeit des Kaufvertragsschlusses unmittelbar angehaftet haben. Auch wenn ein Käufer, der kein Fachmann ist, den Mangel zwar erkannt hat, ihn aber in seiner Ursache und seinem Ausmaß nicht wichtig genug nehmen konnte, wird grundsätzlich ein vice caché angenommen.

Rechtsfolgen

Offenkundige Qualitätsabweichungen des Kaufgegenstandes gegenüber vereinbarten Eigenschaften (non-conformité) werden als Nichterfüllung der Leistungspflicht (inexécution) behandelt. Der Käufer darf die Sache in einem solchen Fall nicht vorbehaltlos annehmen. Andernfalls wird angenommen, dass er die Qualitätsabweichung billigt. Er kann aber, sofern er noch nicht den Kaufpreis gezahlt hat, sich weigern, diesen zu zahlen. Darüber hinaus muss er sich entscheiden, ob er am Vertrag festhalten möchte oder nicht. Möchte er am Vertrag festhalten, kann er auf Vertragserfüllung klagen oder die Sache behalten und den Schadensersatz für den Minderwert verlangen. Möchte der Käufer nicht mehr am Vertrag festhalten, kann er die Auflösung des Vertrages (résolution) und/oder Schadensersatz (dômmages et intérêts) gerichtlich geltend machen.

Um Schadensersatz geltend machen zu können, muss dem Käufer aufgrund der Nichterfüllung der Leistung ein Schaden im Sinne der Art. 1231-2 ff. Code civil entstanden sein. Voraussetzung ist ferner Bösgläubigkeit des Verkäufers bezüglich des Schadens, die beim gewerblichen Verkäufer nach ständiger Rechtsprechung unwiderlegbar vermutet wird. Er kann sich nur mit dem Einwand der höheren Gewalt (force majeure, Art. 1231-1 Code civil) verteidigen, sofern er sich nicht bereits in Verzug befindet. Jedoch befreit höhere Gewalt den Schuldner nur dann von seiner Leistungspflicht, wenn die Leistungserbringung nicht lediglich zeitlich befristet unmöglich ist. Andernfalls wird die Leistungspflicht auch lediglich zeitlich befristet ausgesetzt.

Sachmängelansprüche des Käufers verjähren grundsätzlich nach Art. 1648 Code civil, wenn nicht innerhalb von zwei Jahren nach Entdeckung des Mangels Klage gegen den Verkäufer erhoben wird. 

Bauvertrag

Bei Bauverträgen (contrats de construction) ist der Bauunternehmer verpflichtet, seine Arbeiten nach den Regeln der Baukunst auszuführen und das Werk fristgemäß frei von Fehlern zu liefern beziehungsweise fertig zu stellen. Der Bauherr muss den Bauunternehmer vergüten. Darüber hinaus muss er dem Bauunternehmer alle Informationen zur Verfügung stellen, die für einen ordnungsgemäßen Bauablauf erforderlich sind. Schließlich hat er auch Organisations- und Kontrollfunktionen. So kann der Bauherr schriftliche Anordnungen (ordre de service) an die Bauunternehmer erteilen. Befolgt der Unternehmer diese Anordnungen nicht, kann dies die fristlose Kündigung des Bauauftrags zur Folge haben.

Wie in Deutschland, so ist auch in Frankreich die Abnahme einer Bauleistung von entscheidender Bedeutung. Erscheinen erkennbare Mängel nicht im Abnahmeprotokoll, so haftet der Bauunternehmer hierfür nicht. Auch in Frankreich setzt die Abnahme (réception des travaux) die Gewährleistungsfrist in Gang. Letztere beträgt für versteckte Mängel bei wesentlichen Bestandteilen und Fehlern in der Bauausführung, die die Solidität des Werkes gefährden oder seine zweckmäßige Nutzung verhindern, zehn Jahre (responsabilité décennale des constructeurs, Art. 1792 ff. Code civil).

Verbrauchsgüterkauf

Rechtliche Grundlage ist das französische Verbraucherschutzgesetz (Code de la consommation). Die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/771 (Warenkaufrichtlinie) sowie der Richtlinie (EU) 2019/770 (Digitale-Inhalte-Richtlinie) hat zum 1. Januar 2022 zu einer Reform der Art. L211-1 ff. geführt.

Verbraucher (consommateur) ist jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen, freiberuflichen oder landwirtschaftlichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Der Verkäufer ist zur vertragsgemäßen Lieferung der Sache verpflichtet, Art. L217-3 Code de la consommation. Ist das nicht der Fall, so haftet der Verkäufer dem Verbraucher selbst dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat. Es wird vermutet, dass solche Mängel, die innerhalb von 24 Monaten ab dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware oder nach der Bereitstellung der gelieferten digitalen Inhalte oder Dienstleistungen offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden, Art. L217-7 Code de la consommation. Etwas anderes gilt nur, wenn die Vermutung mit der Art des Gutes oder des Mangels unvereinbar ist. Bei gebrauchten Gütern beträgt die Frist zwölf Monate.

Bei Mangelhaftigkeit der Ware stehen dem Verbraucher gemäß Art. L217-8 Code de la consommation folgende Ansprüche zu:

  • Vertragsauflösung (résolution du contrat),
  • Minderung des Kaufpreises (réduction du prix du bien),
  • Nachbesserung (réparation) oder Ersatzlieferung (remplacement).

Die Ansprüche der Minderung beziehungsweise Vertragsauflösung kann der Verbraucher erst geltend machen, wenn er zunächst erfolglos Nachbesserung oder Ersatzlieferung verlangt hat.

Das französische Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Aufschwung (Ministère de l'Économie, des Finances et de la Souveraineté industrielle et numérique) informiert auf seiner Webseite umfangreich über Rechte und Pflichten bei Verbraucherverträgen.

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