Recht kompakt | Frankreich | Gerichtsverfahren
Frankreich: Rechtsverfolgung
Wer seine Forderungen vor Gericht durchsetzen möchte, muss sich zunächst klar darüber werden, welches Gericht zuständig ist.
16.02.2023
Von Nadine Bauer, Katrin Grünewald, Dr. Achim Kampf | Bonn
Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Frankreich
Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) regelt die Modalitäten der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen im Verhältnis Deutschland-Frankreich. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung ist seit Inkrafttreten der Verordnung nicht mehr erforderlich.
Gerichtsstandvereinbarungen sind grundsätzlich zulässig. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, so sind grundsätzlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten beziehungsweise (bei juristischen Personen) die des satzungsmäßigen Sitzes, der Hauptverwaltung oder der Hauptniederlassung zuständig. Bei der Geltendmachung von vertraglichen Ansprüchen ist allerdings Art. 7 EuGVVO zu beachten. Trotz Wohnsitz in einem Mitgliedstaat kann ein Vertragspartner dort verklagt werden, wo die vertragliche Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
Nationale Gerichtsbarkeit
Sind die französischen Gerichte international zuständig, so bestimmt sich das örtlich und sachlich zuständige Gericht nach den Vorschriften der französischen Zivilprozessordnung (Code de procédure civile).
Betreffend die sachliche Zuständigkeit unterscheidet man in erster Instanz zwischen dem Tribunal judicaire und spezialisierten Zivilgerichten (Juridictions civiles spécialisées). Zu letzteren zählen insbesondere das Arbeitsgericht (Conseil de prud’hommes) sowie das Handelsgericht (Tribunal de commerce), das für Gerichtsprozesse unter Kaufleuten, bei denen es um Handelssachen geht (actes de commerce), zuständig ist. In zweiter Instanz ist der Cour d’Appel zuständig, Revisionsgericht ist der Cour de Cassation. Das französische Justizministerium informiert online zur Gerichtsorganisation (auf Französisch).
Hat die Gegenpartei ihren (Wohn-)Sitz im Ausland, so richtet sich im Verhältnis Deutschland-Frankreich die Zustellung nach den Bestimmungen der EU-Verordnung Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten.
Eine Kostenerstattung, wie sie im deutschen Zivilprozessrecht geregelt ist, kennt das französische Recht nicht. Die obsiegende Partei trägt grundsätzlich ihre eigenen Kosten. Allerdings kann beantragt werden, bei Obsiegen die Anwaltskosten erstattet zu erhalten. Der Richter entscheidet darüber nach Billigkeitserwägungen und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation der jeweiligen Partei. Lediglich nicht erstattungsfähige Kosten (frais irrépétibles) und Auslagen (dépens) für Zeugen und Sachverständige usw. sind von der unterliegenden Partei zu bezahlen. Anwaltskosten sind grundsätzlich zum weitaus überwiegenden Teil von dem Auftraggeber zu bezahlen. Anwaltshonorare werden frei vereinbart; eine Gebührenordnung gibt es nicht. Erfolgshonorare (sogenannte honoraires de résultat) sind verboten, es sei denn, sie werden als zusätzliche Prämie vereinbart.
Schiedsgerichtsbarkeit
Frankreich ist Mitglied des New Yorker Abkommens über die Anerkennung und Durchführung von Schiedssprüchen vom 10. Juni 1958 sowie des Europäischen Abkommens über internationale Schiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961. Das weltweit größte und bekannteste Schiedsgericht ist in Frankreich ansässig: der Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (Cour de l’arbitrage de la Chambre de Commerce internationale – CCI).
Weiterführende Informationen
Weitere Hinweise zum Rechtsschutz in Frankreich bietet der Länderbericht Frankreich im Portal 21.