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Markttrends

Griechische Agrarbetriebe müssen intensiv in Maschinen und Technik investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Von Michaela Balis | Athen

Flutkatastrophe ertränkt griechische Kornkammer

Die verheerende Flut, die im September 2023 Thessalien traf, hinterließ ein Chaos. Experten schätzen die Schäden bis auf 8 Milliarden Euro. Ganz oder teilweise zerstört sind Straßen, Brücken, Strom-, Wasser- und Abwassernetze sowie öffentliche und private Gebäude inklusive Hausrat, Agrarbetriebe, Ackerland, Lagerräume sowie Betriebe des verarbeitenden Gewerbes. Das ertrunkene Vieh wird auf 250.000 Tiere geschätzt. Die Kommission der Europäischen Union (EU) hat dem Land Finanzspritzen in Höhe von 2,65 Milliarden Euro aus EU-Töpfen zugesichert. Die griechische Regierung plant Mittel aus dem EU-Aufbaufonds in den Wiederaufbau der Region umzuleiten. 

Die Katastrophe wirkt sich ausschlaggebend auf die landwirtschaftliche Produktion des Landes aus: Thessalien liefert unter anderem ein Drittel des Weizens und der Baumwolle, rund 65 Prozent der Mandeln, etwa 60 Prozent der Industrietomaten und 17 Prozent der Kuhmilch. Die Region steht für 30 bis 40 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche, wenn Weiden und Wiesen mitberücksichtigt werden. Die Region erwirtschaftet 5 Prozent zum griechischen Bruttoinlandsprodukts (Elstat, Stand 2021).

„Die Flächen werden bald wieder landwirtschaftlich genutzt“ äußert sich Vassilis Gounaris, Geschäftsführer der BASF Hellas S.A und Präsident der AHK Griechenland zuversichtlich. Jede Krise birgt Chancen, davon ist Gounaris überzeugt: „Thessalien kann nun moderne Agrartechnologien anwenden, beispielsweise Hydroponik oder High Nature Value-Techniken. Auch können dort fortan nicht nur Weizen und Baumwolle, sondern auch Gemüse angebaut werden. „Die Wetterkonditionen begünstigen den Anbau“, fügt er hinzu.

Unternehmen, die mit Agrarbetrieben in Thessalien Geschäfte machen, befürchten Ausfälle. Die Betriebe vor Ort sind aufgrund der Schäden und der ausfallenden Ernte nicht in der Lage, ihren finanziellen oder produktbezogenen Verpflichtungen nachzukommen. Die diesjährige Produktion sowie der Anbau fallen aus. Der Engpass könnte zwei Jahre anhalten, äußern sich Experten.

„Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der betroffenen Region, vom Agrarbetrieb bis hin zur Lebensmitteindustrie, leidet enorm. Kunden mögen wegbrechen und sich auf neue Lieferanten konzentrieren“, informiert Athanasios Syrianos, Präsident der Hellenic Breweries of Atalanti und Vorsitzender des Industrieverbands für Thessalien und Zentralgriechenland. 

Nachholbedarf und Flut steigern Nachfrage 

Aufgrund der Zerstörung in Thessalien ist eine gesteigerte Nachfrage für eine breite Palette an Produkten und Dienstleistungen zu erwarten. Gemeinden und Agrarbetriebe werden beratende Dienstleistungen für die Wiederherstellung von Ackerland und Wasserbrunnen benötigen. Die Landwirte müssen neue Bewässerungsnetze legen, da die alten weggeschwemmt wurden. Besonders gefragt sind auch Desinfektionen und Desinfektionsmittel. Hinzu kommen Wartungsdienstleistungen, Ersatzteile oder gar neue Maschinen. Gesteigert wird auch die Nachfrage nach Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie nach Tieren für die Viehzucht sein. 

Der Nachholbedarf in der Landwirtschaft an neuen Maschinen, Traktoren und Digitalisierungstechnik war schon vor der Flut groß. Das bestätigt Dr. Athanassios Kelemis, Geschäftsführer der AHK Griechenland. Die Anschaffung moderner Maschinen und Geräte ist notwendig, um auf internationalen Märkten wettbewerbsfähig zu sein. Der niedrige Mechanisierungsgrad und die bescheidenen Flächen der Betriebe drücken auch auf die Produktivität. 

Bislang ist der Einsatz digitaler Lösungen wenig verbreitet. Dabei ist es dringend gefragt, die erforderlichen Ausgaben, zum Beispiel für Düngemittel, Pflanzenschutzmittel oder die Bewässerung, mit digitalen Lösungen effizienter zu gestalten. 

Ausschlaggebend für Anschaffungen sind das Preis-Leistungs-Verhältnis und der After-Sales-Service. Deutsche Produkte genießen einen guten Ruf, sind jedoch oft teurer als die ihrer Konkurrenten zum Beispiel aus Italien, der Türkei oder China.

Ausländische Investitionen spielen keine besondere Rolle in der Landwirtschaft. Die Vertragslandwirtschaft, also die Zusammenarbeit mit Landwirten, die gezielt für Unternehmen produzieren, bietet sich für deutsches Engagement an. Mit deutscher Unterstützung ist es für griechische Betriebe einfacher, gezielt in die Modernisierung ihrer Produktion zu investieren.

EU-Mittel sollen Agrarwirtschaft fördern

Rund 520 Millionen Euro aus dem EU-Aufbaufonds sollen in den griechischen Agrar- und Lebensmittelsektor fließen und die ökologische Verarbeitung und die Qualität der Produkte fördern. Für die Infrastruktur, beispielsweise die Entwicklung von Mikrosatelliten oder die Nutzung von Weltraumtechnologien, stehen weitere 161 Millionen Euro bereit.

Etwa 200 Millionen Euro kommen dem Bau und der Modernisierung von Bewässerungsnetzen, Dämmen und Wassertanks zugute. Die Investitionen werden in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften realisiert.

Der EU-Aufbaufonds und das EU-Partnerschaftsprogramm 2021-2027 fördern auch die Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Produzentengruppen oder zwischen Produzenten, Industrie und Dienstleistern. Damit soll das Finanzierungsproblem neuer Anschaffungen seitens einzelner kleiner Landwirte angegangen werden.

Deutsche Landmaschinen sehr gefragt

Die deutschen Lieferungen von Landmaschinen legten im Jahr 2022 um rund 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Deutschland überholte Italien und wurde wichtigster Lieferant. Es handelt es sich vorrangig um Melk- und Molkereimaschinen und um Ernte- und Dreschmaschinen. China nimmt den dritten Platz ein.

Einfuhren von Landmaschinen (2022, in Millionen Euro; Anteile und Veränderung in Prozent)
Importländer

Landmaschinen  (SITC 721)

Anteile 

Veränderung 2022/2021

Deutschland

48,6

27,7

62,9

Italien

44,2

25,2

4,8

China

17,8

10,2

12,6

Frankreich

8,2

4,7

3,3

Türkei

8,1

4,6

12,3

Sonstige

48,3

27,6

-

Importe insgesamt

175,2

100

20,8

Quelle: Eurostat 2023

Die Importe von Traktoren brachen im Jahr 2022 um 40 Prozent ein. Die Erklärung liegt in den enorm gestiegenen Importen in den Jahren 2020 und 2021. Grund dafür war die verzögerte Umsetzung von EU-kofinanzierten Projekten. Italien steht an erster Stelle gefolgt von Deutschland und dem Vereinigten Königreich.  

Einfuhren von Traktoren (2022, in Millionen Euro; Anteile und Veränderung in Prozent)
Importländer

Traktoren (SITC 722)

Anteile 

Veränderung 2022/2019

Italien

35,8

45,2

-50,6

Deutschland

17,2

21,8

-41,8

Vereinigtes Königreich

5,9

7,6

130,8

Japan

4,4

5,6

-16,6

Österreich

3,1

3,9

63,7

Sonstige

12,6

15,9

-

Importe insgesamt

79,0

100

-40,4

Quelle: Eurostat 2023

10 %

der griechischen Ackerfläche entfällt auf den ökologischen Anbau

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